LonDon. Der beste Zehnkämpfer des Jahres startet heute seine Jagd auf eine WM-Medaille

Rico Freimuth ist froh, dass an diesem Freitag (11 Uhr MESZ/ARD und Eurosport) bei der Leichtathletik-WM endlich der Startschuss zur ersten Disziplin des Zehnkampfs fällt. Der 100-Meter-Lauf ist gleich eine Schokoladendisziplin des 29-Jährigen. „Die Tage vor dem Zehnkampf reiben die Nerven auf“, sagt Freimuth. Mit 8663 Punkten geht der Hallenser als Weltjahresbester ins Rennen.

Der Ausgang des Zehnkampfs so offen wie seit vielen Jahren nicht. Seine Majestät Ashton Eaton (29) hat abgedankt. Der Weltrekordler, Olympiasieger 2012 und 2016, Weltmeister 2013 und 2015, ist zurückgetreten. Es heißt, der US-Amerikaner habe sich nach all diesen Erfolgen nicht mehr motivieren können. Freimuth ist nur zwei Monate jünger als Eaton, aber er ist so tatendurstig wie noch nie. „Ich wollte schon immer der König der Athleten werden“, sagt der Sportsoldat.

„König der Athleten“, das ist kein offizieller Titel, aber alle Leichtathleten haben Respekt vor dem Zehnkampf-Sieger, weil er das Spektrum der Sportart beherrscht wie kein anderer. So wie Willi Holdorf, der 1964 bei Olympia in Tokio im Ziel des abschließenden 1500-Meter-Laufs zusammenbrach und sich erst Minuten später über das Gold freuen konnte. Auch spätere Könige der Athleten wie Daley Thompson, Dan O’Brien oder Roman Sebrle haben die Schlagzeilen bestimmt. Der bisher einzige deutsche Weltmeister war 1987 Torsten Voss für die damalige DDR.

Jetzt nimmt Freimuth den Anlauf, das zweite deutsche Gold im Zehnkampf zu gewinnen. Der Kopf ist dabei so wichtig wie der Körper. Eaton sei im Wettkampf ein „mentales Monster“ gewesen, sagt Freimuth. Auch er selbst hat beim Zehnkampf etwas von Dr. Jekyll und Mr. Hyde. „Ich denke an asoziale Sachen, um den Körper in einen extremen Adrenalin-Zustand zu bringen“, verrät er. „Du musst dich im Kopf für den Geilsten halten.“

Vor zwei Jahren hat Rico Freimuth bereits Bronze bei der WM in Peking gewonnen. 2016 musste er bei den Olympischen Spielen wegen eines Knochenmark-Ödems in der Wirbelsäule aufgeben. Freimuth glaubt, dass 8750 Punkte zum Gold und 8650 für eine Medaille reichen. „Rico ist nur auf dem Papier Bester des Jahres”, sagt Frank Bu­se­mann, 1996 Olympiazweiter im Zehnkampf. „Der Franzose Kevin Mayer und der Kanadier Damien Warner sind eigentlich stärker, aber für Rico ist von Gold bis Platz sechs alles drin.“ Rico Freimuths Vater Uwe war 1983 WM-Vierter und ist mit 8792 Punkten zweitbester Deutscher in der Zehnkampf-Historie.

Der deutsche Rekordhalter Johannes Vetter (24; Offenburg) qualifizierte sich mit 91,20 Meter als Tagesbester für die Entscheidung im Speerwerfen (Sa, 21.15 Uhr MESZ). Die Stuttgarterin Marie-Laurence Jungfleisch (26) schaffte den Einzug ins Hochsprung-Finale (Sa., 20.05 Uhr).