Hamburg. Der Club an der Alster will das Tennisstadion abreißen und eine Multifunktionsarena bauen. Stadt und Bezirk unterstützen die Pläne.

Am Donnerstag stellt Wimbledonsieger Michael Stich das Teilnehmerfeld der German Open (22. bis 30. Juli) vor, das angeführt wird vom Weltranglistenzehnten Alexander Zverev, dem Lokalmatador. Das Herrentennisturnier am Rothenbaum ist eines der Höhepunkte des Hamburger Sportjahres.

Die Veranstaltung wird seit 1924 auf der Anlage zwischen Haller- und Hansastraße ausgetragen. Dass dies auch in Zukunft der Fall sein soll, darüber sind sich der Club an der Alster (CadA) als Pächter des Areals, die Stadt Hamburg und Stichs Agentur HSE als Ausrichter einig. Der Deutsche Tennis Bund (DTB), Inhaber der Turnierlizenz, säte zuletzt jedoch Zweifel und kann sich vorstellen, das Event von 2019 an meistbietend in eine andere Stadt zu vergeben.

Tennisstadion soll abgerissen werden

Für Unruhe beim Verband sorgen die Pläne des Clubs, der die Anlage in den nächsten fünf Jahren behindertengerecht um-, ausbauen und modernisieren möchte, Lärmemissionen verringern und die Verkehrsprobleme bei Veranstaltungen mit einer Tiefgarage für 800 Stellplätze verbessern will. Aus „Tennis am Rothenbaum“ soll „Sport am Rothenbaum“ werden, heißt es in dem Entwurf des Vereins.

Neben einem bundesligatauglichen Hockeyplatz für bis zu 3000 Zuschauer soll an der Ecke Rothenbaumchaussee/Hallerstraße ein Tenniscourt für 7500 Besucher entstehen, der „wirtschaftlich tragfähig wird durch zusätzlichen Nutzen“ (Alster), sprich durch weitere Veranstaltungen oder den Spielbetrieb etwa eines Basketball- oder Handballclubs.

Turnierdirektor Michael Stich:
Turnierdirektor Michael Stich: "Wichtig bei einem Neubau der Arena wären die Zuschauerkapazität und eine moderne Dachkonstruktion" © WITTERS | ValeriaWitters

Das alte Tennisstadion für 13.200 Zuschauer in der Mitte des 41.000 Quadratmeter großen Komplexes würde nach Fertigstellung der Multifunktionsarena abgerissen. Der Münchner Versicherungskonzern Allianz hat sich bereits für die nächsten 13 Jahre die Namensrechte an dem Neubau gesichert und unterstützt zudem Alsters Absichten, auf dem Gelände eine Akademie mit Appartements für Hockey- und Tennistalente zu errichten.

Stadion gehört Alster, DTB muss es instandhalten

Die Lage des Rothenbaums mitten in einem hochwertigen Wohngebiet und die Besitzverhältnisse erschweren Veränderungsprozesse. Das Gelände gehört der Stadt Hamburg, der Club an der Alster hat auf der gesamten Anlage ein Erbbaurecht bis 2049, das er bis 2079 verlängern möchte. Dazu gibt es positive Signale aus der Politik. 1988 hatte der DTB in Zeiten des Boris-Becker-Booms das Erbbaurecht von der Stadt für umgerechnet 1,7 Millionen Euro für 60 Jahre erworben, Alster in einem 14-seitigen Vertrag plus zwei Anlagen vom 14. August 1988 Nutzungsrechte eingeräumt.

Kommentar: Was für die Umbau-Pläne spricht

Als der DTB in den 2000er-Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wollte er sein Erbbaurecht in einen Pachtvertrag mit der Stadt umwandeln. Die Finanzbehörde lehnte ab. Daraufhin kaufte Alster dem DTB das Erbbaurecht für 1,15 Millionen Euro ab. In dem Kontrakt vom November 2008 sind Rechte und Pflichten beider Parteien neu geregelt.

