hamburg. Der BC Hanseat aus St. Pauli steht beispielhaft dafür, was mit Eigenengagement und Beharrlichkeit möglich ist

Ein unübersteigbares Tor schützt seit einigen Wochen den Innenhof neben dem Schulmuseum an der Seilerstraße auf St. Pauli. Dort, wo der Boxclub Hanseat seine Heimat hat, waren zuletzt zu viele Drogensüchtige unterwegs. Deshalb musste man sich abschotten, was zum vom Deutschen Olympischen Sportbund benannten kleinsten deutschen Stützpunktverein für Integration so gar nicht passen will. Immerhin wurden die Hanseaten für ihr Flüchtlingsprojekt „Durchboxen und ankommen“ mehrfach ausgezeichnet.

An diesem Sonnabend wird das Tor allerdings offen stehen, denn der rund 80 – darunter nur 30 zahlende – Mitglieder starke Verein hat 350 Förderer und Unterstützer zum Sommerfest eingeladen. „Wir wollen uns damit für die Hilfe bedanken, die dazu geführt hat, dass wir eine Zukunft haben“, sagt Hussein Ismail. Der 55-Jährige ist Erster Vorsitzender und Cheftrainer in Personalunion, seinem Engagement ist es vorrangig zu verdanken, dass das Angebot von „Durchboxen und ankommen“ inzwischen seit dem Projektstart vor knapp zwei Jahren 20.000-mal genutzt wurde.

Im vergangenen Jahr drohte trotzdem das Aus. Die Schulbehörde als Eigentümer wollte die Trainingshalle abreißen und stattdessen Wohnungen oder ein Burgerrestaurant bauen lassen. „Das wäre unser Ende gewesen, denn andere Hallenzeiten oder eine neue Heimat in dieser Gegend zu bekommen, das ist aussichtslos“, sagt Ismail. Nach monatelangen Diskussionen entschied der Bezirk Mitte allerdings, die Halle zu übernehmen, zu sanieren und sogar die Betriebskosten von rund 40.000 Euro im Jahr zu finanzieren. „Zum Glück hatten wir mit Sportsenator Andy Grote und Bezirksamtsleiter Falko Droßmann wichtige Unterstützer in der Politik“, sagt Ismail.

Seit drei Monaten erstrahlt die Heimstätte des 1993 gegründeten Clubs nun in frischen Farben. Auch einen neuen Trainingsraum mit Flachring haben sich der Coach und seine zwei Assistenten einrichten können, weil sie Sponsoren wie Grossmann & Berger, Admiral Sportwetten oder B+S Soziale Dienste von der Wichtigkeit ihrer Angebote überzeugen konnten. Die Gisela-Bartels-Stiftung finanzierte zudem ein Auto für 8000 Euro, mit dem Flüchtlinge aus weiter entfernten Stadtteilen zum Training gebracht werden können. Nun träumen sie davon, aus ihrem Boxparadies ein Kulturzentrum zu machen, in dem neben Sport Musik- und Sprachkurse stattfinden könnten. Oder Boxkampfabende, 200 Gäste könnte man unterbringen.

Der Termin für das Sommerfest ist aber auch aus einem weiteren Grund gewählt worden. Der BC Hanseat möchte die seit Freitag und noch bis zum 2. September in der Sporthalle Hamburg stattfindende Amateurbox-WM nutzen, um nachhaltig für sich und seinen Sport zu werben. „Es ist für die Stadt doch eine tolle Sache, so ein Turnier auszurichten“, sagt Marco Tripmaker, freier Journalist und bei Hanseat als 450-Euro-Kraft Mädchen für alles, „wir hoffen, dass die WM das Interesse für das Boxen steigert und die Vereine Zulauf bekommen.“

Wie es beim BC Hanseat üblich ist, wartet allerdings niemand darauf, dass der Zulauf von selbst kommt. Alle packen mit an, wollen die Wettkämpfe besuchen und sich inspirieren lassen. „Wir bekommen viel Besuch von Boxern aus anderen Städten, die für die WM herkommen. Daran merken wir, dass das Interesse da ist. Jetzt liegt es an uns, das zu nutzen“, sagt Hussein Ismail. Ein Sommerfest als WM-Party, um zu zeigen, was möglich ist, wenn man hart arbeitet und an die gemeinsame Sache glaubt – das ist das Zeichen, das vom abgeschotteten Innenhof in der Seilerstraße ausgehen soll.