London. Der Hamburger unterliegt in Wimbledon Vorjahresfinalist Raonic in fünf Sätzen

Ein letztes Mal noch staubte die Kreide auf, als Milos Raonic am Montagabend nach 3:23 Stunden Spiel-zeit das Wimbledon-Abenteuer des Alexander Zverev brachial mit seinem 23. Ass auf die Linie beendete. Mit 4:6, 7:5, 4:6, 7:5 und 6:1 gewann der 26 Jahre alte Kanadier das Achtelfinalduell der beiden besten Youngster der vergangenen zehn Jahre. Damit darf der Vorjahresfinalist weiter von seinem ersten Grand-Slam-Titel träumen, während der 20 Jahre alte Hamburger die Chance auf eine doppelte Revanche verpasste. Gegen den Schweizer Rekordsieger Roger Federer (35/sieben Titel), der sein Achtelfinale 6:4, 6:2, 6:4 gegen den Bulgaren Grigor Dimitrov gewann und nun Raonic fordert, hatte nicht nur er selbst im Juni im westfälischen Halle das Finale 1:6, 3:6 verloren, sondern auch sein Bruder Mischa (29) am Sonnabend sein Drittrundenmatch.

„Ich hätte das Match gewinnen müssen, war in den ersten vier Sätzen besser. Mein Gefühl war, dass ich mehr Breaks hätte schaffen können, drei von 17 Breakchancen zu nutzen ist schlecht. Es gibt keine Statistik, in der ich schlechter bin als er, deshalb ist das sehr unangenehm“, sagte der Unterlegene. Die Coolness, mit der er sein erstes Achtelfinale bei einem Majorturnier anging, beeindruckte. Dass Zverev der deutlich bessere Spieler war, überraschte niemanden.

Wenn Tennisbälle menschliche Züge hätten, dann würden sich nur Masochisten freiwillig in die Hände des kanadischen Haudraufs begeben. Raonic ist ein mächtiger Aufschläger, doch in den Grundlinienduellen hatte er in den ersten drei Sätzen wenig zu melden, und auch seine Netzattacken konterte der deutsche Jungstar phasenweise mit einer Gelassenheit ab, als müsse er lediglich ein paar lästige Fliegen von seinem Gesicht wedeln.

Natürlich brachte der Weltranglistensiebte seinen Service oft genug ins Ziel, um das Match spannend zu halten. Aber Zverev ließ zunächst nie locker, im Gegenteil: Wenn seine Blicke Pistolenkugeln gewesen wären, dann hätte Raonic einige Fans weniger. Immer wieder starrte Zverev grimmig in Richtung der Anhänger seines Gegners, wenn diese lautstark einen Punktgewinn bejubelten.

Den Wendepunkt setzte Raonic, der im bislang einzigen Aufeinandertreffen mit Zverev beim Masters in Rom im Mai in zwei Sätzen verloren hatte, erst spät im fünften Durchgang. Sein Break zum 3:1 schockte den Weltranglistenzwölften, der sich zwar anschließend noch einmal heftig gegen das Aus stemmte. Aber als Raonic seinen Service zum 4:1 durchbrachte, war der Widerstand gebrochen und die Reise für Zverev beendet.

Gleiches gilt völlig überraschend auch für French-Open-Sieger Rafael Nadal. Der 31 Jahre alte Spanier unterlag in einem Fünfsatzkrimi nach 4:48 Stunden dem Luxemburger Gilles Muller mit 3:6, 4:6, 6:3, 6:4, 13:15.