Hamburg. Schalke und der HSV sind die großen Enttäuschungen. Zwei Clubs, die in der Krise verschiedene Wege gehen

Sie treffen sich zum Essen. Der Vorstand des FC Schalke. Und der Vorstand des HSV. Heribert Bruchhagen wird dabei sein, der Vorstandschef der Hamburger. Schalkes Finanzvorstand Peter Peters wird dabei sein. Und vermutlich wird auch Clemens Tönnies, der mächtige Aufsichtsratschef des Revierclubs, dabei sein. Bevor an diesem Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und Abendblatt-Liveticker) in der Veltins-Arena das Spiel zwischen dem FC Schalke 04 und dem HSV angepfiffen wird, wollen die Verantwortlichen über den Zustand ihrer Clubs sprechen.

Kurz gesagt könnte man die Zustände auf Schalke und beim HSV mit einem Wort bezeichnen: schlecht. Schlechte Leistungen, schlechte Saison, schlechte Stimmung. Das Cheftreffen auf Schalke wird vor allem ein Treffen der Frustrierten. Auf der einen Seite die auf Platz zehn liegenden Schalker, die das große Ziel der Qualifikation für den Europapokal nach sechs Jahren wohl erstmals wieder verpassen werden. Auf der anderen Seite die auf Platz 16 liegenden Hamburger, die um den Verbleib in der Bundesliga zittern. Zwei Clubs, die die hohen Erwartungen mal wieder nicht erfüllen konnten. „Für Schalke geht es um viel. Auch dort ist man mit den sportlichen Ergebnissen nicht zufrieden“, sagte Bruchhagen, der frühere Schalker, vor dem Spiel in Gelsenkirchen.

Bruchhagen, seit 27 Jahren Mitglied beim FC Schalke und seit 25 Jahren Mitglied beim HSV, steht unabhängig vom Ausgang des Spiels vor einer großen Herausforderung. Der Clubchef will den Kader auf Wunsch von Trainer Markus Gisdol in der kommenden Transferperiode deutlich verändern. Gleichzeitig hat er nach Abendblatt-Informationen vom Aufsichtsrat die Vorgabe erhalten, den Spieleretat von derzeit 56 auf 48 Millionen Euro zu senken. Im Zweitligafall soll er sogar auf 24 Millionen heruntergefahren werden. Auch auf Schalke will man den Weg der finanziellen Konsolidierung gehen.

Wenn man genauer hinschaut, lassen sich auf Schalke und beim HSV einige Parallelen erkennen – und gleichzeitig doch große strukturelle Unterschiede. Besonders deutlich wurde das am Donnerstag, als der HSV die Erfüllung der Lizenzvorgaben nur dank einer Kapitalerhöhung von Investor Klaus-Michael Kühne vermelden konnte. Der Geldgeber der Hamburger hält nun 17 Prozent Anteile an der HSV Fußball AG. Ein Zustand, den man auf Schalke seit Jahren mit aller Macht zu vermeiden versucht.

Der FC Schalke 04 ist neben Mainz 05, dem SC Freiburg und Darmstadt 98 der einzige Bundesligist, der seine Fußballabteilung noch nicht in eine Kapital- oder Aktiengesellschaft ausgegliedert hat – und trotzdem regelmäßig im Europapokal spielt. Schalke legt viel Wert darauf, als eingetragener Verein unabhängig von Fremdinvestoren zu sein. Und trotzdem stellt sich nach der enttäuschenden Saison die Frage, wie sich der Verein in der kommenden Saison ausrichten will. „Schalke muss groß denken und dementsprechend agieren, nur so erreichen wir große Ziele“, sagte Trainer Markus Weinzierl.

Ein Wunschdenken, das auch die Verantwortlichen des HSV über Jahre immer wieder formulierten. In der Realität folgte immer wieder das Gegenteil. Christian Heidel, seit dieser Saison Sportvorstand auf Schalke, hat das Problem des HSV vor drei Jahren bereits in Mainz wie folgt beschrieben: „Clubs wie der HSV glauben wirklich, dass sie Spieler für 15 Millionen Euro kaufen müssen, weil das zum Glanz des Traditionsclubs und der Weltstadt passt“, sagte Heidel.

In Gelsenkirchen will der Manager einen anderen Weg gehen und eine Mannschaft aufbauen, die wieder über die Schalker „Malocherqualitäten“ verfügt. Überteuerte Stars sind bei Heidel tabu. Gleichzeitig geht er den Weg der Entschuldung weiter. In den vergangenen Jahren konnte Schalke seine Verbindlichkeiten um mehr als 100 Millionen Euro senken. 2019 sind die Schulden für das Stadion abbezahlt. Gleichzeitig verfügt der Verein mit 70 Millionen Euro über den dritthöchsten Lizenzspieleretat der Liga.

Und genau deswegen ist die Enttäuschung auf Schalke groß. Übertroffen wird sie nur beim HSV. Während die Königsblauen trotz des Rekordeinkaufs von Breel Embolo (22 Millionen Euro) immerhin noch einen Transferüberschuss von 20 Millionen Euro erwirtschafteten, liegt das Transferminus des HSV bei 39 Millionen Euro.

Hoffnungen setzen beide Clubs in ihren Nachwuchs. Während im Volkspark Anfang Juni der neue Campus für 16 Talente eröffnet wird, baut Schalke im alten Parkstadion eine neue Arena für die Nachwuchsteams. Auch darüber werden die Vorstände der beiden Clubs am Sonnabend möglicherweise sprechen. An der Enttäuschung über die aktuelle Saison werden die Gedanken an die Zukunft aber nichts ändern können. Nur eines ist sowohl beim FC Schalke 04 als auch beim HSV sicher: Der nächste Umbruch wird kommen.