Hamburg. Eine Woche vor Ende der Wechselfrist wartet auf Sportchef Todt noch viel Arbeit

Er konnte schon wieder lachen. Zumindest ein bisschen. „Ich habe die OP gut überstanden“, schrieb Nicolai Müller am Mittwochnachmittag auf seiner Instagram-Seite. Kurz zuvor war der HSV-Stürmer in der MediaPark Klinik in Köln an seinem Kreuzband operiert worden, das er sich am Sonnabend nach seinem Tor gegen Augsburg gerissen hatte. Ausgerechnet beim Mannschaftsarzt des kommenden Gegners 1. FC Köln, Dr. Peter Schäferhoff (62), ließ sich Müller behandeln.

Der 29-Jährige wird dem HSV rund sieben Monate fehlen. Die Kaderplanung von Sportchef Jens Todt hat der Ausfall noch einmal kräftig durcheinandergewirbelt. Neben einem neuen Linksverteidiger sucht Todt nun auch noch nach einem Müller-Ersatz. In den kommenden sieben Tagen, der letzten Woche der Sommertransferperiode, wartet auf den Manager viel Arbeit. Unterstützung erfährt er von seiner Assistentin Nadja Kischkat, die sich um die formale Abwicklung der Transfers kümmert, sowie von Justiziar Julius Becker, der die juristischen Fragen klärt.

Premier League will über neues Zeitfenster abstimmen

Ginge es nach Todt, würde der HSV das Transfertreiben in aller Ruhe verfolgen. Schließlich war es sein Ziel, die Kaderplanung für die neue Saison frühzeitig abzuschließen. Doch dieses Vorhaben hat der Club aus verschiedenen Gründen versäumt. Mal wieder. Todt ist eigentlich kein Freund der Last-minute-Transfers. Aber was bedeutet schon „eigentlich“, wenn man als Sportdirektor beim HSV arbeitet. Und so spitzen sich im Volkspark die Suche nach den fehlenden Neuzugängen sowie der Versuch der Spielerverkäufe mal wieder auf die letzten Tage der Transferperiode zu – obwohl der HSV am Freitag beim 1. FC Köln (20.30 Uhr Eurosport, Abendblatt-Liveticker) bereits das zweite Spiel der laufenden Bundesligasaison bestreitet.

Für viele Clubs ist der 31. August als Ende des Transferfensters seit einiger Zeit mehr Ärger als Chance. Auch für den HSV. Sportchef Todt hofft darauf, dass sich der Zeitraum in naher Zukunft nach vorne verschiebt, etwa auf den 31. Juli. „Wir würden das begrüßen“, sagte Todt am Mittwoch im Gespräch mit dem Abendblatt. „Es gibt bislang keinen Grund, warum das Fenster bis Ende August geöffnet sein muss. Wir würden es befürworten, wenn das Transferfenster vor Saisonstart schließt.“

Todt glaubt, dass eine Modifizierung der Wechselperiode kommen wird, sollten sich die vier großen Ligen in Deutschland, England, Italien und Spanien auf eine gemeinsame Transferfrist verständigen. Bislang stand bei diesem Vorhaben vor allem die englische Premier League im Weg. Dort kommen die Transfergeschäfte traditionell erst im August so richtig in Bewegung. Durch das zunehmende Theater um Wechselgeschäfte scheint auf der Insel aber nun ein Umdenken stattzufinden.

Viele Clubs sind zunehmend genervt vom Transferzirkus und diskutieren eine Verkürzung der Wechselphase. Im kommenden Monat soll darüber abgestimmt werden, ob das Transferfenster künftig schon vor dem ersten Spieltag schließt. Die Premier League startete in diesem Jahr bereits am 11. August in die neue Saison, eine Woche vor der Bundesliga. Doch noch immer spekulieren viele Spieler wie Chelseas Diego Costa oder Liverpools Philippe Coutinho auf einen Wechsel. In Dortmund überschattet das Theater um Ousmane Dembélé und dessen Wunschtransfer zum FC Barcelona den Saisonstart. Den Managern fällt die Planungssicherheit immer schwerer. Ein gleichwertiger Dembélé-Ersatz ist für den BVB zu diesem Zeitpunkt kaum mehr zu finden.

Gleichzeitig setzen Clubs wie der HSV beim Werben um Neuzugänge auf die Bewegung in den letzten Stunden des Transferfensters. Spieler, die nach dem Saisonstart spüren, dass sie in ihren Vereinen wenig Spielpraxis bekommen werden, landen plötzlich auf dem Markt. So hofft der HSV, auch kurzfristig noch einen Ersatz für Nicolai Müller zu finden. Derzeit melden sich täglich bis zu 30 Berater bei Todt. „Wenn bei einem Club wie dem HSV ein Bedarf entsteht, dann ist der Beratermarkt innerhalb von Minuten aktiv. Das ist normal, das ist der Job“, sagt Todt.

Doch nicht nur die Suche nach einem Müller-Ersatz, auch der Poker um Augsburgs Linksverteidiger Konstantinos Stafylidis könnte sich noch bis zum sogenannten Deadlineday hinziehen. Der HSV hat sich intern auf den Griechen festgelegt, doch Augsburg verlangt aktuell zu viel Geld. Gleichzeitig geht der Ligakonkurrent des HSV das Risiko ein, bei einem Scheitern des Transfers mit einem unzufriedenen Spieler in die Saison zu gehen. Ähnlich ist beim HSV die Situation um Douglas Santos, der die Hamburger Richtung PSV Eindhoven verlassen könnte, sobald Stafylidis zum HSV kommt.

Planungssicherheit hat Jens Todt in jedem Fall in der Personalie Nicolai Müller, der den Transferzirkus in Hamburg in diesem Sommer mit seiner geplatzten Vertragsverlängerung bestimmte. Ein Transfer zum VfL Wolfsburg noch in dieser Wechselperiode ist in jedem Fall vom Tisch – wenn auch auf ungewollte Art und Weise.