Rotenburg. HSV-Anhänger beklagen drei Freitagsspiele zum Saisonauftakt, die nur bei Eurosport übertragen werden

Trotz Dauerregens fühlten sich die 1600 Zuschauer in Rotenburg im Stadion in der Ahe gut unterhalten. Beim 8:0-Sieg des HSV gegen die Ortsmannschaft Rotenburger SV verwöhnten Luca Waldschmidt (2), André Hahn (2), Bakery Jatta, Nicolai Müller, Sven Schipplock und Pierre-Michel Lasogga die Fans mit einem Torspektakel, wodurch der Frust über das neue TV-Paket bei den Anwesenden kurzzeitig in Vergessenheit geriet.

Mit der Terminierung der ersten sechs Bundesligaspieltage hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) für einen Aufschrei unter den HSV-Anhängern gesorgt. Gleich dreimal in Folge müssen die Hamburger freitags antreten. Grund ist: Der US-Konzern Discovery hat das Exklusivrecht für die 30 Freitagsspiele der Bundesliga sowie für je fünf Partien am Montag und Sonntag (13.30 Uhr) erworben. Diese Begegnungen sind nur über den Eurosport-Player im Internetstream oder auf einem Smart-TV zu sehen. Besonders in den sozialen Netzwerken ist die Empörung darüber groß. 29,90 Euro kostet ein Jahresabo, ein Tagespass 9,90 Euro. Viele Fans diskutieren jetzt, ob sie sich ein zweites Bezahlabo zu ihrem bestehenden Sky-Abo buchen sollen.

Timo Horn, Chef der HSV-Supporters, hat sich bereits entschieden, nicht noch mehr Geld für einen weiteren Pay-TV-Sender auszugeben: „Es ist eine Frechheit, dass wir nur einmal sonnabends an den ersten sechs Spieltagen antreten.“ Club-Boss Heribert Bruchhagen versucht dagegen, die Fans zu beruhigen. Zumal das Heimspiel gegen RB Leipzig (8. September) nicht an einem Sonnabend stattfinden kann, weil die Polizei mit einem erhöhten Aufgebot im Stadtpark gefordert ist, wo 80.000 Fans beim Konzert der Rolling Stones erwartet werden. Ähnlich ist die Lage eine Woche später in Hannover (15. September), wo am darauffolgenden Tag der AfD-Parteitag stattfindet. „Die Begründung der DFL ist eindeutig. Das ist für unsere Fans nicht schön, aber es ist für sie immer noch besser, freitags in Hannover als in Stuttgart zu spielen“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Mehr Spielraum hatte die DFL beim Auswärtsspiel des HSV in Köln (25. August). Berichte, wonach sich Eurosport die Partie für den bei Fans unbeliebten Freitag gewünscht hat, dementierte Discovery. „Wir haben keinen Einfluss auf die Ansetzung“, sagte Sprecherin Daniela Allgayer-Koreimann dem Abendblatt.

Bruchhagen hofft, dass sich die Anzahl der Freitagsspiele unter allen Bundesligisten ausgleichen wird. Bei insgesamt 30 Partien dürfte für den HSV keine mehr hinzukommen. Und selbst dann wären die Hamburger Spitzenreiter in dieser bei den Fans unbeliebten Kategorie. „Wir wollten diesen Fernsehvertrag und haben über die Summe von 1,16 Milliarden Euro gejubelt. Jetzt sehen wir, dass das alles nicht so ganz unproblematisch ist und auch zu berechtigtem Unmut führt“, sagt Bruchhagen, der von 2001 bis 2003 drei Jahre Geschäftsführer der DFL war.

Als einer der ersten HSV-Fans zog Kevin Kirschler Konsequenzen. Der 30-Jährige hat nach zehn Jahren sein Sky-Abo gekündigt. „Ich habe dieses Abo nur wegen der Fußballberichterstattung erworben und kann jetzt nicht mal mehr die Spiele meines Vereins sehen. Man fühlt sich als Fan ausgebeutet“, schimpft er. Entrüstet ist der Produktmanager auch über das Verhalten von Sky, da das Unternehmen mit dem Slogan „Alle Spiele – alle Tore“ wirbt, wogegen Discovery eine einstweilige Verfügung beantragt hat. „Ich fühle mich betrogen, weil ich nicht das erhalte, was mir bei Vertragsabschluss zugesichert wurde.“

Kirschler will sein Abo daher vor Ende der Kündigungsfrist (Januar 2018) abmelden. Doch Sky sieht auf Abendblatt-Anfrage keinen Grund für ein Sonderkündigungsrecht. Der Münchner Medienkonzern verweist auf die Entscheidung des Bundeskartellamts, das ein Alleinerwerbsverbot für die Bundesligarechte verhängt hat. „Mit 572 von 612 Spielen haben wir Maximales erreicht“, meint Sprecher Dirk Böhm, der nicht verraten wollte, wie viele Sky-Abos seit der neuen Rechtevergabe gekündigt wurden.

Beim HSV ist die Anzahl an Spielen, die nicht an einem Sonnabend ausgetragen werden, seit Jahren ein Thema. In der abgelaufenen Saison beklagte sich Trainer Markus Gisdol über drei Sonntagsspiele im Bundesligaendspurt. „Wir müssen immer wieder nachlegen“, sagte er damals. Aus Vereinssicht bewerten die Verantwortlichen es daher positiv, an einem Freitag vorlegen zu können. „Es ist eine wunderbare Situation, Freitagabend zu gewinnen, um dann Sonnabend entspannt die Konferenz zu verfolgen“, sagt Bruchhagen. Der HSV hat es also am Fuß, den Fan-Frust mit Siegen abzubauen.

Aufstellung HSV: Mathenia (46. Mickel) – Diekmeier (46. Behounek), Papadopoulos (65.Lasogga), Thoelke (46. Holtby) , Santos (46. Porath) – Janjicic, Walace – Müller (46. Hunt), Jatta (65. Knost) – Hahn (46. Schipplock), Waldschmidt (65. Arp).