Hamburg. Noelle Rother steht bei der EM im Tor – ihr erstes großes Turnier für Deutschland

Kinder wissen manchmal ganz genau, was das Richtige für sie ist. Noelle Rother war elf Jahre alt, als sie auf ihrem Weihnachtswunschzettel ein dringendes Anliegen vermerkte. Nach einigen Jahren als Feldspielerin im Hockeyverein wollte sie endlich Torhüterin werden dürfen. Die Schutzausrüstung mit Helm und dick gepolsterten Beinschonern hatte es ihr angetan, und weil ihre Eltern, die bis dahin lieber sahen, dass die Tochter sich auf dem Feld austobte, die Dringlichkeit des Wunsches spürten, gaben sie dem Bitten nach.

Neuneinhalb Jahre später darf Noelle Rother stolz konstatieren, wie richtig sie mit ihrer Einschätzung lag. Als zweite Torhüterin neben der Kölnerin Julia Ciupka steht die 20 Jahre alte Hamburgerin im Kader, den Bundestrainer Jamilon Mülders für die EM in Amsterdam (Niederlande/18. bis 27. August) berief. Die deutschen Damen, vor zwei Jahren in London EM-Dritter, treffen auf Schottland (Sa., 10.15 Uhr), England (So., 17.45 Uhr) und Irland (Di., 14.45 Uhr).

„Für mich ist es natürlich eine riesige Herausforderung, mein erstes Turnier mit dem A-Kader spielen zu dürfen“, sagt Rother, die 2016 noch bei der U-21-WM in Chile Stellvertreterin für Rosa Krüger (Harvestehuder THC) gewesen war. Möglich wurde der auch für sie selbst etwas überraschende Karrieresprung, weil sich nach Olympiabronze 2016 in Rio de Janeiro die etablierten Stammkeeperinnen Kristina Reynolds (Polo Club Hamburg) und Yvonne Frank (Uhlenhorster HC) zurückzogen. Beide zählt die neue Hoffnung im deutschen Tor zu ihren Vorbildern.

Besonderen Reiz bietet für Noelle Rother die Herausforderung, Frank auch beim UHC ersetzen zu dürfen. Nachdem die 37-Jährige ihre Karriere nach dem Doublesieg im Juni auch auf nationaler Ebene beendet hatte, suchte UHC-Chefcoach Claas Henkel eine Nachfolgerin. Rother, die als Zehnjährige aus Köln nach Hamburg gezogen und beim Großflottbeker THGC zur Torhüterin geworden war, entschied deshalb, ihr Studium im US-Bundesstaat Indiana abzubrechen und dem Sport Vorrang zu geben.

Mit der Rückkehr nach Hamburg glaubt sie, perfekte Bedingungen für das eigene Fortkommen geschaffen zu haben. Die anstrengende Pendelei aus Übersee zu Auswahllehrgängen entfällt, beim UHC trainiert sie – mit Yvonne Frank als Torwarttrainerin – optimal, im Oktober beginnt sie zudem ein Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaften. Die WM 2018 in London ist ihr nächstes, Olympia 2020 in Tokio das Fernziel. Schafft sie beides, wäre das der endgültige Beweis dafür, wie richtig sie lag damals mit ihrem Weihnachtswunsch.