Demnach gehört das Tennisstadion dem Club an der Alster, wie Vereinspräsident Thomas Wiedermann dem Abendblatt bestätigte. Der DTB habe das Recht zur Nutzung der Arena wie deren Räumlichkeiten, – der Verband unterhält in der Südtribüne seine Geschäftsstelle – , und die Pflicht zu deren Instandhaltung, auch des mobilen Daches. Bei Vermietungen an andere Veranstalter – wie für die Beachvolleyballturniere im vergangenen und in diesem Jahr – erhalte Alster die Einnahmen, die in Absprache mit dem DTB geteilt würden. Bei einem Umbau und dem Abriss des Stadions sieht der Tennisbund diese Regelungen in Gefahr.

DTB muss einem Abriss zustimmen

„Wir sind bereit, mit Alster partnerschaftliche Lösungen zu erörtern und sind in engem Kontakt mit den Verantwortlichen. Allerdings muss sichergestellt sein, dass der DTB weder wirtschaftlich noch organisatorisch schlechter dasteht als heute“, sagt Ulrich Klaus, der Präsident des größten Tennisverbandes der Welt. Ohne die Zustimmung des DTB werde es keinen Abriss des Stadions geben.

Die kostenfreie Nutzung der Büroräume und die Einnahmen durch Vermietungen seien essenziell für den Verband. Hamburg habe laut Klaus als Standort für die Geschäftsstelle und das wichtigste deutsche Herrenturnier weiter Priorität, jedoch müsse sich auch die Stadt bewegen. „Andere Kommunen sind bereit, deutlich mehr zu zahlen, um große Sportveranstaltungen auszurichten.“ Bisher gewährte die Stadt dem Tennisturnier 100.000 Euro Zuschuss, dieselbe Summe, die auch andere Sportveranstalter erhalten. Eine maßvolle Erhöhung scheint nicht ausgeschlossen.

Thomas Wiedermann, Präsident vom Club an der Alster:
Thomas Wiedermann, Präsident vom Club an der Alster: "Wir sind in guten Gesprächen mit dem DTB und den anderen Partnern. Wir arbeiten unvermindert an dem Gesamtprojekt" © Klaus Bodig | Klaus Bodig

Alster-Präsident Wiedermann sieht keinen Dissens mit dem DTB. Für die Geschäftsstelle stünden zwei mögliche Plätze bereit, im neuen Stadion oder in einem „belebten Schallschutz“ neben der Arena. „Wir werden dem DTB die bestehenden Quadratmeter oder die Fläche, die er nach einer Neuberechnung benötigt, bereitstellen“, sagt Wiedermann. Für die Umgestaltung der Anlage gebe es grundsätzlich eine Menge Ideen, die zunächst im Juli auf einer Versammlung den rund 4000 Clubmitgliedern vorgestellt werden sollen.

Drei Bewerber konkurrieren mit Stich um Austragung

Unberührt von den Diskussionen soll die Austragung des Herrentennisturniers der 500er-Serie bleiben. Ausrichter HSE um Turnierdirektor Stich hält noch bis 2018 die Rechte. Anschließend entscheidet der DTB über eine Neuvergabe. Der Verband hat drei Optionen: das Turnier in Hamburg halten, an einen anderen Standort umsiedeln oder die Lizenz verkaufen. Der DTB will die Turnierlandschaft in Deutschland aber stärken, Option drei scheidet daher aus.

Neben Hamburg zählt Halle (Westfalen) zur 500er-Serie, dazu gibt es 250er-Turniere in München und Stuttgart sowie Damenturniere in Nürnberg und Stuttgart. Dem DTB gehört nur die Lizenz für das 500er in Hamburg. „Wir befinden uns mit unterschiedlichen Interessenten, auch mit der HSE, in vertraulichen Gesprächen“, sagt Klaus.

Nach Abendblatt-Informationen gibt es neben der HSE drei weitere Interessenten: Dietloff von Arnim, der lange Jahre in Düsseldorf den World Team Cup verantwortete, Michael Mronz, der sich in diversen Sportarten als Eventmanager profiliert hat, und Peter-Michael Reichel, Gründer des Damentennisturniers im österreichischen Linz. Der Wille, das Turnier über 2018 hinaus in Hamburg auszutragen, sei da, es könnte im Juli oder auch als zum Masters aufgewertetes Hallenturnier im Herbst in der neuen Multifunktionsarena gespielt werden. Ende Juni will das DTB-Präsidium beschließen, welcher Bewerber den Zuschlag für einen Drei- bis Fünfjahresvertrag erhält.

