Hamburg. Platz zwei beim Hamburg Masters nach 2:4 gegen Irland zeigt, woran das umformierte Team arbeiten muss

Wie weit Beurteilungen desselben Ereignisses bisweilen aus­einanderdriften, das war am Sonntagmittag auf der Anlage des Uhlenhorster HC am Wesselblek zu beobachten. Gerade hatten die deutschen Hockeyherren durch ein 2:4 gegen Irland den Gesamtsieg beim Viernationenturnier Hamburg Masters verspielt, und deshalb war es kaum verwunderlich, dass die Laune von Bundestrainer Stefan Kermas daherkam wie das vernieselregnete Wetter. „Auch wenn die Iren stark waren: Unsere Leistung war schwach und passte nicht zu den Zielen, die wir uns gesetzt hatten. Die Jungs haben schlecht verteidigt und zu keiner Phase die richtige Einstellung zum Gegner gefunden. Dieses Spiel trübt die Gesamtleistung bei diesem Turnier, deshalb kann ich damit nicht zufrieden sein“, schimpfte der 38-Jährige.

Mathias Müller guckte, als er die Kritik seines Trainers vernahm, ein wenig verstört aus der Wäsche. „Sicherlich haben wir nicht am Maximum gespielt, aber wir haben es ordentlich gemacht. An fehlender Einstellung hat es nicht gelegen. Wir haben in der Abwehrarbeit drei verheerende Fehler gemacht, aber uns auch viele Torchancen erspielt“, sagte der 25 Jahre alte Abwehrspieler, der beim UHC sportlich aufwuchs, mittlerweile aber für Vizemeister und Europapokalsieger Rot-Weiß Köln aufläuft. Die Frage, wer mit seiner Beurteilung näher an der Wahrheit lag, beantwortete ungewollt Mats Grambusch. Der Kölner Kapitän war wegen einer Oberschenkelverhärtung für das Endspiel um den Turniersieg geschont worden und hatte von der Tribüne aus beobachtet, „dass die Iren den Sieg heute mehr wollten als wir. Die Einstellung hat ein bisschen gefehlt.“ Die Erklärung lieferte er gleich mit: „Es war halt kein Entscheidungsspiel, sondern nur ein Freundschaftsturnier.“

Das stimmte zwar, dennoch gilt es für den neuen Bundestrainer nun, die nötigen Schlüsse aus den drei Hamburg-Auftritten seines nach Olympiabronze 2016 in Rio umformierten Teams zu ziehen, um beim World-League-Turnier in Johannesburg (9. bis 23. Juli) mindestens Rang fünf und damit die Qualifikation für die WM 2018 in Indien zu schaffen. Die Spiele gegen Österreich, Spanien und Irland sollten als Vorbereitung für Südafrika dienen. Das 2:0 gegen den Nachbarn war wegen des Unwetters am Donnerstag ein Muster ohne Wert, das 4:2 gegen Spanien am Freitag ein souveräner Auftritt mit dem Schönheitsfehler, die vielen Chancen nur unzureichend genutzt zu haben. Die Niederlage gegen die überraschend starken Iren jedoch, die Spanien 4:1 und Österreich 7:2 bezwangen und deshalb absolut zu Recht den Gesamtsieg feiern konnten, zeigte auf, dass noch eine Menge Abstimmungsarbeit auf Kermas und sein Team wartet.

Nur eine von sechs Strafecken fand, von Kölns Tom Grambusch halbhoch geschlenzt, den Weg zum 1:0 ins Netz (19.), aus dem Spiel traf trotz einer Reihe guter Möglichkeiten nur der ehemalige UHC-Torjäger Marco Miltkau (Köln/20.) zum 2:0. Über die schwache Standard- und Torchancenverwertung muss deshalb ebenso geredet werden wie über die bisweilen sorglose bis abenteuerliche Abwehrarbeit. Vor allem aber wird Kermas Zeit darauf verwenden müssen, seinen Spielern die Siegermentalität einzuimpfen, die deutsche Mannschaften im Allgemeinen auszeichnet. Der Bundestrainer war am Sonntag derjenige, der sich am meisten über die Niederlage ärgerte.

Männer wie das zurückgetretene UHC-Idol Moritz Fürste, der vor dem Spiel offiziell aus dem Nationalteam verabschiedet wurde, die pausierenden Florian Fuchs, Tobias Hauke und Martin Häner oder der geschonte Mats Grambusch hätten fraglos mit noch mehr Einsatz um den Pokal beim Heimturnier gekämpft. „Wir müssen lernen, dass wir gegen Gegner wie Irland in keinem Spiel mit nur 85 Prozent gewinnen können“, sagte Kermas. Einig waren sich Trainer und Spieler immerhin in zwei Punkten: Dass man erstens die Niederlage nicht überbewerten und zweitens viel aus ihr mitnehmen sollte. Nach einer Woche Regenerationspause reist die Auswahl am 3. Juli nach Südafrika. „Dort werden wir an den Basics arbeiten und all das ansprechen, was wir verbessern müssen. Und das ist einiges, denn wenn wir das Hamburg Masters nicht gewinnen, dann werden wir auch kein anderes Turnier gewinnen“, sagte Kermas.

Hamburg Masters drohen nicht mehr stattzufinden

Irlands Herren, in Johannesburg neben Ägypten, Südafrika und Belgien deutscher Gruppengegner, feierten dagegen einen wohl historischen Triumph. Durch die Pläne des Weltverbands FIH, von 2019 an eine Nationenliga mit mehreren Länderspielen in zwei Blöcken im Januar/Februar und Juni/Juli auszutragen, dürfte es für Turniere wie das Hamburg Masters keinen Platz mehr im sowieso schon engen Terminkalender geben. UHC-Präsident Horst Müller-Wieland, der mit dem Organisationsteam um Bernd Siemer und 70 Ehrenamtliche trotz des mäßigen bis saumäßigen Wetters 3000 Zuschauer auf der Anlage begrüßen konnte, nimmt es pragmatisch: „Das ist zwar schade, aber dann bewerben wir uns um ein Nationenligaspiel.“