Berlin. Jacob Heidtmann, Maxine Wolters und Julia Mrozinski siegen bei den Meisterschaften. Heidtmann hofft auf WM-Start.

Ein Titel bei deutschen Schwimm-Meisterschaften reicht heute längst nicht mehr zur Qualifikation für Weltmeisterschaften. Auch der Hamburger Jacob Heidtmann, der für das Swim-Team Stadtwerke Elmshorn startet, Julia Mrozinski (SGS Hamburg) und Maxine Wolters von der SG Bille mussten das jetzt leidvoll erfahren. Alle drei haben das Ticket zur WM Ende Juli in Budapest auf ihren Einzelstrecken verpasst, weil sie die strengen Normen des deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) bei den Titelkämpfen in Berlin nicht erfüllten; Heidtmann und Mrozinski, beide Meister über 400 Meter Lagen, klar, Wolters als Meisterin über 200 Meter knapp, weil für die 18-Jährige die weichere U-23-Richtzeit galt.

Julia Mrozinski (17) siegte über 400 m Lagen
Julia Mrozinski (17) siegte über 400 m Lagen © WITTERS | ValeriaWitters

Heidtmann darf als Einziger des Trios dennoch auf den Trip nach Ungarn hoffen. Obwohl die besten vier deutschen Schwimmer über 200 Meter Freistil in der Addition die interne Norm für die 4 x 200 Meter-Staffel um 0,48 Sekunden verpassten, deutete sich an, dass der Verband möglicherweise doch ein Quartett für die WM aufstellen wird. Heidtmann wurde auf dieser Strecke Vierter in 1:48,22 Minuten. „Das wäre echt cool. Damit hatte ich nicht mehr gerechnet”, sagte er nach dem Rennen. Die Bekanntgabe des WM-Teams erfolgt am heutigen Montagmittag.

Drei Sekunden von deutschem Rekord entfernt

Heidtmann, Student im dritten Semester Sozialökonomie, war aber schon vorher das Lachen nicht vergangen. „Ich habe im vergangenen Herbst nach den Sommerspielen in Rio elf Wochen Pause gemacht, habe weniger Einheiten absolviert als früher und auch noch mein Training umgestellt. Deshalb musste ich mit solch einem Ergebnis über 400 Meter Lagen rechnen”, sagte der 22-Jährige. In 4:15,87 Minuten schlug er zwar mit großem Vorsprung an, von seinem deutschen Rekord war er aber mehr als drei Sekunden entfernt. „Ich freue mich jetzt auf die Universiade im August in Taiwan, dafür hat meine Siegerzeit gereicht. Wenn es doch noch Budapest werden sollte, wäre das umso schöner”, sagte er. „Danach konzentriere ich mich aufs nächste Jahr. Ich bin voll motiviert. Das neue, härtere Krafttraining hat schon gut angeschlagen und wird sich für die Zukunft auszahlen.”

Auf dem dritten Platz über 400 Meter Lagen landete ein weiteres Hamburger Talent. Ramon Klenz (19) verpasste zwar in 4:21,59 Minuten seine Bestzeit, doch mit Bronze war er ganz zufrieden: „Auf der letzten Bahn war es richtig hart”, sagte Klenz, der gerade an der Eliteschule des Sports am Dulsberger Alten Teichweg sein Abitur baut.

Maxine Wolters ist enttäuscht

Noch eine mündliche Abiprüfung hat dort in der nächsten Woche Maxine Wolters zu absolvieren. Die sportliche Reifeprüfung in Berlin hat sie mit der Goldmedaille über 200 Meter Lagen in 2:13,57 Minuten bestanden, doch zur WM darf sie trotzdem nicht fahren. „Ich wollte mir das WM-Ticket sichern, habe mir die erforderliche Zeit auch zugetraut, aber es hat leider nicht geklappt. Ich bin enttäuscht”, sagte Wolters. „Leider bin ich noch nicht da, wo ich schon sein wollte.“ Im August beginnt sie mit einem Schwimmstipendium an der University of Texas in Austin ein Studium. In welchen Fächern sie ihren Abschluss machen will, kann sie noch nach dem Grundstudium entscheiden.

Jacob Heidtmann Schwimmen Deutschland (Elmshorn), 200m Lagen
Jacob Heidtmann Schwimmen Deutschland (Elmshorn), 200m Lagen © WITTERS | ValeriaWitters

Die Neu-Hamburgerin Julia Mrozinski (17) hatte sich dagegen von vornherein kaum Hoffnungen auf ein WM-Ticket gemacht. Ihr Sieg über 400 Meter Lagen deutete jedoch ihr großes Potenzial an. Veith Sieber, der neue Cheftrainer am Bundesstützpunkt Hamburg, will die Jugendeuropameisterin Richtung Olympia 2020 in Tokio aufbauen. Mit drei deutschen Meistertiteln feierte Sieber im ersten Jahr seiner Amtszeit gleich einen starken Einstand.

Nur zehn bis 14 WM-Teilnehmer

Die Meisterschaftsbilanz des Deutschen Schwimm-Verbandes fiel dagegen nüchterner aus. Ein Jahr nach dem Debakel bei den Olympischen Spielen in Rio, als der DSV wie schon in London 2012 ohne Medaille blieb, reist die Nationalmannschaft inklusive Staffeln nur mit zehn bis 14 Teilnehmern zur WM. Die harten Normen, die den Zeiten der Olympia-Achten in Rio entsprachen, haben lediglich drei Schwimmer erfüllt. Allerdings mit erstklassigen Leistungen: Franziska Hentke aus Magdeburg über 200 Meter Schmetterling und Philip Heintz aus Heidelberg über 200 Meter Lagen jeweils mit Weltjahresbestzeiten, die Berlinerin Lisa Graf mit einem deutschen Rekord über 200 Meter Rücken. Hinzu kommen vier Schwimmer, die unter 23 Jahre alt sind: neben den beiden Essenern Poul Zellmann (22) und Damian Wierling (21) der Magdeburger Florian Wellbrock (19) und Celine Rieder (16) von der SSG Saar Max Ritter. „Ich bin enttäuscht, dass sich nicht mehr Talente qualifiziert haben”, sagte Bundestrainer Henning Lambertz (46). Er hatte zehn bis zwölf U23-Schwimmern den Sprung zur WM zugetraut.

Eine Ausnahmeregelung könnte es für Welt- und Europameister Marco Koch (Darmstadt) geben. Mit 2:08,69 Minuten verpasste der 27-Jährige die WM-Norm über 200 Meter Brust zwar um 49 Hundertstelsekunden, doch Lambertz sagt: „Marco hat aufgrund seiner Erfolge eine Ausnahmeposition.” Der Kurzbahn-Weltrekordler selbst war weniger unzufrieden: „Die Zeit ist ja kein Schmutz. Das ist schnell! Ich werde in der nächsten Woche in Rom starten. Vielleicht geht es dann schon etwas besser.”