Hamburg.

Dem früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker wird das Zitat zugeschrieben, dass Geschichte sich nicht wiederhole. Als am Freitagnachmittag mit Federico Delbonis (26/Nummer 81 der Welt) und Leonardo Mayer (30/Nr. 138) zwei Argentinier das Halbfinale des Herrentennisturniers am Rothenbaum erreicht hatten, musste man das Gegenteil befürchten. 2003 hatten mit dem späteren Sieger Guillermo Coria, Gaston Gaudio, Agustin Calleri und David Nalbandian schon einmal vier Argentinier in Hamburg in der Runde der letzten vier gestanden.

Doch dann kam Philipp Kohlschreiber, und der 33 Jahre alte Weltranglisten-58. wies gegen Tommy-Haas-Bezwinger Nicolas Kicker (24/Nr. 96) den Kampfgeist nach, der nötig war, um den dritten Argentinier im Viertelfinale vor 6500 Besuchern nach 2:37 Stunden 7:6 (8:6), 4:6, 6:4 niederzuringen. „Ich werde alles tun, um morgen fit zu sein“, sagte der Augsburger, der im dritten Satz am rechten Oberschenkel behandelt wurde und zum zweiten Mal nach 2014 im Halbfinale steht. Dort treffen erstmals seit der 6:1, 6:1-Lehrstunde des heutigen Turnierdirektors Michael Stich für Boris Becker 1992 zwei Deutsche aufeinander, nachdem der Bayreuther Florian Mayer (33/Nr. 101) am Abend beim 6:2, 2:6, 6:3 gegen Diego Schwartzman (24/Nr. 38) den vierten Argentinier und letzten der acht gesetzten Spieler ausschaltete.

Erstmals seit Haas 2012 steht nun wieder ein Deutscher im Finale, der Traum vom ersten deutschen Sieg seit Stich 1993 lebt, auch wenn Delbonis (unterlag 2013 dem Italiener Fognini) und Mayer (besiegte 2014 den Spanier Ferrer) Finalerfahrung voraushaben. Mayer könnte zudem der glücklichste „Lucky Loser“ werden, immerhin war er in der Qualifikation Rudi Molleker (16/Berlin) unterlegen und nur durch die Verletzung von Titelverteidiger Martin Klizan (Slowakei) ins Hauptfeld gerutscht. So eine Geschichte gab es tatsächlich noch nie am Rothenbaum.