Köln. Bundesliga-Serie Manager Jörg Schmadtke und Trainer Peter Stöger haben den Traditionsclub zum erfolgreichen Bundesligisten gemacht

Im September 2013 steht Jörg Schmadtke in einem Garten. Im Hintergrund erklingt Yoga-Musik. Schmadtkes Gesicht wirkt tiefenentspannt. Dann betet er diesen Satz herunter: „Liebe FC-Fans: Ruhig, ganz ruhig bleiben.“ Schmadtke atmet ein und aus, er sagt: „Ruhig bleiben, ganz ruhig.“ Achtmal wiederholt er es. Das Video mit dem Titel „Euphoriebremse“ wird zum Hit. Der Traditionsclub, der zu diesem Zeitpunkt in Liga zwei seit zehn Spielen ungeschlagen ist und im Achtelfinale des DFB-Pokals steht, steigt in die Bundesliga auf. Daran ist auch das Video schuld, ganz bestimmt aber Schmadtke.

„Ein Stück weit Normalität in diesem verrückten Geschäft an den Tag zu legen ist vielleicht ein Indiz für den Erfolg“, sagt der Manager. Der 1. FC Köln und normal? Das wäre so, als würde der Prinz Karneval aus Düsseldorf kommen. Also: undenkbar. Ist der FC etwa kein Karnevalsverein mehr? Schmadtke schmunzelt, holt tief Luft und sagt: „Natürlich. Was denken Sie denn?“

Jahrelang herrschte Chaos in der Führungsetage. Es gab Tumulte auf Mitgliederversammlungen, Schulden in Millionenhöhe wurden angehäuft, es folgte ein sportlicher Absturz in die Bedeutungslosigkeit. Einzig die Liebe der leidenden Kölner hielt den hoffnungslosen Dauerpatienten am Leben.

Warum tut man sich so etwas an? „Ich war immer gerne im Stadion“, sagt Schmadtke. „Ich mochte die Atmosphäre. Dann habe ich mich gefragt: Warum geht da nicht mehr?“ Dazu muss man sagen: Schmadtke kommt aus Düsseldorf. Die können nicht so gut mit den Nachbarn rheinabwärts. Aber in der größten Verzweiflung verzeiht der Kölner auch das. Schmadtke, Präsident Werner Spinner, Geschäftsführer Alex Wehrle und Vizepräsident Toni Schumacher machen sich also ans Werk und krempeln den Club um. Setzen auf Talente aus der Region (Jonas Hector, Timo Horn), kaufen clever ein (Anthony Modeste) und vertrauen einem Trainer aus Österreich, den vor vier Jahren in Deutschland niemand kannte. Heute trägt Peter Stöger Brille in Vereinsfarben, geht mit der Freundin vor Heimspielen in den Zirkus, besucht Lesungen oder spaziert einfach mal in die Eckkneipe auf ein Kölsch.

Innerhalb von vier Jahren schaffen sie das Unmögliche: Sie beruhigen den Club, Schritt für Schritt arbeiten sie sich nach vorne, schütten die Gräben mit Ex-Präsident und Weltmeister Wolfgang Overath zu. Wie lautet das Erfolgsrezept, Herr Schmadtke? „People-Business. Wir haben es mit Menschen zu tun, wir versuchen eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der jeder seine optimalen Fähigkeiten ausspielen kann.“ Und noch etwas ist ihm wichtig: „Der Club steht über allem. Man muss sich auch ein wenig anpassen an die Gegebenheiten und Eigenarten, ohne die große Linie zu verlassen.“

Torjäger Modeste wurde durch Jhon Córdoba ersetzt

In der Transferposse um Modeste hat Schmadtke bewiesen, was Linie heißt: Haltung zeigen, nicht alles mitmachen in diesem irren Geschäft. Der Transfer des Torjägers nach China drohte an den Millionenforderungen der Berater zu scheitern. Schmadtke beendete die Verhandlungen, der Transfer kippte. Am Ende klappte es doch noch, der FC ist um 35 Millionen Euro reicher. Das Geld hat er gut angelegt. Aus Mainz kam Jhon Córdoba für 16 Millionen Euro, was bedeutet, dass der Kolumbianer der teuerste Transfer in der Clubgeschichte ist. Für Jannes Horn aus Wolfsburg wurden sieben Millionen Euro fällig. Dazu kamen der Portugiese João Queirós (drei Millionen Euro) und das spanische Supertalent Jorge Meré für 8,5 Millionen Euro.

Ob das reicht für Europa? Schmadtke lacht. Er sagt: „Sollen wir jetzt etwa sagen: Der Europapokal ist doof? Wir gehen da rein mit totaler Freude und werden das genießen. Das sind tolle Erlebnisse, die wir jetzt vor uns haben. Das kann auch beflügeln.“

Prognose: Die 25 Treffer von Anthony Modeste werden den Kölnern sicherlich fehlen. Ob Córdoba, kein klassischer Torjäger, die Lücke schließen kann, ist fraglich. Aber: Die Qualität des Kaders ist größer geworden, den Rest erledigt Kölns formidabler Trainer Stöger. Der 1. FC Köln etabliert sich weiter in der Liga und kämpft um einen Platz im Europacup.