Ingolstadt. Werder Bremen macht nicht nur den Klassenerhalt perfekt, sondern darf sogar vom Europacup träumen

So viel konnte Max Kruse an dem besonderen Tag ja verraten: Die Geschichte vom Nutella-Brötchen stimme. Sich die kalorienhaltige Masse morgens einzuverleiben, hat schon anderen Leistungssportlern nicht geschadet. Und irgendeinen Grund muss es ja haben, dass da einer in kräftiger Statur sich mit heißem Herzen und kühlem Kopf zum Mann des Spieltags aufschwang. Der gebürtige Reinbeker schnürte mit einem Foulelfmeter (45.+1) und einem Hattrick (81., 87. und 90.+4) einen Viererpack, dass der SV Werder nach dem 4:2 (1:1) beim FC Ingolstadt auf Wolke sieben durch die Liga schwebt – und plötzlich auf Platz sieben steht. Der letzte Bremer Profi, dem so viele Treffer glückten, war der Hamburger Frank Neubarth. Vor mehr als 31 Jahren auf einem knüppelhart gefrorenen Platz im Weserstadion bei einem vogelwilden 7:3 gegen Fortuna Düsseldorf.

„Ein Verdienst der ganzen Mannschaft und des gesamten Vereins“, sagte der Matchwinner artig. Er könne in diesem Umfeld eben seine Leistung abrufen. Kruse ist instinktsicher zum Leader an der Weser aufgestiegen, der mit 17 Scorerpunkten (13 Tore, vier Vorlagen) einen Abstiegskandidaten in einen Europapokalanwärter verwandelt hat. Sogar Trainer Alexander Nouri hob ausnahmsweise einen einzelnen hervor, den er ins Laufen gebracht hat, in dem Kruse den Part als Allesmacher in vorderer Linie besetzt.

Bestätigt darf sich auch Frank Baumann fühlen: Werders Geschäftsführer hatte einen erheblichen Teil des Geldes, das vergangenen Sommer durch die Verkäufe von Jannik Vestergaard und Anthony Ujah hereinkam, mal gleich in Ablöse und Gehalt für einen Profi umgeleitet, der nach seinen privaten Eskapaden beim VfL Wolfsburg als schwer erziehbar galt. Und da der Angreifer seit knapp vier Wochen 29 Jahre alt ist, steckte in einem dem Vernehmen nach üppig honorierten Vierjahresvertrag nicht nur einiges an Vertrauen, sondern auch an Risiko. Spätestens jetzt darf Baumann sagen: Es hat sich gelohnt. Die Nummer zehn, die bereits im Nordderby gegen den HSV sich als Gestalter, Antreiber und Torschütze in Personalunion hervortat, ist genau jener Akteur, den die Grün-Weißen brauchen, um auch eher farblose Partien zu einem schillernden Ende zu führen.

Der auch respektabel gegen den Ball arbeitende Kruse hat in Bremen zur Verfassung wie einst in Freiburg oder Gladbach zurückgefunden. „Max wollte nie ins Ausland flüchten, sondern sich hier weiter beweisen“, sagt Baumann. Mit der Rückkehr auf die internationale Bühne würde Werder die Sehnsüchte einer ganzen Region bedienen. „Wir tun gut daran, nur von Spiel zu Spiel zu denken“, sagte Kruse zu den Europapokalträumen, „der Erfolg fliegt uns definitiv nicht zu.“ Genauso defensiv verhält sich der Offensivspieler beim Thema Nationalmannschaft, das zwangsläufig an ihn herangetragen wird.

Dass Max Kruse für den DFB spielt, ist unwahrscheinlich

Diese Fragen müsse man dem Bundestrainer stellen, erklärte Kruse. Der Spieler liefere Woche für Woche viele Argumente, ergänzte Nouri, „über die Qualitäten von Max brauchen wir nicht zu reden.“ Joachim Löw hat die Causa noch nicht kommentiert, und auch wenn seine Assistenten Thomas Schneider und Miroslav Klose einen Abstecher in den Sportpark nach Ingolstadt unternahmen, ist kaum von einem Umdenken auszugehen. Wer einmal Löws Rückendeckung missbraucht, kommt – wie Fall Kevin Kuranyi zeigte – in der Regel nicht wieder.

Und ob beiden Seiten mit einer Nominierung für den Confed-Cup geholfen wäre, steht infrage. Der Mannschaft hilft ein Akteur kaum weiter, der für die WM 2018 in Russland kaum eine Perspektive besäße; der Spieler wiederum müsste neben seinem Sommerurlaub wohl auch auf seine geliebten Nutella-Brötchen verzichten.