Maria Alm. Präsident Oke Göttlich sprichtüber die Ambitionen und Pläne des FC St. Pauli sowie den Wunsch nach personeller Kontinuität

Im Hintergrund zog ein Gewitter auf, als Präsident Oke Göttlich (41) über Gegenwart und Zukunft des FC St. Pauli mit den ins Trainingslager in Maria Alm mitgereisten Medienvertretern sprach. Sinnbildlich musste man diese Wetterkapriole nicht verstehen, denn nach einer sehr erfolgreichen Rückrunde (34 Punkte) und Platz sieben zum Zweitliga-Abschluss 2016/17 gibt es triftige Gründe, mit Zuversicht auf die neue Saison und die mittelfristigen Perspektiven zu schauen. Konkret sprach Oke Göttlich über:

… mögliche Neuzugänge bis zum Ende der Sommer-Transferfensters: „Es ist nie etwas auszuschließen. Hoffentlich verletzt sich jetzt nicht noch jemand. Wir sind im Moment aber total happy mit unserem Kader.“

… eine Zielvorgabe für die Mannschaft: „Sie soll den bestmöglichen Fußball spielen, den sie kann, und die Leute im Stadion glücklich machen.“

… die Notwendigkeit, wieder heimstärker zu werden: „Das ist natürlich wichtig für den Stadtteil und das Millerntor. Aber ich stelle mich nicht vor die Mannschaft und sage: ihr müsst bitte zu Hause mehr gewinnen als auswärts. Ich würde mich freuen, wenn wir möglichst viel gewinnen, egal wo.

… das Abschalten nach der vergangenen Saison: „Es war schon eine sehr intensive Achterbahnfahrt mit einem glücklichen Ende. Danach bin ich ein paar Tage allein mit mir in Klausur gegangen. Das hat schon gut getan, um Abstand zu gewinnen. Wo ich genau war, spielt aber keine Rolle.

… das persönliche Gefühl für die neue Saison:„Es ist sicher nachvollziehbar, dass ich mich mit einer Einschätzung zurückhalte. Das hat einen einfachen Grund: vor einem Jahr war gefühlt alles spitzenmäßig. Ich habe zwar dennoch gewarnt, aber es wurde noch schlimmer, als auch ich jemals gedacht habe. Am Ende ist es dann noch viel besser geworden. Man kann in dieser Liga nicht sinnvoll sagen, in diese Richtung geht es jetzt. Wir glauben, dass wir jetzt das Beste aus unseren Möglichkeiten gemacht haben. Wir haben einen super Cheftrainer, wir haben einen super Sportchef gefunden, wir glauben, dass der Kader eine sehr gute Rolle spielen kann. Wir gehen voller Hoffnung, aber auch Gelassenheit in die neue Saison. Wir lassen uns aber weder von außen noch von innen unter Druck setzen.

… die Lehren aus dem Trainingslager vor einem Jahr: „Als wir hier waren, haben wir es als gut empfunden. Im Nachhinein gab es ein paar Dinge, die wir aufbereitet haben. Dies ist jetzt verbessert worden. Wir freuen uns sehr, dass Hüttendorf-Geschäftsführer Josch Seyfert für uns wieder fantastische Voraussetzungen geschaffen und einige Verbesserungen, wie etwa den Trainingsplatz, vorgenommen hat.

… die Verwendung der in dieser Saison deutlich höheren Einnahmen aus der Fernseh-Vermarktung:„Je mehr TV-Geld im Markt ist, desto mehr wird auch ausgegeben. Alle Budgets in der Ersten und Zweiten Liga sind gestiegen, das gilt auch für uns. Wir waren auch in der vergangenen Saison an der oberen Kante unterwegs. Wir haben da vom Aufsichtsrat ein Budget genehmigt bekommen, das im oberen Drittel der Zweiten Liga lag. Jetzt ist es ähnlich. Es musste zu einer Anpassung kommen, um im oberen Drittel zu bleiben.

