Hamburg. Vor einem Jahr konnte sich die erkrankte Mona Barthel kaum bewegen, nun siegte sie beim Turnier in Prag. Erfolg auch für Zverev.

Es ist ziemlich genau ein Jahr her, als klar wurde, wie schlecht es der Tennisspielerin Mona Barthel immer noch ging. Es war der Zeitpunkt, an dem die von einer mysteriösen Virus­erkrankung geplagte 26-Jährige sich nur eins wünschte: „Ich will wieder ein normales Leben führen.“ Normal war ja nichts mehr für sie, weder in den ersten Monaten der Saison 2016 noch im April und Mai damals, als sie sich darüber freuen musste, „wieder selbst zum Einkaufen gehen zu können.“ Woran Barthel noch nicht zu denken wagte, war dies: ihre Tenniskarriere fortzusetzen.

Man muss diese Vorgeschichte kennen, um zu verstehen, wie unwahrscheinlich und bewegend die Szenerie war, die sich an diesem 6. Mai 2017 im Sparta-Club in Prag bot: Dort nämlich reckte Barthel den Siegerpokal in die Höhe, überwältigt von ihren Gefühlen. Was sie da geschafft hatte, war vielleicht höher einzustufen als mancher Grand-Slam-Sieg für einen der großen Branchenstars – ein Kraft- und Willensakt, eine Demonstration der Courage nach einem Beinahe-Karriereende. „Vergangenes Jahr war jeder Schritt eine Tortur für mich. Nach zehn Metern war ich völlig erschöpft, am Ende“, sagte Barthel, „und jetzt stehe ich hier als Gewinnerin. Das ist unfassbar.“

Barthel war nur Qualifikantin

Erst recht, weil sich die Neumünsteranerin bei dem WTA-Wettbewerb in Tschechiens Hauptstadt durch die Qualifikation ins Hauptfeld kämpfen musste, im zweiten Qualifikationsmatch gegen die Italienerin Jasmine Paolini drei Matchbälle abwehrte – und dann alle weiteren Prüfungen, oft gegen höher eingestufte Konkurrenz, meisterte. Im Endspiel lag sie mit 0:1 Sätzen im Rückstand gegen Lokalmatadorin Kristyna Pliskova, setzte aber zu einer Aufholjagd an und gewann noch 2:6, 7:5 und 6:2. Es war der vierte Turniersieg für Barthel, der erste seit drei Jahren. Aber es war vor allem der schönste, anrührendste Sieg, einer, mit dem nicht mehr zu rechnen war nach den Krankheitswirren.

Barthel, die einstmals als größte Perspektivspielerin im deutschen Frauentennis gehandelt wurde, aber oft am eigenen und öffentlichen Erwartungsdruck scheiterte, erlebt ohnehin schon eine gute Saison 2017. Es scheint, als habe die Krankheitssaga Blockaden gelöst. Barthel nimmt ihr Tennis zwar ernst, aber nicht so ernst, dass sie daran verkrampft. „Jeder Tag auf dem Court ist irgendwie ein Bonus für mich“, hatte Barthel schon zu Saisonbeginn gesagt, als sie ein ähnliches Kunststückchen produzierte. Da rückte sie als Nummer 181 der Weltrangliste bis ins Achtelfinale der Australian Open vor, scheiterte erst an der späteren Finalistin Venus Williams. Lob galt damals wie auch jetzt Coach Christopher Kas, dem ehemaligen Weltklasse-Doppelspieler: „Wir haben immer die richtigen Schwerpunkte im Training gesetzt, die optimale Arbeitsdosis gefunden“, sagt Barthel.

Erkrankung noch immer nicht aufgeklärt

Die richtige Steuerung des Lebens auf der Tennistour ist wichtig für Barthel. Sie muss sich die Kräfte gut einteilen nach der Erkrankung, die bis heute nicht aufgeklärt ist. All die Schwindel­attacken, die Müdigkeit, die Erschöpfungszustände, die Kraftlosigkeit – es gibt keine Königsdiagnose, trotz aller ärztlichen Bemühungen. „Ich bin froh, dass es vorbei ist. Ich will nicht mehr zurückblicken, es war schlimm genug“, sagt Barthel. Eine ganz normale Tennisspielerin mit ganz normalen Siegen ist sie indes nicht, diese Mona Barthel.

Zverev gewinnt ATP-Turnier in München

Den Status eines Toptalents hat nun auch Alexander Zverev endgültig abgelegt. Deutschlands derzeit bester Tennisspieler bestand die Geduldsprobe in München mit Bravour und holte seinen dritten Titel auf der ATP-Tour. Nach fast drei Stunden Wartezeit wegen Regens bezwang der 20 Jahre alte Hamburger im Finale den argentinischen Qualifikanten Guido Pella mit 6:4, 6:3 und feierte damit seinen ersten Turniersieg in Deutschland.

Alexander Zverev bejubelt seinen Finalsieg in München
Alexander Zverev bejubelt seinen Finalsieg in München © dpa | Angelika Warmuth

Nach kleinen Startschwierigkeiten drehte der neue Weltranglisten-17. am Sonntag auf und durfte sich nach 72 Minuten über 250 Punkte im Ranking, 85.945 Euro Preisgeld, einen BMW sowie eine Lederhose freuen. Zverev hatte zuvor 2016 in St. Petersburg und in diesem Jahr in Montpellier gewinnen können. Nach seiner Finalniederlage in Halle (Westfalen) 2016 konnte er nun endlich auch in Deutschland jubeln. In dieser Woche spielt er beim Mastersturnier in Madrid zum Auftakt gegen den Spanier Fernando Verdasco, sein Bruder Mischa (29) trifft auf den „Lucky Loser“ Borna Coric aus Kroatien.