Hamburg. Bei den Jedermann-Rennen gingen 15.000 Radfahrer über drei Distanzen an den Start. Ein Drittel der Teilnehmer kam aus Hamburg.

Wer Zabel heißt und aus Unna stammt, der hat selbst bei einem Radrennen mit rund 15.000 Jedermann-Startern gute Chancen, wahrgenommen zu werden. Dass Frank Zabel aus dem Teilnehmerfeld des 120-Kilometer-Rennens herausstach, hatte jedoch einen anderen, traurigeren Grund als die Nachnamensvetterschaft zu Deutschlands einstigem Sprintidol Erik Zabel (47). Während der frühere Team-Telekom-Star die 60-km-Distanz in 1:38:56 Stunden absolvierte und anschließend seinem Sohn Rick (23/Team Katjuscha-Alpecin) im Profirennen die Daumen drückte, fuhr der Tischlermeister mit einem Trikot der Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe und der Aufschrift „Race for Marco“ sein erstes Radrennen.

Marco war Frank Zabels Sohn und im November im Alter von 15 Jahren an Leukämie verstorben. Um die Trauer zu verarbeiten, begann der Vater im Februar mit dem Radsport. Mit der Teilnahme an den Cyclassics wollte er ein Zeichen setzen für den Kampf gegen den Krebs. Für jeden Kilometer ging eine Spende an die Kinderkrebshilfe. „Ich bin total glücklich, so an Marco erinnern zu können. Er war ein cooler Typ, liebte Motorräder und wäre stolz gewesen, dass ich ein Radrennen gefahren bin“, sagte er.

30 Prozent der Jedermann-Starter kamen aus Hamburg

Ein anderes Schicksal führte Dawit Tsugay zum zweiten Mal auf die 120-km-Distanz. Vor zwei Jahren war der 21-Jährige als Flüchtling aus Eritrea nach Hamburg gekommen. Mit fünf Landsleuten startete der junge Afrikaner im Trikot des Teams Vattenfall über die zweitlängste Jedermann-Strecke. „Ich bin in meiner Heimat auch Radrennen gefahren, aber so kalt und windig habe ich es noch nicht erlebt. Trotzdem hat es viel Spaß gemacht“, sagte Tsugay, der ein durchaus passables Deutsch spricht und nach 3:11:22 Stunden das Ziel erreichte.

30 Prozent der Jedermann-Starter waren in diesem Jahr Hamburger. Die größte ausländische Fraktion stellten die Dänen. Eine von ihnen war Anita Soeholm. Die 50-Jährige aus Syddjurs in Ostjütland war mit rund 30 Mitstreitern aus ihrem Verein CK Djurs schon am Freitag angereist. „Wir haben einen richtigen Wochenendtripp daraus gemacht“, sagte Soeholm, die seit zehn Jahren organisiert Radsport betreibt und zum ersten Mal in Hamburg startete. Ursprünglich wollte sie 120 Kilometer strampeln, musste aber wegen einer Knieblessur auf die kurze Distanz ausweichen. „Es war ein super organisiertes Event, ich komme bestimmt wieder“, sagte sie.

Alkoholfreies Weizenbier, Bananen und Brezeln

Ebenfalls kürzer als geplant war der „Arbeitstag“ für Elaine und Brian. Die beiden Schweden aus Helsingborg traten auf der 120-km-Distanz mit dem Tandem an. „Dreimal haben wir hier schon die längste Strecke über 155 km gemacht, aber da die in diesem Jahr auf 180 km verlängert wurde, haben wir uns für die kürzere Distanz entschieden“, sagte Elaine. Die Entscheidung war gut: „Der Wind hat uns zu schaffen gemacht.“

Um die beanspruchten Muskeln lockern zu lassen, standen in den Zielbereichen am Ballindamm und auf dem Burchardplatz, wo die Finisher mit Elektrolytgetränken und alkoholfreiem Weizenbier, Bananen und Brezeln versorgt wurden, wieder angehende Physiotherapeuten verschiedener Hamburger Schulen bereit, die auf mobilen Liegen kostenlose Behandlungen anboten. Zwischen drei und fünf Minuten – je nach Art der Wehwehchen – durften die Athleten sich kneten lassen.

Sieger der Jedermann-Rennen, Frauen: 180 km: Marie Möbius 4:31:53 Stunden. 120 km: Benita Wesselhoeft 3:01:07. 60 km: Tanja Hennes 1:24:45. Männer: 180 km: Benjamin Ahrendt 4:13:02. 120 km: Benjamin Schnabel 2:48:17. 60 km: Gunnar Sieg 1:21:42.