… die Eignung von Olaf Janßen als Cheftrainer, nachdem er in der Vergangenheit vorwiegend als Co-Trainer gearbeitet hat: „Das fängt mit seinem Auftreten und seiner Ausstrahlung an. Er hat eine Präsenz, die vereinnahmend ist und bei den Spielern sowie den direkten Mitarbeitern eine Wirkung erzielt. Inhaltlich, konzeptionell und vom persönlichen Auftritt her war es für uns überhaupt keine Frage, dass wir uns für Olaf Janßen als nächsten Trainer des FC St. Pauli entscheiden konnten und wollten.

… die Gründe, das in der vergangenen Rückrunde so erfolgreiche Trainer-Duo Ewald Lienen und Olaf Janßen auseinanderzusprengen: „Wir sind immer in einer Analyse der Situation, spätestens seit Oktober 2016 war dies der Fall. Wir sind mit Themen offen und ehrlich umgegangen und haben auch mit Ewald Dinge besprochen. Dabei wurde auch Ewald klar, dass er Spaß an einer neuen Rolle, aber in seinem Lieblingsverein, finden möchte. Das ist nun mal der FC St. Pauli.

… die Notwendigkeit eines Technischen Direktors: „Es gibt Themen, die Ewald selbst angeschoben hat, und Dinge, die wir selbst anschieben. Dabei brauchen wir jemanden, der wie Ewald unsere Arbeit und unsere Werte nach außen nicht nur verkauft, sondern auch mit Leben erfüllt. Insofern ist das eine ideale Aufstellung. “

… die Gefahr, dass Ewald Lienen in absehbarer Zeit wieder als Trainer arbeiten und deshalb St. Pauli verlassen möchte: „Da müsste ein ganz großer Verein kommen. Ich glaube, dass Ewald wirklich seine Heimat bei uns gefunden hat. Es gibt eine enge Bindung zu unseren Werten, die wir nach außen tragen wollen. Dafür ist er unheimlich wichtig für uns, gerade was das soziale Engagement und das Engagement im Stadtteil betrifft.“

… zu einer personellen Kontinuität im Profifußball: „Sie ist für einen Verein immer wünschenswert. Es kann nie eine Garantie geben, dass einer wie einst Volker Finke in Freiburg 14 Jahre lang Trainer sein kann. Grundsätzlich zahlt sich aber eine Kontinuität aus. Dieser Fußball dreht sich so schnell, was das wirtschaftliche Umfeld angeht, dass ein mitgliedergeführter Verein, wie wir es sind und weiter sein wollen, nur bestehen kann, wenn alle Mitarbeiter hochprofessionell und kontinuierlich miteinander arbeiten.

… künftige Herausforderungen abseits des Tagesgeschäftes: „Wir müssen sehen, wie wir im Nachwuchsbereich weiter eine gute Rolle spielen. Auch hier ist der Wettbewerb schon unfassbar groß. Schon bei 13- und 14-Jährigen wird mit viel Geld um sich geworfen. Daher bin ich sehr froh, dass wir bereits jetzt durch die Arbeit von Roger Stilz und Andreas Rettig einige junge Spieler sehr frühzeitig an uns binden konnten. Jetzt aber geht es darum, wie wir die eigenen Trainer weiter ausbilden. Auch hier wird Ewald Lienen mit seinen internationalen Kontakten eine wichtige Rolle spielen. Wir müssen zusehen, dass wir insgesamt unabhängiger werden, indem wir unsere Spieler, aber auch Trainer und Funktionäre noch mehr selbst ausbilden.

… den Aufstieg in die Bundesliga: „Das ist natürlich ein großer Traum. Ich sage auch den Kritikern in diesem Punkt immer gern wieder: der FC St. Pauli darf in der Ersten Bundesliga spielen. Wir möchten unsere Werte, auch die fußballkulturellen Werte, möglichst vielen Leuten präsentieren. Für mich gibt es nach oben keine Grenze. Aber keiner stellt sich hier hin und kündigt an: wir werden jetzt die Zweite Liga in Grund und Boden spielen. Dennoch gehören wir zu den vielen Vereinen, die wahnsinnig ambitioniert sind.