Hamburg. Bayer, Augsburg, Mainz, Wolfsburg und der HSV kämpfen gegen die Relegation – und dürfen dabei Ingolstadt nicht außer Acht lassen.

Wenn man das im Fußball ohnehin konsequent umgesetzte Darwin-Prinzip „Survival of the Fittest“ noch steigern könnte, würde man schnell beim jährlichen Fußball-Überlebenskampf landen. In Zeiten, in denen die einzige Spannung im oberen Teil der Tabelle darin besteht, ob Bayern vier oder fünf Spieltage vor dem Saisonende Meister wird, setzen leidgeprüfte Fußballfans auf das darwinistische Tabellenende: Fast jedes Wochenende gibt es ein Endspiel. Augsburg gegen den HSV war so ein Finale.

Einzelkritik: Mickel verhindert ein zweites 0:8

Nach dem 0:4 bietet der kommende Spieltag masochistischen HSV-Fans sogar ein noch echteres Abstiegsendspiel gegen Mainz. Das echteste Abstiegsendspiel dürfte der HSV dann am letzten Spieltag gegen den VfL Wolfsburg haben. Zur Ästhetik des Abstiegskampfes gehört natürlich auch, am fachkundigen Stammtisch das Restprogramm, die Personallage und die Form zu debattieren. Beim großen Abstiegsüberblick gibt das Abendblatt ein paar Argumentationshilfen für Klassenerhalts-Besserwisser. Beispiel Nummer eins: Sogar Tabellenschlusslicht Darmstadt (24 Punkte, -32 Tore) hat noch theoretische Restchancen auf den Klassenerhalt.

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12. Leverkusen (36 Punkte/-6 Tore). Restprogramm: Ingolstadt (A), Köln (H), Hertha (A).

Form: Nach vier Spielen ohne Sieg heißt es: The trend is not Bayers friend. Trainer Korkut mag netter als der oft übellaunige Vorgänger Schmidt sein, soll aber die Ausstrahlung eines Schluck Wassers haben.

Personallage: Die Magie vom Ex-HSVer Hakan Calhanoglu fehlt extrem, dafür hat sich der zuvor schmerzlich vermisste Ex-Hamburger Jonathan Tah wieder fit gemeldet.

Ass im Ärmel: Fußball ist keine Mathematik? Von wegen! Bayers größter Joker sind die bisher erzielten 36 Punkte, auf die sämtliche Verfolger erst einmal kommen müssen.

Expertenmeinung: „Theoretisch gehört Bayer nach oben, praktisch spielt Leverkusen wie einer von ganz unten. Am Ende setzt sich der Fußballrealismus knapp durch“, sagt Philipp Selldorf von der „Süddeutschen Zeitung“.

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13. Augsburg (35/-16). Restprogramm: Gladbach (A), Dortmund (H), Hoffenheim (A).

Form: Augsburgs Konstanz ist die Inkonstanz. Ein starkes Spiel gegen Hamburg, ein schwaches Spiel in Frankfurt, eine So-lala-Partie gegen Köln.

Personallage: Volle Kapelle. Mit Ja-Cheol Koo (Innenbandverletzung) fehlt im Endspurt lediglich ein Leistungsträger. Und: Mit dem doppelten Torschützen Halil Altintop scheint Augsburg einen qualifizierten Ersatz gefunden zu haben.

Ass im Ärmel: Die Psychologie. Augsburg galt genauso als gerettet wie als hoffnungsloser Fall. Das Motto der Marketingabteilung „Augsburg hält zusammen“ findet nun Geltung.

Expertenmeinung: „Nach dem 4:0-Erfolg gegen den HSV hat Augsburg nun das, was vorher vermisst wurde: eine reale Chance. Das Restprogramm hat es aber noch immer in sich“, sagt Maik Rosner (freier Journalist aus Augsburg).

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14. Mainz 05 (33/-11). Restprogramm: HSV (A), Frankfurt (H), Köln (A)

Form: Es sind 43,6 Kilometer zwischen Frankfurt und Mainz – doch irgend ein Geheimnis muss sich dazwischen verbergen: Frankfurt ist die schlechteste, Mainz die zweitschlechteste Rückrundenmannschaft.

