Turin.

Nach der Massenpanik beim Public Viewing in Turin mit mehr als 1530 Verletzten stehen die Behörden zunehmend in der Kritik. Der Kommune wird vorgeworfen, dass Glasflaschen auf dem Platz verkauft oder mitgebracht wurden. Viele der Opfer hatten Schnittverletzungen. Zeitgleich wurde nach möglichen Verursachern der Panik gesucht. Am Sonnabend hatten bei der Übertragung des Champions-League-Finales zwischen Juventus Turin und Real Madrid vermutlich ein Geräusch und die Angst vor einem Anschlag die Menschen in die Flucht getrieben.

Ein sieben Jahre alter Junge liegt noch schwerstverletzt auf der Intensivstation. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf. „Sehr viele Verletzte haben sich an Glas geschnitten, und das hätte leicht vermieden werden können“, sagte der Gesundheitsbeauftragte der Region Piemont, Antonio Saitta. Die Kommune erklärte, es werde untersucht, ob und warum Schwarzhändler Flaschen verkauften und wer dafür verantwortlich sei. Die Ermittler prüfen auch, ob ein Knallkörper gezündet worden war und die Fußballfans danach die Flucht ergriffen. Auf dem Platz San Carlo hatten sich am Abend rund 30.000 Menschen versammelt.

Augenzeugen berichteten von Chaos und mangelnden Fluchtwegen. Die Masse sei von einer „Angstpsychose“ vor einem Terrorangriff ergriffen gewesen, heißt es in einer Mitteilung der Präfektur Turin. „Eine Paniksituation auf einem öffentlichen Platz in den Griff zu bekommen, ist besonders komplex in einem internationalen Klima der Sorge“, sagte Präfekt Renato Saccone.

Medien berichteten von umgefallenen Absperrgittern und Menschen, die „Bombe“ gerufen hätten. Fans berichteten von Planlosigkeit und versperrten Fluchtwegen. Der gesamte Platz war mit Glasscherben und Schuhen übersät. Die Kritik richtete sich auch gegen Bürgermeisterin Chiara Appendino, weil das Sicherheitskonzept mangelhaft gewesen sei. „Ich bin erschüttert von dem, was auf dem Platz San Carlo passiert ist und stehe den betroffenen Menschen nahe“, schrieb sie auf Twitter.