Hamburg. Seit März 2014 ist kein Spieler des Millerntor-Clubs mehr vom Platz gestellt worden. Sahin und Nehrig waren jetzt die häufigsten Gelbsünder

Wenn der FC St. Pauli am letzten Juli-Wochenende (28. bis 31.7.) in die neue Saison der Zweiten Liga starten wird, gilt es für die Kiezkicker, auch unter dem neuen Cheftrainer Olaf Janßen eine bemerkenswerte Serie auszubauen. Seit dem 9. März 2014 ist kein St.-Pauli-Profi in einem Punktspiel mit Gelb-Rot oder glatt Rot vom Platz gestellt worden. Als es damals Tom Trybull beim Spiel in Fürth erwischte, war noch Roland Vrabec Trainer der Braun-Weißen. Weder in den 13 Spielen unter dessen Nachfolger Thomas Meggle noch in den 85 Partien, in denen Ewald Lienen als Cheftrainer agierte, erhielt ein St.-Paulianer einen Platzverweis.

In der vor rund zweieinhalb Wochen abgelaufenen Saison blieben neben St. Pauli nur Eintracht Braunschweig und Dynamo Dresden in jedem Spiel bis zum Schlusspfiff zu elft auf dem Spielfeld. Da jedoch die Niedersachsen in der Saison 2015/16 gleich fünf Platzverweise hinnehmen mussten und Dresden seit dem Abstieg 2014 zwei Jahre lang in der Dritten Liga spielte, hält St. Pauli mit seinen mehr als drei Jahren die aktuell längste Serie in der Zweiten Liga, die es mit Beginn der neuen Saison weiter auszubauen gilt.

In den vergangenen zweieinhalb Jahren hatte diese Fairplay-Serie ihre Ursache auch in der Maßgabe des jetzt als Cheftrainer abgelösten Ewald Lienen. „Aggressivität hat für mich nichts mit Foulspiel zu tun. Wir versuchen, den ballführenden Gegner unter Druck zu setzen, um ihn an einem ruhigen Spielaufbau zu hindern und möglichst den Ball zu gewinnen. Das gelingt aber nicht, wenn ich ein Foul begehe“, sagte Lienen im Laufe der Saison zu diesem Thema und konnte dies ganz offenbar auch seinen Spielern gut vermitteln. Ein wenig scherzhaft fügte er noch an: „Unser Ziel ist es, eine gesunde Aggressivität an den Tag zu legen, aber den Gegner dabei am Leben zu lassen.“

Es spricht einiges dafür, dass sich künftig unter dem zum Cheftrainer beförderten Olaf Janßen in dieser Grundeinstellung nicht viel ändern wird. Als wendiger Mittelfeldspieler war er in seiner aktiven Zeit in puncto Fouls eher Opfer als Täter und wurde in seiner Bundesligakarriere nur ein einziges Mal vom Platz gestellt. Dazu sah er nur vergleichsweise selten die Gelbe Karte.

Auch in diesem Punkt gehörte die St.-Pauli-Mannschaft in der abgelaufenen Saison eher zu den zurückhaltenden. Genau 70-mal in den 34 Punktspielen zog der Schiedsrichter Gelb gegen einen Kiezkicker. Mit dieser Bilanz und ohne einen Platzverweis landete der FC St. Pauli denn auch mit 70 Punkten (Gelb ein Punkt, Gelb-Rot drei, Rot fünf) auf dem fünften Rang der Fairplay-Tabelle. Davor standen mit Stuttgart (58), Dresden (65), Braunschweig (66) und Heidenheim (67) ausschließlich Teams, die praktisch in der gesamten Saison im oberen Tabellendrittel angesiedelt waren.

Innenverteidiger Gonther holte sich nur eine Gelbe Karte

Von den Mannschaften, die wie der FC St. Pauli entweder bis zum Ende oder kurz vor dem Ende um den Klassenverbleib kämpfen mussten, waren die Braun-Weißen mit Abstand die Fairsten. Ein Vorbild in dieser Hinsicht – und auch in manch anderer – hat St. Pauli jetzt allerdings verloren. Der bisherige Kapitän und Innenverteidiger Sören Gonther sah in seinen 22 Einsätzen der jüngsten Saison nur eine einzige Gelbe Karte, und das im letzten Spiel beim VfL Bochum (3:1). Jetzt wechselt Gonther bekanntlich zu Dynamo Dresden. Negativbeispiel war hingegen der offensive Außenbahnspieler Cenk Sahin, der in der Saison 2016/17 gleich zehnmal Gelb sah und damit zweimal gesperrt war. Seine zum Teil rüden, von Frust geprägten Fouls in der gegnerischen Hälfte und seine Meckereien gegen den Schiedsrichter, die zu den Verwarnungen führten, waren überflüssig und damit ärgerlich.

Ebenfalls zehnmal Gelb sah der defensive Mittelfeldspieler Bernd Nehrig, der aufgrund seiner Position schon eher als Sahin in die Verlegenheit kommt, seinen Gegner zu foulen. Öfter Gelb (elfmal) als Sahin und Nehrig sah nur Braunschweigs Quirin Moll. Kann vor allem Sahin dies abstellen, hätte St. Pauli in der neuen Saison zumindest in der Fairplay-Wertung eine reelle Chance auf einen Top-drei-Platz.