Personallage: Entspannt. Kein Leistungsträger ist langzeitverletzt, zudem kehrt rechtzeitig zum Abstiegsgipfel in Hamburg auch Uwe-Enkel Levin Öztunali mit ausgeheiltem Oberschenkel in den Kader zurück.

Ass im Ärmel: Eine Statistik. Kaum zu glauben, aber die Määnzer sind neben den Bayern die einzigen, die seit ihrem Wiederaufstieg 2009 keinmal auf einem Abstiegsplatz übernachteten. Das soll so bleiben.

Expertenmeinung: „Mit Hängen und Würgen rettet Mainz die Klasse – genau wie der HSV. Wolfsburg wird 16.“, sagt Jan-Christian Müller von der „Frankfurter Rundschau“.

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15. VfL Wolfsburg (33/-19). Restprogramm: Frankfurt (A), Gladbach (H), HSV (A).

Form: Die Wölfe haben vier der letzten fünf Spiele verloren. Umso erstaunlicher ist die Selbsteinschätzung der Verantwortlichen, die einen Formanstieg beobachtet haben wollen.

Personallage: Trainer Jonker muss möglicherweise nicht nur gegen Frankfurt auf den Gelb-Rot-Rüpel Luiz Gustavo verzichten. Nach dem Rumpelstilzchenauftritt des Brasilianers im Anschluss an seine Ampelkarte befürchten viele Wolfsburger eine drakonische DFL-Strafe. Auch der Ex-Hamburger Jeffrey Bruma fehlt.

Ass im Ärmel: Vorsicht, ernst gemeint: Wolfsburgs Fans. Die (wenigen, aber treuen) Anhänger stehen hinter dem Team.

Expertenmeinung: „Nur wenn der VfL das Abstiegsfinale in Hamburg verhindert, müssen die Wölfe nicht in die Relegation“, sagt Leonard Hartmann („Wolfsburger Nachrichten“).

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16. HSV (33/-29). Restprogramm: Mainz (H), Schalke (A), Wolfsburg (H).

Form: Was soll man nach drei Pleiten, von denen eine schlimmer als die andere war, schon sagen? Vielleicht das, was Trainer Markus Gisdol nach dem Debakel in Augsburg sagte: „Ich wusste immer, dass eine kleine Delle kommen würde.“

Personallage: Torhüter Nummer zwei (Mathenia) dürfte am Wochenende wieder dabei sein, Torhüter Nummer eins (Adler) hofft auf die Woche danach. Die anderen Verletzten (Müller und Ekdal) dürften sich frühestens in der Relegation wieder zurückmelden.

Ass im Ärmel: Der Fußballgott hatte bereits in den vergangenen Jahren eine HSV-Dauerkarte – und anders als manch ein Fan soll er diese auch nicht zerschnitten haben.

Expertenmeinung: „Der HSV bleibt drin!“ Sagt wer? Sagen wir. Warum? Darum! Viel mehr Gründe fallen uns nicht ein.

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17. FC Ingolstadt (29/-21). Restprogramm: Leverkusen (H), Freiburg (A), Schalke (H).

Form: Erst drei Siege in Folge, dann drei sieglose Spiele hintereinander. Nur wenn jetzt wieder drei Siege folgen, hat der Vorletzte wohl noch eine echte Chance auf Rang 16.

Personallage: Alfredo Morales und Roger fehlen gesperrt gegen Leverkusen, Moritz Hartmann fehlt mit einem Faserriss für den Rest der Saison.

Ass im Ärmel: Gibt es nicht. Aber wer Poker spielt, der weiß, dass auch ein Fullhouse ganz ohne Ass ein verdammt gutes Blatt sein kann.

Expertenmeinung: „In einer guten und gerechten Welt würde Ingolstadts Aufwand und Kampfesmut am Ende belohnt werden. Aber die Bundesliga ist keine gerechte Welt – und deswegen werden Ingolstadt und Darmstadt trotz aller Anstrengungen direkt absteigen“, sagt Christof Kneer von der „Süddeutschen Zeitung“.

Matz ab nach dem HSV-Debakel gegen Augsburg:

Matz ab nach dem HSV-Debakel gegen Augsburg

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