Maria Alm. St. Paulis ehemaliger Trainer spricht erstmals ausführlich in seiner neuen Funktion als Technischer Direktor

An diesem Freitag wird für Ewald Lienen die vergangene Saison noch einmal präsent werden. In Köln wird der bis Mai amtierende Cheftrainer und jetzige Technische Direktor des FC St. Pauli bei der Gala der Zeitschrift „11 Freunde“ als „Typ der Saison“ ausgezeichnet. Für diesen Anlass und auch wegen eines Termins bei Hauptsponsor Congstar ebenfalls in Köln hat Lienen das Trainingslager in Maria Alm im Salzburger Land wieder verlassen.

Zuvor sprach er erstmals in seiner neuen Funktion, für die er einen Vertrag bis Ende 2020 erhalten hat, öffentlich über seine jetzigen Aufgaben, aber auch über seine Einschätzung seines Nachfolgers Olaf Janßen. „Meine Arbeit ist jetzt umfangreicher und vielschichtiger als die eines Trainers. Das macht sehr viel Spaß. Ich habe schon sehr viele Leute kennengelernt und Projekte angeschoben“, sagt der 63-Jährige und betont: „Generell ist meine Aufgabe eine Beratertätigkeit. Da das Organigramm des Clubs dies so nicht vorgesehen hatte, wurde diese Stelle geschaffen“, sagt er. Lienen nennt fünf Hauptpunkte, die er zu bearbeiten hat, und versucht damit, die Einschätzung, die Vereinsführung habe ihn auf ein Abstellgleis geschoben, zu entkräften. Überhaupt, so Lienen, sei er ja in der prekären Situation im Herbst 2014 von vornherein als Berater und nicht in erster Linie als Trainer geholt worden.

Lienen beschreibt also als seine Aufgaben explizit die Außendarstellung des FC St. Pauli, die Unterstützung der Marketingabteilung durch Betreuung von Sponsoren, die Begleitung und Förderung der Nachwuchstrainer, die Kooperationen einerseits mit Stoke City, andererseits mit Amateurclubs aus Hamburg und der näheren Umgebung. Weiter habe er sich um die sozialen Projekte des FC St. Pauli zu kümmern. „Den ganzen Bereich wollen wir neu strukturieren. Wir haben viele Ideen, teilweise mit Sponsoren, auch gesellschaftspolitische und ökologische Projekte zu realisieren“, sagt er.

Hinsichtlich der am Mittwoch verkündeten internationalen Kooperation mit dem englischen Premier-League-Club Stoke City stellt Lienen klar, dass dieses Projekt nicht von ihm in die Wege geleitet worden ist. „Das wäre in den drei Wochen, in denen ich jetzt tätig bin, nicht möglich gewesen.“

Auch wenn Lienen über seinen neuen Job fast schon ins Schwärmen gerät, so lässt er an anderen Stellen des Gesprächs durchblicken, dass er auch immer noch an seinem angestammten Beruf hängt. „Meine neue Aufgabe hier bedeutet nicht, dass ich für alle Zeiten darauf verzichte, irgendwann wieder Trainer zu sein“, sagt er explizit. Er könne sich vorstellen, noch zehn Jahre als Trainer zu arbeiten. Abwerbungsversuche habe es aber zuletzt nicht gegeben.

Seinem Nachfolger Olaf Janßen, der von November 2016 bis Mitte Mai Co-Trainer unter ihm war, traut Lienen viel zu. „Olaf hat in unserer Zusammenarbeit bewiesen, dass er auch allein vor der Mannschaft stehen kann. Man sieht, dass er ein sehr guter Mann ist“, lobt er, sagt aber auch: „Olaf ist nicht allein. Wenn er Hilfe braucht, bin ich da und stehe ihm jederzeit zur Verfügung.“

Auch im Hinblick auf das Potenzial, das in dieser Saison im Team steckt, äußert sich Lienen genauso, wie er es als Trainer sicherlich auch getan hätte: „Wir sollten mit den Füßen am Boden bleiben, ohne auf irgendetwas zu verzichten. Es ist im Leben alles möglich. Aber darüber redet man nicht, man kann nur darauf hinarbeiten.“

Dennoch ist Lienen auch im neuen Job schlagfertig geblieben. In der Halbzeitpause des Testspiels gegen den FC Pinzgau Saalfelden (2:1) fragte ihn der Stadionsprecher, warum er denn im vergangenen Winter, als St. Pauli Tabellenschlusslicht der Zweiten Liga war, nicht entlassen worden ist. Lienens trockene Antwort: „Ich hatte etwas dagegen. Ich wollte das nicht.“