Jurmala. HSV-Beachvolleyball-Duo Glenzke/Großner besiegt im Viertelfinale Ludwig/Walkenhorst und triumphiert im Finale

Julia Großner sinkt zu Boden. Die Tschechin Kristyna Kolocova hat gerade im Finale der Beachvolleyball-Europameisterschaft im lettischen Jurmala den letzten Ball ins Aus geschlagen. Großner braucht einen Moment, um das Ausmaß der Aktion zu begreifen. Partnerin Nadja Glenzke schaltet schneller und stürzt auf sie zu: Großner/Glenzke, die seit diesem Jahr für den Hamburger SV aufschlagen, sind Europameisterinnen. Das Duo, das die Olympiasiegerinnen, Weltmeisterinnen und Titelverteidigerinnen Laura Ludwig/Kira Walkenhorst im Viertelfinale aus dem Turnier warf, tritt nun nach dem 2:1 (15:21, 21:17, 15:11)-Sieg gegen Kolocova/Kvapilova deren Erbe an.

„Das ist für uns ungefähr so wie der Olympiatitel für Laura und Kira, es wird ein bisschen dauern, bis wir das realisiert haben“, sagte Großner. Diese zwei hatte schließlich kaum jemand auf der Rechnung, nahmen doch allein aus Deutschland vier Frauenteams an der EM teil, die in der Rangliste vor ihnen stehen. „Es ist so geil, dass wir nun die Überraschung des Jahres sind“, freute sich Großner. Das Niveau der deutschen Beachvolleyballerinnen ist bemerkenswert: Bereits 2016 holten sie Gold und Bronze, nur dass mit Großner/Glenzke und Chantal Laboureur/Julia Sude (Stuttgart/Friedrichshafen), die sich im kleinen Finale 17:21, 26:24, 15:8 gegen die Polinnen Kolosinska/Gruszczynska durchsetzten, dieses Mal vier andere Spielerinnen auf dem Podium stehen.

Der EM-Titel ist der bislang größte Erfolg für Großner/Glenzke. Geht es nach dem deutschen Verband, gehen die beiden nach den nationalen Meisterschaften in Timmendorferstrand (31. August bis 3. September) getrennte Wege. Die Gründe sind vielschichtig: „Nadja muss im präventiven Bereich noch viel arbeiten“, sagt Nachwuchsbundestrainer Elmar Harbrecht, der die 21-Jährige am Stützpunkt in Berlin betreute, bevor sie Anfang des Jahres nach Hamburg an den neuen Bundesstützpunkt am Alten Teichweg wechselte. Er sagt der 1,86 Meter langen Blockerin eine große Zukunft voraus, allerdings hat sie einen verletzungsanfälligen Körper. „Es ist ähnlich wie bei Kira Walkenhorst“, sagt Harbrecht. Nun soll Glenzke möglichst ein Jahr lang kein Turnier spielen und an ihrer Fitness arbeiten. „Das Beispiel Walkenhorst zeigt, wie gut das funktionieren kann“, sagt Harbrecht.

Für Großner bedeutet das allerdings, dass sie in der kommenden Saison plötzlich ohne Partnerin dasteht. Für die Olympischen Spiele 2020 hat die 29-Jährige damit wohl keine Perspektive mehr. „Derzeit gibt es vier sehr starke Teams bei den Frauen und mit Ludwig/Walkenhorst und Laboureur/Sude zwei, die in Tokio um die Medaillen mitspielen können“, sagt Harbrecht. Doch was wird nun aus Team Nummer fünf?

Harbrecht würde Großner gern einbinden, um eine andere junge Spielerin zu entwickeln. Ob die Europameisterin dafür bereit ist, nachdem sie in Berlin viel aufgegeben hat, um in Hamburg durchzustarten, ist aber noch ungewiss. Den Bundestrainern Imornefe „Morph“ Bowes und Thilo Backhaus jedenfalls nimmt keine der Spielerinnen die Entscheidung übel. Nach dem Titelgewinn stürmten Großner/Glenzke direkt in deren Arme. „Ich bin sehr stolz auf die beiden. Es zeigt, dass wir auf das vertrauen können, was wir uns gemeinsam erarbeitet haben“, sagt der Schotte Bowes, Laura Ludwigs Lebensgefährte. Zumindest Glenzke sollte man für die Zukunft auf dem Verbandszettel haben. „Ich bin überzeugt, dass Nadja mit der richtigen Betreuung noch eine lange Karriere vor sich hat“, sagt Harbrecht.

Ludwig/Walkenhorst waren nach zwei vergebenen Matchbällen mit 1:2 (21:17, 14:21, 17:19) Sätzen in der Runde der letzten acht an ihren HSV-Clubkolleginnen Glenzke/Großner gescheitert. Im zweiten Durchgang machten sich die jüngsten Schulterprobleme bei Walkenhorst wieder stark bemerkbar, im dritten Satz nahm sie eine medizinische Auszeit und ließ sich behandeln. Es half nicht. „Die ganze Europameisterschaft war unglaublich hart. Knapp zwei Wochen nach der WM fehlten uns einfach die nötigen Körner“, sagte Ludwig.

Aufgrund zahlreicher Verletzungen mangelt es den Olympiasiegerinnen von Rio 2016 in diesem Jahr an einem kontinuierlichen Saisonaufbau, zwei sportliche Höhepunkte in kurzer Zeit übersteigen deshalb derzeit ihre Kräfte. Beim Finale der weltweiten Major-Tour am Hamburger Rothenbaum, das am Mittwoch beginnt, wollen sie dennoch wieder aufschlagen. „Wir werden auf die Zähne beißen“, sagt Ludwig.

Rund 17.000 Zuschauerbeim Smart Super Cup

Am Rothenbaum wurde an diesem Wochenende bereits Beachvolleyball gebaggert. Paul Becker/Jonas Schröder (Team Lotto Rheinland-Pfalz) gewannen den Smart Super Cup, das Vorspiel des Major-Turniers. Im Finale besiegten sie Tim Holler/Clemens Wickler (Düsseldorf) vor rund 3000 Zuschauern auf dem Centre-Court des Tennisstadions mit 2:1 (18:21, 21:16, 15:13) Sätzen. Bei den Frauen holten Sandra Ittlinger/Teresa Mersmann ihren zweiten Titel auf der deutschen Tour. Im Endspiel schlugen die beiden Düsseldorferinnen Melanie Gernert/Tatjana Zautys (VCO Berlin/SV Winnenden Krutzkamboo) mit 2:0 (21:19, 21:15). Insgesamt 17.000 Zuschauer verfolgten an drei Tagen das mit 40.000 Euro dotierte Turnier, das letzte vor den deutschen Meisterschaften in Timmendorfer Strand. Die werden dort zum 25. Mal ausgetragen werden.