Bebauungsplan könnte zum Hindernis werden

HSE-Geschäftsführer Detlef Hammer bleibt entspannt: „Wir stehen dem Club an der Alster, dem DTB und der Stadt als Gesprächspartner mit den Erfahrungen als Turnierveranstalter seit 2009 für etwaige Planungen gerne zur Verfügung.“ Hammer und Stich sind indes der Meinung, dass ein Abriss des Stadions nicht notwendig sei: „Das Stadion ist weder marode noch baufällig. Renovierungsarbeiten sind notwendig, aber man hat mitten in der Stadt eine tolle Open-Air Arena, was in einer Me­tro­pole einzigartig ist.“

DTB-Präsident Ulrich Klaus:
DTB-Präsident Ulrich Klaus: "Der DTB darf künftig weder wirtschaftlich noch organisatorisch schlechter dastehen als in der aktuellen Situation" © WITTERS | TimGroothuis

Man sei sicher, dass sich auch ein Nutzungskonzept finden würde, welches für alle Parteien einen sinnvollen Kompromiss darstellen könnte und auch für die Stadt eine nachhaltige und attraktive Lösung wäre. Gespräche mit einem möglichen Investor gab es bereits.

Größtes Hindernis für eine Umgestaltung und Aufwertung des Rothenbaums bleibt „die Verordnung über den Bebauungsplan Harvestehude 11 vom 13. Juni 2006“. Dort ist unter Paragraf 2 geregelt, dass „an maximal 22 Tagen im Jahr Sport und sonstige Großveranstaltungen zulässig“ sind. Für die Großveranstaltungen gelten zudem detaillierte Lärmschutzbestimmungen.

Barclaycard Arena besteht auf aktuellem Bebauungsplan

„Nach Kenntnis des jetzigen Planungsstandes des CadA ist eine Änderung des geltenden Bebauungsplans notwendig“, antwortete das Bezirksamt Eimsbüttel auf eine Abendblatt-Anfrage. „Sobald die Voraussetzungen aufseiten des Vorhabenträgers (Club an der Alster) gegeben sind, eine Information und Beteiligung der Mitglieder erfolgt ist und die konkreten planerischen Rahmenbedingungen mit dem Bezirksamt abgestimmt worden sind, wird das Bezirksamt das Thema im zuständigen Stadtplanungsausschuss auf die Tagesord­nung setzen und in einem ersten Schritt über die beabsichtigte Planänderung informieren.“

In diesem Zusammenhang solle auch über das Format einer umfassenden Bürgerbeteiligung, „die auch der historisch besonderen Bedeutung dieser innerstädtischen Sportanlage gerecht wird“, abgestimmt werden.

Auf politische Unterstützung darf der Club an der Alster hoffen, ist doch dem Vorhaben im städtischen Masterplan „Active City“ ein eigenes Kapitel gewidmet. Dort steht: „Die Zukunftsfähigkeit des traditionsreichen Standortes scheint gewährleistet wie die verträgliche Integration von Sportnutzungen in das städtische Umfeld im Sinne einer lebendigen Stadt der kurzen Wege. Es empfiehlt sich daher, die Planungen des Clubs unterstützend zu begleiten und gemeinsam nach einer tragfähigen Lösung für den Sport unter Berücksichtigung der Belange seitens der Anwohnerschaft und des DTB zu suchen.“

Barclaycard Arena fürchtet neue Konkurrenz

Die Betreiber der Barclaycard Arena sehen das Projekt einer neuen Multifunktionsarena dagegen skeptisch. „Im gültigen Bebauungsplan ist geregelt, welche Veranstaltungen am Rothenbaum stattfinden dürfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser einfach außer Kraft gesetzt wird“, sagt Uwe Frommhold, Vizepräsident Deutschland der Anschutz Entertainment Group, Eigentümer der Arena im Volkspark. „Sollte sich diesbezüglich eine neue Situation ergeben, würden wir selbstverständlich nachhaken. Ich sehe in Hamburg keinen Bedarf für eine weitere multifunktional nutzbare Halle.“