Hamburg. 6000 Zuschauer feiern die Olympiasiegerinnen Laura Ludwig/Kira Walkenhorst bei ihrem Auftakterfolg

Wenn es noch eines Beweises bedurfte, ob Beachvolleyball in Hamburg angekommen ist: 6000 Zuschauer im Tennisstadion am Rothenbaum, 10.500 den gesamten Tag über auf der Anlage, lieferten ihn am Mittwochabend. Wie Popstars feierten sie die Weltmeisterinnen und Olympiasiegerinnen Laura Ludwig/Kira Walkenhorst bei ihrem ersten sportlichen Auftritt in der Stadt nach 14 Monaten. Damals gewannen sie hier das Major-Turnier, jetzt schicken sie sich an, auch das mit 800.000 Dollar dotierte Finale der weltweiten Serie zu dominieren.

Zumindest der Auftakt gelang unter dem Jubel und den La-Ola-Wellen der begeisterten Besucher: Das HSV-Duo besiegte in 36 Minuten die Weltranglistenersten Larissa/Talita mit 2:0 (21:17, 21:19) Sätzen. „Spielerisch war da aber Luft nach oben. Wir sind schon ein bisschen müde“, meinte Walkenhorst selbstkritisch. Einige Zuspiele und Aufschläge hatten nicht die Präzision, die man von beiden im vergangenen Jahr kannte. Mit einem weiteren Erfolg heute Abend (19 Uhr) gegen die US-Amerikanerinnen Summer Ross/Brooke Sweat würden die Hamburgerinnen ihre Gruppe gewinnen und sich direkt fürs Viertelfinale am Freitagnachmittag qualifizieren.

Die ausgelassene Stimmung am Rothenbaum will im Moment nicht so recht zur Missstimmung einiger Athleten passen. Nach den jüngsten Entscheidungen des Deutschen Volleyball-Verbands (DVV), vier Spieler (Armin Dollinger, Jonathan Erdmann, Max Betzien, alle HSV, und Tim Holler/Fellbach) und wohl auch die neue Europameisterin Julia Großner (29; HSV) wegen Perspektivlosigkeit nicht mehr am neuen Bundesstützpunkt am Alten Teichweg fördern zu wollen, herrscht Unruhe in der Beachvolleyballszene. Die Aussortierten fühlen sich unter falschen Voraussetzungen nach Hamburg gelockt, Andreas Künkler, als DVV-Vizepräsident zuständig für Beachvolleyball, stellt jedoch klar: „Die Berufung zum National- oder Perspektivspieler erfolgt für jeweils eine Saison. Das war und ist allen Athleten bekannt. Die Beschlüsse beruhen auch nicht auf temporären Erfolgen, sie basieren auf einer prognostizierten Maximalleistung im Hochleistungsalter der Athleten. “

Hinzu kommt: Martin Olejnak (Männer) und Imornefe Bowes (Frauen), die beiden Chefbundestrainer, die diese Personalentscheidungen maßgeblich trafen, kamen erst Ende 2016 und Anfang dieses Jahres ins Amt, als der Verband seine Kader bereits zusammengestellt hatte. Die Athleten waren ihnen vorgesetzt worden, ein grundlegender Webfehler des ambitionierten Projekts, das unter zu großem Zeitdruck entstand. „Wenn Sie so wollen, befinden wir uns noch im Jahr minus eins, der Findungsphase, der eigentliche Start ist 2018“, sagt Bundesstützpunktleiter Bernd Schlesinger, zudem Trainingswissenschaftler am Olympiastützpunkt Hamburg.

Die Planungen für 2018 sind angelaufen. In diesem Monat spielten und spielen zahlreiche Athleten im Dulsberger BeachCenter (noch) vor, nach den deutschen Meisterschaften am Timmendorfer Strand (31. August bis 3. September) wollen Olejnak und Bowes die neuen Teams benennen, vier bei den Männern, wahrscheinlich nur zwei bei den Frauen. Hier sind Ludwig/Walkenhorst und die Weltranglistenzweiten Chantal Laboureur/Julia Sude (Stuttgart/Friedrichshafen) gesetzt, obwohl sich beide nicht den zentralen Maßnahmen des DVV anschließen, stattdessen mit eigenem Stab an Trainern und Betreuern arbeiten, bezuschusst allerdings vom Verband.

Markus Böckermann und der nach einer Meniskusoperation rekonvaleszente Lars Flüggen (beide HSV) werden weiter den Status Nationalteam erhalten, aufsteigen dürfte das Hamburger Talent Julius Thole (20; Eims- bütteler TV), der 2017 mit Lorenz Schümann (25; Adler Kiel) als fünftes Paar gefördert wurde. Ursprünglich sollten Schümann/Thole auch am Rothenbaum aufschlagen, im letzten Moment nominierte der DVV dann doch Dollinger/Erdmann – möglicherweise als Trostpflaster für den Zwangsabschied aus Hamburg.

Betroffen von den Entwicklungen ist auch der HSV. Sechs Teams spielen dieses Jahr unter der Raute, darunter die Weltmeisterinnen Ludwig/Walkenhorst und die neuen Europameisterinnen Nadja Glenzke/Julia Großner. „Das sind großartige Erfolge. Generell aber befinden wir uns noch am Anfang des Projekts“, sagt Kumar Tschana, Leiter des HSV-Amateursports. „Wir wollen die Kooperationen weiter stärken und im HSV im Leistungs-, Nachwuchs- und Breitensport entsprechende Strukturen im Beachvolleyball etablieren und ausbauen.“ Die vom Verband aussortierten Athleten, betont Tschana, haben beim HSV weiter eine Heimat. „Wir werden alle im Rahmen unserer Möglichkeiten auch künftig unterstützen.“ Gespräche stehen in den nächsten Wochen an. „Es gibt in Deutschland keinen besseren Club für Beachvolleyballer“, behauptet Böckermann.

Am Rothenbaum ist der HSV auch auf den Tribünen sichtbar vertreten. „Wir werden mit HSV-Fahnen unsere Teams im Stadion lautstark anfeuern“, sagt Marketingchefin Anne Gnauk. Es half bereits. Nicht nur bei Ludwig/Walkenhorst, anschließend siegten auch Dollinger/Erdmann – dank ihrer besten Saisonleistung 2:1 gegen Alvaro Filho/Saymon Barbosa aus Brasilien – und Böckermann mit seinem Ersatzpartner Lorenz Schümann ebenfalls mit 2:1 gegen die Kanadier Saxton/Schalk.