Hamburg. Timothy Speckman will in neuer Rolle helfen, die Hamburger Erstliga-Footballer besser aufzustellen

In einem Club, der als Tabellenvorletzter tief im Abstiegskampf steckt und erst im elften Saisonspiel den ersten Sieg schaffte, fällt es naturgemäß nicht leicht, das Positive zu sehen. Vielleicht war genau das der Vorteil, den Timothy Speckman hatte, als er am 12. August nach dem 21:20-Sieg in Hildesheim seine Rückkehr zu den Hamburg Huskies aus der German Football League (GFL) perfekt machte. „Im Vergleich zu meiner ersten Zeit in Hamburg hat der Verein wichtige Schritte nach vorn gemacht. Es gibt ein paar Sponsoren mehr, außerdem haben wir zwei hauptamtliche Trainer“, sagt der 36 Jahre alte US-Amerikaner.

Nun ist es zwar nicht Speckmans vorrangige Aufgabe, für gute Laune zu sorgen, indem er auf die Dinge hinweist, die gut laufen. Aber ein unbelasteter Blick auf die Ist-Situation ist das, was ein Sport­direktor braucht, um die notwendigen Schlüsse für die Planung der neuen Saison zu ziehen. Die Position war bislang vakant, Headcoach Sean Embree hatte vor einigen Wochen im Abendblatt-Gespräch die Einstellung eines Bindeglieds zwischen Vorstand und Trainerstab eingefordert. Dieses glaubt der Vorstand um Martin Sieg mit Speckman nun gefunden zu haben. „Diese Position ist unglaublich wichtig, weil es jemanden braucht, der sich um die kleinen Dinge kümmert, damit sich alle wohlfühlen können“, sagt Vereinssprecher Thomas Köhn.

Für Speckman, der seinen Nachnamen deutschen Vorfahren verdankt, ist der Posten Neuland. 2005 war er als 25-Jähriger an der Willamette-Universität Trainer geworden. Für einen, der im Alter von acht Tagen sein erstes College-Footballmatch erleben durfte, war der Weg ins Trainergeschäft vorgezeichnet, zumal sein Vater Mark, der ohne Hände geboren wurde und trotzdem aktiv Football spielte, in Willamette Headcoach war und seine Leidenschaft auf den Sohn übertrug.

2012 entschied sich der Vater einer heute 14 Jahre alten Tochter zum Wechsel nach Europa, wo er als Cheftrainer beim Drittligisten Lübeck Seals Fuß fasste. Eigentlich wollte er nur ein paar Monate Erfahrungen sammeln, dann jedoch lernte er seine heutige Ehefrau Katharina kennen – und blieb. 2014 wurde er Offensive Coordinator bei den Huskies, stieg mit ihnen in die GFL auf, wechselte 2016 zu den Kiel Baltic Hurricanes und zu Beginn dieser Saison zu den Lübeck Cougars in die GFL 2, wo er im Juni allerdings entlassen wurde. „Leider hat unsere Offensive nicht so funktioniert wie geplant. Ich trug dafür die Verantwortung, deshalb musste der Verein handeln. Das war frustrierend, aber so ist es manchmal im Sport“, sagt er.

Die Demission ermöglichte andererseits, dass der San-Francisco-49ers-Fan, der 20 Stunden pro Woche an seinem Wohnort Travemünde als Lehrer für Wirtschaftsenglisch arbeitet, schon in der laufenden Saison seine Arbeitskraft in die Huskies stecken kann. Seine wichtigsten Arbeitsfelder sind der Aufbau des Kaders für 2018 und die Weiterentwicklung des Trainerstabs. Um die Spieler und die Strukturen schnellstmöglich kennenzulernen, ist Speckman bei jeder Trainingseinheit dabei. „Ich will herausfinden, wo ich helfen kann“, sagt er.

Sein Hauptaugenmerk liegt darauf, die gute Nachwuchsarbeit des Clubs zu forcieren und das Abwandern Hamburger Talente – wie im vergangenen Herbst in Richtung Kiel geschehen – zu verhindern. „Wir wollen unserem Nachwuchs die bestmögliche Perspektive bieten“, sagt er. Dazu gehört natürlich, auch 2018 Erstliga-Football spielen zu dürfen. Ein Sieg beim Tabellenletzten Berlin Adler an diesem Sonnabend (16 Uhr) würde den Klassenerhalt greifbar machen. „Daran arbeiten wir jetzt, und ich bin überzeugt, dass wir es schaffen“, sagt Timothy Speckman, der neue Mann für das Positive.