Die einzige Frage, die nach dem Schwergewichts-Megakampf im Wem­bley-Stadion unbeantwortet blieb, war die nach der sportlichen Zukunft von Wladimir Klitschko. Und natürlich ist der Impuls verständlich, den vertraglich festgelegten Rückkampf sehen zu wollen. Jede Arena auf dieser Welt damit ein zweites Mal auszuverkaufen dürfte nach dem Spektakel von London ein Leichtes sein. Dennoch darf Klitschko mit etwas emotionalem Abstand guten Gewissens seine Karriere beenden. Seinen Kritikern hat er mit dem Auftritt gegen Anthony Joshua bewiesen, dass er aggressiv boxen, schwere Treffer überstehen und auch im Alter von 41 Jahren noch Höchstleistung bringen kann. Es war im 69. Profikampf zwar seine fünfte Niederlage, aber zum ersten Mal hat er gegen einen Boxer verloren, der nicht nur an einem Abend besser war als er selbst, sondern der wirklich eine größere Klasse hat. Gegen Joshua hat es für Klitschko in Bestform nicht gereicht. Das macht den Briten zum würdigen Nachfolger.

Einen der anderen Weltmeister, Joseph Parker (Neuseeland/WBO) oder Deontay Wilder (USA/WBC), herauszufordern, das könnte Klitschko zwar tatsächlich noch einmal einen WM-Titel bringen. Doch sein Anspruch ist, der Beste der Welt zu sein. Dazu müsste er Joshua schlagen. Die Erkenntnis, das nicht mehr schaffen zu können, ist dem Doktor der Sportwissenschaften durchaus zuzutrauen. Deshalb sollte er in Würde abtreten, sodass die Fans ihn als den in Erinnerung behalten können, der er ist: Ein großer Champion, der für seinen Sport eine Menge geleistet hat – und anerkennt, dass es einen gibt, der es verdient, seine Nachfolge anzutreten.

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