Winsen. Der deutsche Golfprofi Marcel Siem überrascht bei den Porsche European Open – die Turnierstars sind gut in Form.

„Unspielbar, der Platz wäre fast unspielbar“, sagte Charl Schwartzel, „wenn er trocken wäre.“ War er aber nicht. Und die Profigolfer freuten sich. Der Dauerregen der letzten Tage hatte auch auf dem Nord Course des Green-Eagle-Clubs in Winsen seine Spuren hinterlassen. Der Boden war weich, die Bälle rollten wenig, die Grüns waren gut anzuspielen. Einige Abschläge wurden nach vorne verlegt, die Bahnen damit verkürzt – von wegen „Grünes Monster“. „Super, so konnte man aggressiv die Fahnen angreifen“, sagte Patrick Reed.

Schwartzel und Reed, die beiden Stars aus Südafrika und den USA, boten am ersten Tag der Porsche European Open tatsächlich die erhoffte Golfshow. Mit fünf beziehungsweise vier Schlägen unter dem Platzstandard 72 mischen sie in der Spitze mit. Auch ihr Flightpartner, Titelverteidiger Alexander Levy (Frankreich) ist mit 67 Schlägen vorne dabei. Die Führung nach dem ersten Tag übernahmen der Engländer Richard McEvoy und Julian Suri (USA) mit 66 Schlägen.

Zahlreiche gute Scores

Die Verkürzung von den ursprünglich 7165 Metern Platzlänge auf 6934 Meter sowie der weiche Boden sorgten für zahlreiche gute Scores. 73 Spieler blieben unter Par, darunter auch die Deutschen Maximilian Kieffer und Marcel Siem auf dem geteilten 15. Platz (-3). Zum zweiten Mal in diesem Jahr begleitet seine Ehefrau Laura den Ratinger als Caddie, weil sein etatmäßiger Berater und Bag-Träger wegen eines Krankheitsfalls fehlt. „Sie hat mich super beruhigt, es ist schön, sie an der Tasche zu haben.“

Um 7.20 Uhr am Morgen vernebelte noch dichter Sprühregen den ersten Abschlag, als Starter Bernd Kraft mit schwarzem Sakko und karierten Knickerbockers den ersten der 156 Golfer auf die Reise schickte: „On the tee, professional from England: Jamie Rutherford“. Dann, an die Spieler gewandt: „Gentleman, have a good game.“ Schon zu dieser frühen Stunde applaudierten die ersten Zuschauer, und der Parkplatz füllte sich minütlich. 6800 Zuschauer fanden schließlich den Weg nach Winsen.

Rückstau vor der Clubzufahrt

Wer Pech hatte, der steckte bereits bei der Anreise mit dem Pkw in einem Rückstau vor der Clubzufahrt. Erst beim zweiten Hinsehen war klar, warum: Ein Landwirt brachte mit seinem Trecker samt Anhänger Grüngut ein. Die European Tour schreibt zwar offiziell im Internet und überall „Hamburg“ als Austragungsort des mit zwei Millionen Euro Preisgeld dotierten Turniers, aber zwischen Maisfeldern und Zugmaschinen wird klar, so ist es nicht. Dennoch war der Anteil der HH-Kennzeichen auf dem Parkplatz groß – und die Publikumsresonanz deshalb auch ordentlich.

Zehn Jahre nach dem Ende der Players Championships of Europe in Gut Kaden warteten viele der in Hamburg 22.000 registrierten Golfspieler und andere Sportfans neugierig auf die Kunststücke der Pros. Wie Wolfgang Schmidtke, Handicap 27,3 aus Sasel: „Es ist unglaublich, mit welcher Leichtigkeit diese Spieler so lang schlagen.“ Claudia Lange (17,8) aus Sasel meinte indes: „Die spielen ja genau so blind wie wir.“ Da hatte der Spanier Alvaro Quiros gerade zweimal in Folge seinen Ball in den Teich geschossen.

Taktische Fehler bei Adank

Fehler verdarben auch Niklas Adank ein besseres Ergebnis. Der 22 Jahre alte Jungprofi vom Golfclub Falkenstein nahm mit einer Wildcard erstmals an einem Turnier der höchsten europäischen Kategorie teil. Normalerweise ist der Adendorfer auf der drittklassigen Pro Golftour unterwegs. Mit 77 Schlägen sind seine Chancen auf das Überstehen des Cuts (nach der zweiten Runde) allerdings gering. „Es ist schade, ich habe besser gespielt, als das Ergebnis aussagt, aber einige taktische Fehler gemacht und nicht gut geputtet.“ Sogar einen Ball verlor er – wie es Hobbyamateuren auch passiert.

Für die größte Unterhaltung sorgte Carlos Pigem, der nach einer zu kurzen Annäherung an Bahn 18 einen Striptease hinlegte. Unter Gejohle zog der Spanier die Schuhe aus, krempelte die Hosen hoch und entledigte sich auch noch seines Hemdes. Mit nacktem Oberkörper stand er im Teich und beförderte den Ball von der Böschung noch aufs Grün. Riesen-Applaus von der gut gefüllten Zuschauertribüne und von den Fans, die es sich in Liegestühlen auf dem Wall neben dem Teich gemütlich gemacht hatten und so bequem die Weltklassegolfer bewunderten. Auf den Rängen der gigantischen Hospitality Lounge des Hauptsponsors ließen die Gäste anerkennend die Eiswürfel im Cocktailglas klirren.

138 Euro kostet ein Porsche – für eine Stunde

Nebenan im Public Village wuselten zunehmend mehr Zuschauer und bewunderten die verschiedene Sportwagenmodelle aus Zuffenhausen. Wer wollte, konnte für 138 Euro eine Stunde eine Spritztour unternehmen. Man konnte sich neues Golfequipment kaufen, sich über Reisen informieren oder über Nahrungsergänzungsmittel und an einem Puttingwettbewerb teilnehmen. Als am Nachmittag die Sonne durchkam, hellte sich die Miene von Turnierdirektor Dominik Senn auf: „Ich freue mich, dass der Platz in solch gutem Zustand ist und dass die Stars gute Ergebnisse spielen.“

Eintrittskarten gibt es auch in der Abendblatt-Geschäftsstelle am Großen Burstah 18–32 (Nähe Rathausmarkt).