Hamburg. Umfrage am Rothenbaum:Soll das Stadion abgerissen oder die Tradition bewahrt werden?

Die Diskussionen um den Fortbestand des Herrentennisturniers am Rothenbaum, das in diesem Jahr seine 111. Auflage erfährt, werden zum Ende der Woche neue Nahrung erhalten. Der Deutsche Tennis-Bund (DTB) vergibt die Lizenz zur Ausrichtung neu, die seit 2009 bis einschließlich 2018 bei Michael Stich und der Veranstaltungsagentur HSE liegt. Zudem plant der Club an der Alster als Inhaber des Erbbaurechts bis 2049 eine Umgestaltung der Anlage. Am Freitag tagt der DTB-Bundesausschuss, dort soll das Präsidium über den Stand der Lizenzvergabe informieren. Eine Entscheidung wird im September erwartet.

Die Uneinigkeit über die Zukunft spiegelt sich auch in den Meinungen der Besucher am Rothenbaum wider, wie eine Abendblatt-Umfrage am ersten Hauptfeldtag ergab. „Das Turnier wird von Jahr zu Jahr trauriger. Durch einen Abriss werden trotzdem keine besseren Spieler kommen“, sagt Linda Seiffert. Die 55 Jahre alte Hamburgerin hat noch die blühenden deutschen Tennisjahre mit Boris Becker und Steffi Graf an der Hallerstraße erlebt. Bis 2002 hatte Hamburg parallel zum Herren- auch ein Damenturnier ausgerichtet, der DTB würde gern wieder eine Lizenz erwerben. „Jetzt ist der Boom vorbei“, meint Seiffert. Sie hatte auf die Teilnahme von Deutschlands Nummer eins, Alexander Zverev, am Rothenbaum gehofft, der trotz einer bestehenden Vereinbarung absagte. „Stattdessen wurde der alte Tommy Haas reanimiert“, sagt sie bitter.

Auch Manfred Tjaden (71) kommt schon seit 1980. Gegen einen Abriss hätte er nichts einzuwenden. „In dem alten Kasten werden die Ränge abgedeckt, weil nicht genügend Zuschauer kommen. Eine kleinere Multifunktionshalle halte ich für eine gute Idee.“ Hauptsache sei, dass das Turnier weiter in Hamburg stattfinde. Eine ähnliche Meinung vertritt Lothar Kühn (67): „Es muss sich etwas ändern. Eine Halle hätte den Vorteil, dass sie auch für Musikveranstaltungen genutzt werden könnte.“

Für Manfred Binz, der seit sieben Jahren in Hamburg lebt, würde das Turnier ohne das jetzige Stadion sein Flair verlieren. „Der Centre-Court symbolisiert die Tradition am Rothenbaum“, sagt Binz. Für den 54-Jährigen hat es etwas Nostalgisches, durch den Tunnel im Bauch des Stadions zu marschieren und die Porträts der ehemaligen Sieger an den Wänden zu bestaunen. „Das macht den Mythos dieses Turniers aus.“ Binz’ Schwester reist jedes Jahr extra aus Köln an, um ihn beim Besuch des Traditionsevents zu begleiten.