Frankfurt/M. Der Deutsche Tennis-Bund stellt sich neu auf: Zwei Galionsfiguren sollen die Sportart weiter nach oben bringen

Der Name Becker muss wohl übermächtige Wirkung haben. Und so gelang es dem Präsidenten des Deutschen Tennis-Bundes (DTB), dem pensionierten Schuldirektor Ulrich Klaus, den denkwürdigsten Moment dieses Nachrichtentages im Frankfurter Römer zu setzen. Kaum hatte der Mittsechziger zu einem Statement über die neuen Personalien angesetzt, da war der Versprecher auch schon raus. „Barbara Becker“ nannte Klaus vor einer Hundertschaft Journalisten und 20 Kamerateams die langjährige Fedcupchefin Barbara Rittner irrtümlich – so hieß die erste Ehefrau von Boris Becker. Auf dem Podium, auf dem auch noch DTB-Vize Dirk Hordorff, Sportdirektor Klaus Eberhard, Rittner und Becker saßen, wurde etwas betreten dreingeschaut, im Saal bei der Journalistenmeute dezent gelächelt. Alles Becker – oder was?

Es war allerdings die einzige Irritation an diesem 23. August, einem Meilenstein-Tag für den größten Tennisverband der Welt – und für das deutsche Tennis insgesamt. Spannende Neuigkeiten gab es nicht mehr zu verkünden nach den diversen Tennis-Leaks, aber offiziell und amtlich bestätigt wurde, was seit 48 Stunden bekannt war und hitzig debattiert wurde. Boris Becker, vor rund 18 Jahren im Unfrieden aus DTB-Diensten geschieden, wird der neue Oberaufseher und Chefkontrolleur im deutschen Herrentennis, damit zugleich der Vorgesetzte von Daviscupkapitän Michael Kohlmann. Und Barbara Rittner, die hoch angesehene Bundestrainerin, nimmt die deckungsgleiche Stelle im Damentennis ein und macht den Weg frei für Jens Gerlach, der vom 1. Januar 2018 an neuer Fedcupverantwortlicher wird. Head of Men’s und Head of Women’s Tennis nennen sich Becker und Rittner, ein sperriger Titel jeweils, internationalen Gepflogenheiten folgend.

Dahinter verbirgt sich eine Gewinnerkoalition, ein Kompetenzzentrum. Auf der einen Seite die international erfahrene, bestens vernetzte Trainerin und auf der anderen ein Mann, der sich, wie er selbst sagte, einen „Vertrauensbonus“ für diese Stelle erworben hat als Coach des Weltklasseprofis Novak Djokovic: „Ich freue mich unglaublich auf diese Aufgabe. Ich liebe diesen Sport. Ich liebe dieses Land. Und ich bin stolz, es wieder in dieser Position vertreten zu können“, sagte Becker beim Pressetermin in Frankfurt, den vier Fernsehsender live übertrugen. Für Becker, der kurz nach 12 Uhr mittags auf Krücken in den Saal gehumpelt kam (er war vor fünf Wochen am Sprunggelenk operiert worden), war der Tag ein Wiederbeginn, aber ein Beginn, für Rittner war er zunächst gefühlt noch ein Abschied – der aus der allerersten Reihe: „Alles hat seine Zeit. Ich bin traurig jetzt, aber man muss aufhören und Abschied nehmen, bevor man vielleicht die Leidenschaft verliert“, sagte die Leverkusenerin, „für meine Mädels ist es ganz gut, dass sie nun noch mehr Verantwortung selbst übernehmen müssen.“

Rittner soll sich in der neuen, herausgehobenen Rolle genauso wie Becker auch intensiv um die Nachwuchsförderung kümmern, es gehe darum, die Lücken zu anderen Big Playern im Tennis zu schließen, sagte DTB-Vize Dirk Hordorff, der den Deal mit dem dreimaligen Wimbledonchampion bei einer Tasse Kaffee in dessen Londoner Haus perfekt gemacht hatte – und zwar, während draußen Paparazzi vor Beckers Heim herumlungerten. Becker will, das betonte er, „keinesfalls über den Dingen schweben“ und als eine Art Frühstücksdirektor amtieren, sondern auch immer wieder„an die Basis gehen“. Schon bald werde er die DTB-Stützpunkte in Oberhaching, Stuttgart und Hannover besuchen, sich über den Stand der Ausbildung informieren und auch Trainingslager abhalten. Bis zu den Spielen von Tokio im Jahr 2020 habe man sich auf eine Kooperation verständigt, so Becker. DTB-Präsident Klaus bestätigte nachdrücklich, dass der ehemalige Davis­cupheld ehrenamtlich tätig werde und nur die Aufwendungen bezahlt bekomme. Der DTB-Boss reagierte damit auf vereinzelt geäußerte Kritik aus den Landesverbänden, es würden weitere hoch dotierte Posten geschaffen, während die Kosten für normale Vereinsspieler dauernd anstiegen.

Schon bei den US Open werden Becker wie Rittner erstmals in neuer Funktion mit Spielern, Coaches und Managern sprechen und ihrerseits Personalien für die nähere und mittlere Zukunft abklären. Eine der großen Fragen ist dabei, ob der neue Superstar Alexander Zverev zum Daviscupteam gehören wird, das sich im September der Relegationsaufgabe in Portugal stellen muss.