Längenfeld. Trainer und Sportchef fliegen zur Champions-League-Qualifikation nach Brügge. Torhüter Pollersbeck erklärt seinen erneuten Patzer

Es war ungewöhnliche Situation beim HSV am Mittwochnachmittag. Fast alle Spieler standen in Längenfeld auf dem Platz. Nur Trainer Markus Gisdol fehlte. Stattdessen leiteten seine Co-Trainer Frank Fröhling und Frank Kaspari die Einheit. Gisdols Fehlen hatte einen guten Grund. Mit Sportchef Jens Todt hatte er am Mittag das Trainingsquartier in Österreich verlassen. Per Charterflieger ging es nach Brügge. Dort schauten sich Gisdol und Todt am Abend das Champions-LeagueQualifikationsspiel zwischen dem FC Brügge und Basaksehir Istanbul an (bei Redaktionsschluss nicht beendet).

Wen die beiden beobachten wollten, war zu diesem Zeitpunkt keine Überraschung mehr: Stefano Denswil, Innenverteidiger der Belgier und Wunschlösung für die Hamburger Abwehr. Auch gegen Istanbul stand der 24-Jährige in der Startelf und traf in der 16. Minute zum zwischenzeitlichen 2:0.

Todt hatte Denswil neben dem Argentinier German Pezzella von Betis Sevilla als Kandidaten für die offene Stelle in der Innenverteidigung des HSV auserkoren. Doch weil die Spanier Pezzella nicht unter 17 Millionen Euro Ablöse abgeben wollen, läuft nun alles auf Denswil hinaus. Gisdol machte sich nun ein eigenes Bild vom Niederländer.

Nach Abendblatt-Informationen plante auch Vorstandschef Heribert Bruchhagen einen Besuch in Brügge. Abseits des Spiels verhandelten die HSV-Bosse bereits mit Denswils Berater und den Verantwortlichen des FC Brügge. Dabei geht es vor allem um die Ablöse, die zwischen sechs und sieben Millionen Euro liegen soll. Einigen sich die Club, kann es schnell gehen. Der HSV würde den Kaufpreis mithilfe von Investor Klaus-Michael Kühne zahlen.

Am Donnerstag will Trainer Gisdol zurück in Längenfeld sein und an seiner Formation für den Pflichtspielstart in 18 Tagen beim VfL Osnabrück arbeiten. Eine Entscheidung könnte bereits im Kampf um die Nummer eins gefallen sein. Nach dem erneuten Patzer von Neuzugang Julian Pollersbeck im Testspiel am Dienstagabend gegen Sparta Rotterdam (1:1) deutet alles auf Christian Mathenia (25) als neuen Stammtorhüter hin. „Natürlich ist es nicht gerade förderlich, einen Fehler zu machen, wenn es einen Zweikampf gibt. In der Entwicklung von jungen Torhütern gehören Fehler aber dazu“, sagte Gisdol.

Pollersbeck hatte vor dem 0:1 eine harmlose Freistoßflanke durch seine Hände rutschen lassen. „Ich war in Gedanken schon beim Abwurf. Natürlich ärgere ich mich darüber. Aber Fehler passieren. Ich muss daraus lernen“, sagte Pollersbeck am Tag danach. Der 22-Jährige war erst vor wenigen Wochen für 3,5 Millionen Euro vom 1. FC Kaiserslautern zum HSV gekommen. Unmittelbar nach dem Transfer gewann er mit der deutschen U-21-Nationalmannschaft den EM-Titel. „Julian hat eine gute Psyche, ist stark im eins gegen eins und verfügt dankk seiner Größe über eine enorme Ausstrahlung“, sagt Gerry Ehrmann, sein ehemaliger Torwarttrainer beim FCK, dem Abendblatt.

Nach dem EM-Titel hatte sich Pollersbeck als „Feierbiest“ entpuppt. Ehrmanns Empfehlung: „Wer feiern kann, muss auch Leistung bringen. Der Grad zwischen Selbstvertrauen und Hochnäsigkeit ist schmal.“ Pollersbeck könne noch an seiner Selbstkritik arbeiten. „In diesem Bereich hakt es bei ihm, wie heute bei vielen jungen Leuten“, sagt Ehrmann. Mit Pollersbeck Einsicht nach seinem Fehler wäre also der nächste Schritt getan.