Hamburg. Hockey-Torwartlegende Yvonne Frank vom Uhlenhorster HC beendet nach dem Europapokal ihre Karriere.

Zeit genug, um sich vorzubereiten auf den Moment, in dem alles vorbei sein wird, hatte sie. Schließlich war der Gedanke, die Hockeykarriere zu beenden, in den vergangenen Monaten in Yvonne Frank gereift. Und doch kann die 37 Jahre alte Torhüterin des Uhlenhorster HC nicht einschätzen, was passiert, wenn sie am Pfingstwochenende beim Feld-Europapokal der Landesmeister ihr letztes Spiel absolviert haben wird. „Im Moment bin ich gar nicht so sentimental“, sagt sie, „aber ich lasse mich gern von meinen Emotionen überraschen.“

Den richtigen Moment zum Aufhören zu finden, daran scheitern viele Leistungssportler. Yvonne Frank, die 1990 beim Club Raffelberg als Stürmerin mit dem Hockey begann, aber zwei Jahre später auf die Position wechselte, die ihr zu Weltruhm verhalf, glaubt, ihn nun gefunden zu haben. „Mir fehlten zuletzt Lust und Antrieb, um mit vollem Einsatz zum Training zu gehen. Ich habe immer gesagt, dass ich aufhören würde, wenn das nicht mehr da wäre. Deshalb ist es jetzt an der Zeit“, sagt sie. Den letzten Anstoß gab Ende März ein Gespräch mit UHC-Cheftrainer Claas Henkel, der in U-21-Nationalkeeperin Noelle Rother eine adäquate Nachfolgerin gefunden hatte. „Nun haben wir mit Noelle, Jessica Kloevekorn und Helen Heitmann drei tolle, junge Torhüterinnen. Ich kann mich also guten Gewissens zurückziehen in dem Wissen, dass sich der UHC um die Torwartposition keine Sorgen machen muss“, sagt sie.

Mit 158 Länderspielen ist sie weltweit Rekordtorhüterin

Natürlich weiß auch Yvonne Frank, die mit offiziell 158 Länderspielen weltweit Rekordtorhüterin ist, dass es ganz so einfach nicht werden wird. „Yvi wird uns nicht nur sportlich fehlen, sondern auch menschlich“, sagt Henkel. Wie wichtig Frank mit ihrer ruhigen, respekteinflößenden Ausstrahlung für die defensive Stabilität ist, zeigte sich in so vielen Spielen, zuletzt im Halbfinale der Endrunde um die deutsche Feldmeisterschaft in Mannheim am vergangenen Wochenende, als sie im Penaltyschießen gegen RW Köln dreimal parierte.

Dass anschließend mit einem souveränen 2:0-Finalsieg über den Mannheimer HC der dritte Titel in Folge eingefahren wurde, war für Yvonne Frank der Höhepunkt ihrer UHC-Karriere – und ein beeindruckender Abschluss einer Entwicklung, die sie seit ihrem Wechsel aus Köln zum UHC im Sommer 2009 maßgeblich geprägt hat. „Wir haben uns von einem wilden, kindischen Hühnerhaufen zu einem sehr professionellen, ehrgeizigen und erwachsenen Team entwickelt. Ich bin stolz auf die Mentalität der Mannschaft, bei Topspielen die beste Leistung abrufen zu können“, sagt sie.

Vier nationale Feldtitel, zwei Hallenmeisterschaften und den Hallen-Europapokal hat die gebürtige Duisburgerin mit dem UHC gewonnen. Der größte persönliche Erfolg war die Nominierung als Stammtorhüterin bei den Sommerspielen 2012 in London. Dennoch habe sie aus der Erfahrung, 2008 in Peking und 2016 in Rio nur als P-Akkreditierte auf der Tribüne sitzen zu dürfen, ebenso viel gelernt. „Erfolge und Misserfolge haben gleichermaßen dazu beigetragen, dass ich der Mensch werden konnte, der ich bin“, sagt sie.

Nun wartet an Pfingsten das letzte Hurra. Im niederländischen ‘s-Hertogenbosch muss im Viertelfinale am Freitag (15.30 Uhr) der englische Meister Canterbury HC besiegt werden. Dann käme es im Halbfinale (Sa., 15 Uhr) zum Duell mit Hollands Vizemeister AH&BC Amsterdam, das Finale – voraussichtlich gegen Hollands Champion HC Den Bosch – stünde am Montag (15 Uhr) an. Das Triple wäre nicht nur der größte Erfolg der UHC-Historie, sondern auch der krönende Abschluss ihrer außergewöhnlichen Karriere. „Zwei niederländische Teams hintereinander zu schlagen, das wäre eine Sensation“, sagt Yvonne Frank, „aber wir können es schaffen.“ Sie wird sich einfach mal überraschen lassen, was kommt.