Hamburg. Die Hamburgerveranstalten am Wochenende im Inselpark den ersten Spieltag der German Beachsoccer League. Der Sport soll wachsen

Sie buddeln da im Sand wie zwei Schatzsucher auf einer einsamen Insel. Jussi Romppanen und Frank Olk schaufeln und zerren und zurren, bis sie endlich das erste Tor im Wilhelmsburger Strand verankert haben. Das dauert. Erst dann kann das Training beginnen. Es ist alles nicht so einfach – Beachsoccer in Hamburg ist eben auch viel Aufbauarbeit.

Aber der Projektleiter und der Co-Trainer beim HSV sind es gewohnt, Hand anzulegen, um die Sportart in dem Verein und der Stadt voranzu­treiben. „Ich möchte gerne gewisse Strukturen in Hamburg schaffen“, erzählt Romppanen, „vorher gab es nur ein paar unorganisierte Freizeitspieler. Deshalb habe ich beim HSV angefragt.“

An diesem Mittwoch bereitet sich die HSV-Mannschaft auf ihr erstes Heimspielwochenende in der German Beachsoccer League (GBSL) vor. Premiere, Tusch, Vorhang auf: Am Sonnabend geht es los auf der Hansebeach im Wilhelmsburger Inselpark nahe der Kletterhalle. Eintritt frei, Volksfest­atmosphäre mit Tribünen, Mitmachzone, Torwand und Hüpfburg. Der HSV lädt Groß und Klein zum Beachevent. „Unser Ziel ist es, den Beachsport­bereich im HSV und Hamburg auszubauen und nachhaltig zu fördern“, erklärt Sprecherin Anne Gnauk vom HSV e.­ V. das Engagement des Vereins.

Trainer Mohammad Marfavi drillt unterdessen seine Jungs. Erst mal schön Kondi und Krafttraining. Trippelschritte durch eine Strickleiter, Sprints und wieder von vorne. „Es ist viel anstrengender als Rasenfußball“, sagt Kevin Hoffmann (19), „aber es ist technisch auch viel anspruchsvoller.“ Und spektakulärer, Volley, Fallrückzieher, Seitenkicks gehören zwangsläufig zum Spiel. Der Ball muss halt hochgehalten und aus der Luft gespielt werden, auf dem Sandboden sind Passstafetten natürlich kaum möglich. Jetzt also Fallrückzieher, Coach Mohammad wirft den Ball zu, Stoppen mit der Brust und dann die „Klaus-Fischer-Gedächtnisnummer“. Wums – Tor. Das sieht großartig aus, und das mögen auch die Spieler gerne. „Der Vorteil ist ja, dass man bei einer Fallrückzieheraktion nicht attackiert werden darf“, erklärt Marco Bugla.

Der 20-Jährige spielt seit diesem Jahr beim HSV, sein Kumpel Kevin hat ihn mitgeschleppt. Beide waren auf dem Rasen bei Bergedorf 85 aktiv, wissen aber noch nicht, wo und ob sie in der kommenden Saison „klassisch“ spielen werden. „Ich bin echt vom Beachsoccer infiziert“, sagt Bugla, „ich kann mir auch vorstellen, dass ich ganz dabeibleibe.“

So ähnlich ist es auch Jussi Romppanen (44) ergangen. Der Finne hat einen A-Trainerschein, ist Sportlehrer und arbeitete lange Jahre durchaus erfolgreich als Trainer bei Hamburger Amateurvereinen. „Dann habe ich 2015 einen Fifa-Fortbildungslehrgang Beach- soccer­ gemacht und war begeistert.“

Seit den 90er-Jahren hat sich der Sport weltweit immer mehr verbreitet, in Deutschland gab es erste Turniere und Meisterschaften seit 2001. Der DFB nahm sich 2013 der Sache an, das Partnerunternehmen GBSL richtet seitdem die Liga aus, an der in diesem Jahr an vier Wochenendspieltagen elf Teams teilnehmen. Die besten vier spielen in Play-offs den Deutschen Meister aus. Der HSV ist 2016 in die Liga eingestiegen, die Liga freut sich über „große Namen“ aus dem Profifußball.

„Wir haben unsere Mannschaft mit Tryouts im Februar 2016 zusammengestellt“, erzählt Romppanen, „man muss sagen, dass in diesem Jahr das Niveau der Liga deutlich besser geworden ist.“ Platz acht belegt der HSV nach fünf von zehn Spielen. Platz vier ist noch drin. „Wir spielen nicht schlecht und finden uns immer besser zusammen“, meint Martin Streuer (34).

Die Arbeit von Trainer Mohammad Marfavi wird zunehmend sichtbar. Der Iraner ist vor gut einem Jahr aus seiner Heimat geflohen. Er war Profispieler, nahm an einer Weltmeisterschaft teil und war Co-Trainer der iranischen Nationalmannschaft. Seit Saisonbeginn betreut er das HSV-Team. „Er ist ein Glücksfall für uns“, sagt Romppanen, „ein absoluter Fachmann.“

Die Verständigung mit dem 40-Jährigen klappt mit Händen, Füßen, Deutsch und Englisch. Und Fußball versteht ohnehin jeder. „Man merkt, was er draufhat, ein Toptrainer“, lobt Streuer, der jahrelang in Mecklenburg am Strand gespielt hat, „Mo ist immer da, die deutschen Begriffe kann er auch schon, und er will echt etwas mit uns erreichen.“

Für Marvafi ist der Job beim HSV natürlich auch ein Glücksfall: „Ich bin sehr froh darüber, das ist auch eine große Chance für mich“, sagt er, „ich bin Profi, und endlich kann ich hier wieder arbeiten.“ Reich wird er dadurch nicht – wie auch kein Spieler. Reisekosten und Übernachtung übernimmt der HSV bei den auswärtigen Spieltagen, Spieler­gehälter werden nicht gezahlt, Spaß und Zusammenhalt sind die Währung.

Die HSV-Mannschaft soll jedoch zu einem Aushängeschild für Beachsoccer in ganz Hamburg werden, Freizeit und Jugendteams sollen dazukommen. „Wir wollen uns solide und nachhaltig immer weiterentwickeln“, sagt Romppanen, „wir möchten uns so an die Ligaspitze heranarbeiten.“ Und dann stehen vielleicht auch die Tore dauerhaft fest im Hamburger Sand.

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