Hamburg . Der ehemalige HSV-Torwart unterschreibt einen Zwei-Jahres-Vertrag bei den Rheinhessen

Das Naturhistorische Museum zeigt derzeit die Sonderausstellung „Wildlife Art – Künstler sehen die Natur“. Das Gutenberg-Museum widmet sich umfassend der Geschichte des Buchdruckes und die Kunsthalle hat eine ausgezeichnete Sammlung zeitgenössischer Werke. Für den intellektuellen Kunstfreund René Adler hat Mainz in der Tat einiges zu bieten. Und für den Fußballtorwart René Adler offenbar auch. Der ehemalige Nationalkeeper hat sich für ein Zwei-Jahres-Engagement beim FSV Mainz 05 entschieden. Das aber überrascht nun doch.

Bayern München, England, irgendwas Tolles, Großes dachte man. Schließlich hatte der Schlussmann aus eigenen Stücken erklärt, dass er seine Arbeitspapiere beim Hamburger SV nicht erneuern möchte. Es war ja absehbar, dass er keinesfalls erneut ein Jahresgehalt von knapp drei Millionen Euro angeboten bekommen würde. Mainz sorgt da nun um so mehr für Erstaunen. 1,5 Millionen Euro im Jahr, so heißt es, sind dort maximal für ihn drin – aber offenbar geht es darum gar nicht in erster Linie.

Sportlich macht die Entscheidung wohl tatsächlich Sinn. Jedenfalls für den Club, der als 15. im letzten Jahr ebenfalls in höchster Abstiegsgefahr schwebte. 55 Gegentore kassierten die Rheinhessen, nur sechs weniger als der HSV. Sie brauchen dringend einen neuen Torwart, weil der als Nachfolger von Loris Karius (Liverpool) zu Saisonbeginn für 2,5 Millionen Euro geholte Däne Jonas Lössl (28) nie überzeugen konnte und nach einigen Patzern bei den Fans nicht mehr vermittelbar ist. Auch an Jannick Huth (23), der in der Schlussphase der Spielzeit im Tor stand, gibt es Zweifel.

Am Donnerstag bestand er in Mainz die medizinische Untersuchung. Der lädierte Rücken, der Ellbogen, die Knie – alles angeblich okay. „Zwei, drei Jahre auf hohem Niveau traue ich mir noch zu“, hatte der 32 Jahre alte Adler noch in Hamburg erklärt. In dieser Zeit könnte sich der 19 Jahre alte Florian Müller weiter entwickeln und von der Erfahrung Adlers profitieren. Müller gilt in Mainz als großes Talent, mit ihm in die Saison zu starten, traut man sich jedoch nicht.

„René Adler gehört seit einem Jahrzehnt zu den prägenden Spielerpersönlichkeiten der Bundesliga. Zudem ist er seit vielen Jahren einer der leistungsstärksten Torhüter in Deutschland. Beide Faktoren machen ihn für Mainz 05 zu einem sehr spannenden Spieler“, erklärte Mainz Sportdirektor Rouwen Schröder zu dem Transfercoup.

Adler seinerseits kann davon ausgehen, dass er bei dem „Karnevalsverein“ als Stammtorwart in die Saison geht. Beim HSV wäre das nicht zwingend der Fall gewesen. Zu oft war er verletzt und Christian Mathenia hatte sich mit starken Leistungen als Herausforderer positioniert. „Der Wechsel zu Mainz 05 ist für mich der richtige Schritt zur richtigen Zeit. Die ruhige und konzentrierte Atmosphäre im Verein passt zu mir, sportlich habe ich das Gefühl, dass hier etwas Spannendes entstehen kann“, erklärte der zwölfmalige Nationaltorwart. „Die Art, wie sich Rouven Schröder und Trainer Sandro Schwarz um mich bemüht haben, hat mir sehr imponiert.“

Nach seiner Entscheidung gegen den HSV hatte er noch klar gemacht: „Ich gehe nicht mit Groll, aber mit Wehmut.“ Wie sehr er sich nach fünf Jahren mit dem Verein identifizierte, zeigte sich auch bei der Grillpartie, die er für die Mitarbeiter des Geschäftsstelle nach Saisonende schmiss. Adler ließ einen Imbisswagen vor dem Volksparkstadion auffahren, stellte Partybänke und -tische auf und bedankte sich persönlich bei den HSV-Angestellten. Eine ungewöhnliche, eine große Geste. „Auf Wiedersehen“, sagte er zu seinem Abschied auch, nicht Lebewohl. „Hamburg ist meine Heimat geworden und wird es auch nach meiner sportlichen Karriere bleiben.“ Mit Ehefrau Lilly Holunder besitzt er in Harvestehude eine feine Villa. Beide gehören zum festen Bestandteil der Hamburger Rote-Teppich-Szene – Museumsbesuche inklusive.

Der HSV hat bereits einen neuen Schlussmann gefunden. Der Zugang von U-21-Nationaltorwart Julian Pollersbeck (22) für rund 3,5 Millionen Euro vom 1. FC Kaiserslautern gilt als perfekt. Pollersbeck spielt gerade bei der EM in Polen, einen Medizincheck beim HSV konnte er noch nicht absolvieren. Mit seiner Unterschrift ist daher erst nach der Rückkehr zu rechnen.

Eintracht Braunschweigs Innenverteidiger Saulo Decarli steht offenbar vor einem Wechsel zum HSV. Dies sagte jetzt Christian Constantin, Präsident des Schweizer Erstligisten FC Sion, der selbst Interesse an Decarli hat, sich aber gegen den HSV chancenlos sieht.