Utrecht.

So ein Abschlusstraining ist immer etwas Eigenartiges. Leere Ränge, gespenstische Stille. Und wenn eine deutsche Nationalspielerin beim üblichen Ausschießen – eines der letzten Überbleibsel aus der Ära Silvia Neid – den Ball in die Maschen drischt, sind nur klatschende Mitspielerinnen zu hören. Was die DFB-Auswahl am Montagabend im empfindlich abgekühlten Utrecht veranstaltet hat, diente nicht allein dem Beheben der Abschlussschwäche, sondern gab auch einen Vorgeschmack aufs Ambiente, das sich zum entscheidenden EM-Gruppenspiel gegen Russland (20.45 Uhr/ZDF und Eurosport) bieten wird.

Erst 5100 Tickets, davon 1500 nach Deutschland, sind verkauft. Mehr als 6000 Besucher sollen es im Stadion Galgenwaard nicht werden. Dabei bietet die Heimstätte des FC Utrecht fast viermal so viele Plätze. Doch wie bei den Gruppenspielen England gegen Schottland (5587 Zuschauer) und Frankreich – Österreich (4387) werden die steilen Hintertortribünen mit orangefarbenen Stoffbahnen abgehängt, um das Fernsehbild aufzuhübschen. Zu einem fußballerisch limitierten Gegner kommt also noch ein weniger stimmungsvoller Rahmen, der die Pflichterfüllung beim Europameister nicht verhindern darf. „Wir wollen ganz klar gewinnen“, verlangt Steffi Jones. Die Bundestrainerin fordert zudem „spielerisch bessere Lösungen“ ein, um Zweifel am Weiterkommen mit einer überzeugenden Leistung zu zerstreuen. Und um im Viertelfinale am Sonnabend möglichst als Gruppenerster in Doetinchem anzutreten. Russland werde genauso spielen wie Italien, heißt es bei Jones. Körperbetont, verbissen, defensiv. Abwehrchefin Babett Peter glaubt: „Die geben ihr letztes Hemd.“

Das russische Nationalteam kämpft neben dem Viertelfinaleinzug weiter um Anerkennung in der Heimat. Dort wird Mädchen sogar die Aufnahme in Jungs-Mannschaften verweigert, obwohl der Weltverband Fifa gemischte Mannschaften für Kinder unter zwölf Jahren empfiehlt. „In Russland hält sich niemand an diese Regel“, sagt der russische Sportmanager Wladimir Dolgi-Rapport. Oft ignorieren Eltern die Wünsche ihrer Töchter, Fußball zu spielen. Folge: Die Mädchen trainieren oft heimlich. Jetzt stehen sie im Rampenlicht. Es wäre daher ein Wunder, würden die auf Weltranglistenplatz 25 geführten Russinnen gegen den Olympiasieger mithalten können. In der Qualifikation gelangen Deutschland zwei Siege (2:0, 4:0). (fhe)