London. Der Berliner Diskuswerfer landet bei seinem letzten WM-Auftritt auf Rang sechs

Robert Harting ist ein Großer. Nicht nur wegen seiner 201 Zentimeter Körperlänge oder der vielen sportlichen Erfolge. Der Diskus-Star aus Berlin kann auch nach einer schmerzenden Niederlage Größe zeigen. „Das sind coole Jungs. Ich freue mich für sie, wie sie sich gegenseitig angetrieben haben“, sagte der 32-Jährige, nachdem er bei der Leichtathletik-WM in London Sechster geworden war. Mit einer Weite von 65,10 Metern, die nicht annähernd reichte, um dem neuen Weltmeister Andrius Gudzius aus Litauen (69,21), dem Schweden Daniel Stahl (69,19) oder dem Amerikaner Mason Finley (68,03) die Medaillen streitig zu machen. Darauf hatte er gehofft, zumindest auf Bronze: „Ich bin schon ein bisschen traurig.“

Das Stadion in London war ein Grund für ihn gewesen, mehr zu erwarten. Hier ist Harting 2012 Olympiasieger geworden, hat sein Trikot zerrissen, einen Hürdenlauf absolviert, ist zum Weltstar aufgestiegen. Die Bilder seiner überschäumenden Freude sind international in Erinnerung geblieben und sollten ihm moralische Unterstützung sein.

Stattdessen war nun aber nach dem Wettkampf zu sehen, wie sich die neue Diskus-Generation, der 26-jährige Gudzius, der 24-jährige Stahl und der 26-jährige Finley, artig die Glückwünsche des Jungseniors abholten. „Natürlich macht mich das auch stolz“, sagte Harting. Gewöhnen mag er sich an die rückwärts gerichtete Anerkennung noch nicht.

Sicher machte es die Niederlage etwas erträglicher, dass der dreimalige Weltmeister im vergangenen Jahr noch eine schwere Knieoperation über sich ergehen lassen musste. Vielleicht auch, dass er von Beginn an fast chancenlos war. Verblüffend stark legte Finley los, Gudzius und Stahl mussten kontern – und taten es auch. Harting wollte es ihnen gleichtun – konnte es aber nicht.

„Ich hatte viele technische Probleme. Als ich die abgebaut hatte, war der Wettkampf leider vorbei.“ So kam er nicht an seine Saisonbestleistung von 66,30 Metern heran. Schon gar nicht legte er die von seinem Trainer Marko Badura erhofften ein bis zwei Meter zusätzlich drauf. „Unmöglich war die Bronzemedaille nicht“, so Harting. Nur war es nicht sein Tag, seine WM, sein großer Auftritt. Das war es für andere. Gudzius und Finley erzielten persönliche Bestleistungen, Stahl die zweitgrößte Weite seiner Karriere.

Hartings Blicke richteten sich bald nach vorn. Am 8. August 2018 steht bei der EM in Berlin das Diskus-Finale an, das sein persönlicher Karriereabschluss werden soll. „Die Acht ist meine Lieblingszahl“, so Harting, „war sie schon immer.“ Er ist realistisch genug zu wissen, dass es nicht leicht wird, im Berliner Olympiastadion noch einmal etwas Besonderes zu schaffen. So wie 2009, bei seinem ersten WM-Titel.

„Jeder will ein Happy End sehen, und ich werde alles dafür geben“, kündigte der 32-Jährige an, „aber ich bin ja nicht blöd. In Berlin sind die Besten von London auch am Start. Gudzius und Stahl sind jung, mein Bruder Christoph kommt noch dazu, vielleicht auch Piotr Malachowski.“ Doch dann wollte er erst einmal mit seiner Familie und seinem Trainer einen Pub aufsuchen: „Der war ein bisschen traurig. Den muss ich erst mal trösten.“