Hamburg. HSV: Einen Tag nach Adler ist auch Ostrzolek weg

Es gibt Freibier für alle. Am ersten Heimspieltag des HSV in der kommenden Saison gibt „König Pilsener“ einen aus. 1050 Liter Bier. Das teilte der HSV-Sponsor am Montagnachmittag via Facebook mit. Auf dem dazugehörigen Bild stehen vier Spieler mit einem „Köpi“ in der Hand, die beim ersten HSV-Heimspiel auch dabei sein dürften. Kapitän Gotoku Sakai, Torwart Christian Mathenia, HSV-Retter Luca Waldschmidt und Stürmer Bobby Wood, mit dem der HSV vorzeitig verlängern will. Und schließlich steht da auch noch Matthias Ostrzolek und streckt den Daumen in die Höhe.

Was der Sponsor zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, Ostrzolek aber sehr sicher schon: Der geschniegelte Blondschopf wird beim ersten Heimspiel im Volksparkstadion gar nicht dabei sein. Zumindest nicht als HSV-Spieler. Möglicherweise aber als Gast. Nur einen halben Tag nach der Freibier-Meldung verbreitete sich die Nachricht, dass Ostrzolek in der kommenden Saison für Hannover 96 spielt. Die „Bild“-Zeitung berichtete zunächst, was beide Clubs am Nachmittag offiziell bekannt gaben. Ostrzolek hat beim Aufsteiger einen Vertrag bis 2020 unterschrieben. „Ich habe eine neue sportliche Herausforderung gesucht“, sagte der 26-Jährige.

Ostrzolek wollte auf die Gespräche nicht mehr warten

Ostrzolek kam damit wie schon René Adler der sportlichen HSV-Führung zuvor, die sich für diesen Mittwoch verabredet hat, um über die Zukunft des Kaders zu sprechen. Der Club wollte abwarten, ob der Linksverteidiger möglicherweise zu geringeren Konditionen bleiben würde. Doch Ostrzolek wollte nicht warten. Sein Berater Tobias Sander informierte HSV-Sportchef Jens Todt am Dienstagmorgen über den Wechsel. Bis dahin hatte es noch kein Gespräch über eine Vertragsverlängerung gegeben. „In Hannover habe ich vom ersten Gespräch an gespürt, dass mich der Verein unbedingt verpflichten möchte“, sagte Ostrzolek.

Nach Adler ist er der zweite HSV-Profi, der unmittelbar nach dem erreichten Klassenerhalt Tschüs sagt – ablösefrei. Sein Vertrag lief ebenso aus wie der von Adler und Johan Djourou, dessen Zeit in Hamburg nach vier Jahren ebenfalls ohne offiziellen Abschied endet. Weitere Spieler sollen und werden folgen. Trainer Markus Gisdol will nach dem nervenzehrenden Abstiegskampf einen neuen Geist im Team entwickeln. „Wir brauchen eine hungrige Mannschaft“, sagte Gisdol am Sonntag im NDR. „Es geht gar nicht darum, wahnsinnig viel zu verändern. Es geht um gezielte Veränderungen, da reichen manchmal vier bis fünf Positionen.“

Für die Position des Linksverteidigers soll der HSV bereits eine Alternative im Auge haben. Zudem hat sich durch den Ostrzolek-Wechsel die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Douglas Santos in Hamburg bleibt. Gisdol hatte im Abstiegskampf zuletzt nicht mehr auf den Brasilianer gesetzt, sondern dem kämpferisch stärkeren ­Ostrzolek den Vorzug gegeben.

Allerdings steht der Name Ostrzolek beim HSV auch symbolisch für den Abstiegskampf der vergangenen drei Jahre. Nach der ersten Relegation gegen Fürth 2014 sowie der anschließenden Ausgliederung war Ostrzolek zusammen mit Spielern wie Lewis Holtby, Nicolai Müller und Valon Behrami als Hoffnungsträger nach Hamburg gekommen. Für 2,75 Millionen Euro wechselte Ostrzolek nach einer starken Saison in Augsburg an die Elbe. „HSV-Rakete Ostrzolek – Die Nationalelf ist sein Ziel“, titelte die „Hamburger Morgenpost“ am Tag nach dem Transfer in ihrem Sportteil.

Drei Jahre Abstiegskampf später ist Ostrzolek von der Nationalelf so weit entfernt wie der HSV von der Champions League. Der frühere U-21-Nationalspieler erarbeitete sich zwar einen Ruf als Musterprofi, war nie verletzt und immer da, wenn er gebraucht wurde. Die überhöhten Erwartungen konnte er aber nie erfüllen. Bei den Fans hatte er einen schweren Stand.

Beim HSV setzt sich mit dem ­Ostrzolek-Wechsel der Umbruch dagegen weiter fort. Trainer Gisdol, Sportchef Todt und Clubchef Heribert Bruchhagen wollen sich heute Vormittag zusammensetzen und die weiteren Planungen vornehmen, ehe die Mannschaft am späten Nachmittag zum Freundschaftsspiel beim TSV Büsum im Stadion am Rosengrund (19 Uhr) fährt. Anschließend übernachtet das Team in St. Peter-Ording. Am Donnerstag um 13 Uhr steht beim MTV Leck dann der Saisonausklang an.

Matthias Ostrzolek wird dann nicht mehr mit dabei sein. Der künftige Hannoveraner will am Freitag mit seiner Freundin Anne-Kathrin Ertl in den Urlaub nach Marrakesch und anschließend nach Ibiza fliegen. Seine neuen Teamkollegen hatten sich bereits am Montag nach dem Aufstieg auf eine Abschlussreise nach Mallorca verabschiedet. „Ich hoffe, dass wir nach der nächsten Saison wieder Grund haben zum Feiern und eine Tour machen“, sagte Ostrzolek am Dienstag. Dann würde es auch für ihn Freibier geben.