Hamburg. Der FC St. Pauli verlässt mit dem 1:0 gegen Würzburg die Abstiegsplätze

Siege können bisweilen sehr schmerzhaft sein – diese Erfahrung machten am Ostersonntag gleich mehrere St. Paulianer beim hart erkämpften 1:0-Heimsieg gegen die Würzburger Kickers. So spürte sogar Präsident Oke Göttlich an der Außenseite seiner rechten Hand nach dem Spiel erhebliche Schmerzen. „Ich muss bei meinem Jubel über unser Tor gegen irgendetwas geschlagen haben. Ich weiß nicht, was es war, aber es tut ganz schön weh“, berichtete der Vereinschef.

Erheblich folgenschwerer für das nächste Spiel könnte sich allerdings die Schulterverletzung erweisen, die sich der wieder einmal defensiv fast unüberwindliche Innenverteidiger Lasse Sobiech zugezogen hatte. „Er kann den Arm nicht nach oben bewegen. Würzburgs Stürmer Marco Königs ist mit dem Kopf in seine Schulter reingerauscht“, berichtete St. Paulis Trainer Ewald Lienen. Beim Anziehen der Trainingsjacke brauchte Sobiech, der sein 100. Zweitligaspiel für St. Pauli bestritt, Hilfe und spürte dabei starke Schmerzen. Die erste ärztliche Diagnose ergab einen Bluterguss in der Kapsel der rechten Schulter. Sobiechs Einsatz am kommenden Freitag im Auswärtsmatch bei Fortuna Düsseldorf ist somit zumindest sehr fraglich.

Eine starke Prellung hatte auch Sobiechs Verteidigerkollege Philipp Zier­eis davongetragen, als er kaum zehn Sekunden (!) nach dem Anpfiff von Gegenspieler Nejmeddin Daghfous das Knie in den Oberschenkel gerammt bekam und an der Seitenlinie behandelt werden musste.

Den entscheidenden Wirkungs­treffer in einem kampfbetonten, von Nickeligkeiten geprägten Spiel aber landete Christopher Buchtmann auf rein sportliche Weise. Mit seinem gezielten Linksschuss ins Würzburger Tor beendete St. Paulis zentraler Mittelfeldspieler gleich zwei Negativserien. Dieses Tor zum 1:0 rund drei Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit war St. Paulis erster Treffer im eigenen Stadion seit dem 1:2-Anschlusstor gegen Union Berlin am 10. März. Dazwischen lagen quälende 274 torlose Minuten. Zudem sorgte Buchtmanns Treffer für den ersten Heimsieg seit dem 5:0 gegen Karlsruhe am 27. Februar und auch den erst vierten Heimerfolg in der laufenden Saison.

Welchen Wert St. Paulis Sieg am Ostersonntag hat, zeigt allein ein Blick auf die Tabelle. Das Team, das vorher auf Rang 17 stand, belegt nun wieder einen Platz, der am Saisonende den Klassenverbleib bedeuten würde. „Es ist ein großer Sprung nach oben, aber wir haben noch nichts erreicht. In Düsseldorf kann es auch wieder nach unten gehen“, warnte St. Paulis Torjäger Aziz Bouhaddouz, der sich dieses Mal an seinen Gegenspielern aufrieb, zum siebten Mal Gelb sah, aber immerhin vor dem 1:0 den Pass auf Torschütze Buchtmann spielte. „Die Gegenspieler stellen sich auf mich ein. Da ist es gut, wenn auch ein anderer trifft“, sagte der zwölfma­lige Torschütze. „Buchti übt diese Schüsse oft im Training. Es freut mich, dass es jetzt im Spiel geklappt hat.“

Am rechten Strafraumeck hatte Buchtmann den Ball angenommen, einen Haken nach innen geschlagen und mit dem linken Fuß flach ins kurze Tor­eck geschossen. Bei TV-Sender Sky wurde der 24-Jährige deshalb auch schon als „Mini-Robben“ gefeiert. Es war sein vierter Saisontreffer, nachdem er in den vier Spielzeiten zuvor insgesamt nur zweimal ins gegnerische Tor getroffen hatte. „Ich habe im Februar in Bielefeld ein ähnliches Tor gemacht. Es ist oft so, dass der Verteidiger einen Schritt macht und ich durch die Beine schießen kann. Das sieht glücklich aus, ist aber so gewollt“, sagte Buchtmann.

Der Mittelfeldspieler führte zudem gewohnt einsatzfreudig seine Zweikämpfe und hielt sich auch verbal nicht zurück. „Ich lasse mir nicht die Butter vom Brot nehmen und muss auch mal dazwischengehen“, sagte er, nachdem es ihm trotz allem gelungen war, keine Gelbe Karte zu erhalten. Die nächste Verwarnung wäre die fünfte und hätte eine Sperre von einem Spiel zur Folge.

Das späte Siegtor übertünchte die vor allem in der ersten Halbzeit mäßige, ideenarme und verkrampfte Vorstellung der St. Paulianer. Zur Pause riefen einige Fans denn auch „aufwachen“. „Die erste Halbzeit war zäh. Man merkte, dass es um viel geht und beide Mannschaften keinen Fehler machen wollten“, sagte Kapitän Sören Gonther dazu. „Es war bescheiden, was wir da gemacht haben“, befand Trainer Ewald Lienen.

„Wir waren fahrig, haben das in der Pause angesprochen und es in der zweiten Halbzeit besser gemacht“, sagte Gonther. Wobei ein Stromausfall die Kabinenansprache erschwerte. „Zwischendurch wurde es ganz dunkel“, erzählte der Kapitän.

Ein gewisser Lerneffekt trug dann auch zum späten Siegtor bei. „Wir sind diesmal geduldig geblieben und haben den Gegner viel laufen lassen. So hätten wir auch gegen Sandhausen gewinnen können“, sagte Bouhaddouz. „Da haben wir noch frühzeitig hohe Bälle in den Strafraum geschlagen. Das ist Verzweiflung“, sagte auch Trainer Lienen, der die für die aktuell enge Tabellensituation mit acht gefährdeten Teams vor dem abgeschlagenen Schlusslicht Karlsruhe nur ein Wort fand: „Wahnsinn.“