Hamburg. Kapitän Gotoku Sakai eröffnet dem HSV neue Vermarktungswege. Der Club startet jetzt einen japanischen Twitter-Kanal

Wäre Gotoku Sakai nicht Fußballprofi geworden, er hätte auch ein guter Multimedia-Reporter werden können. Als HSV-Hauptsponsor Emirates am Dienstagmittag am Hamburger Flughafen die Boeing 777-300ER im neuen Design des Bundesligisten präsentierte, war der Japaner auf allen Social-MediaKanälen zu beobachten. Ein Selfie für Twitter, eine Grußbotschaft auf Facebook und schließlich noch ein Live-Video auf Instagram. Auf allen Plattformen verfolgten Tausende Menschen aus seinem Heimatland die Nachrichten.

Der HSV-Kapitän schmückt seit Dienstag zusammen mit seinen Kollegen Bobby Wood, Filip Kostic, Nicolai Müller und Michael Gregoritsch die Emi­rates-Maschine, die künftig über Dubai auch in die japanischen Metropolen Tokio und Osaka fliegt. „Das macht mich natürlich stolz“, sagte Sakai und ergänzte mit einem Augenzwinkern: „Vielleicht werde ich in Japan noch bekannter.“

Sakai ist ein bescheidener und höflicher Mensch. Natürlich weiß der Nationalspieler, dass er in seiner Heimat bereits richtig bekannt ist. Insbesondere seit ihn HSV-Trainer Markus Gisdol im November zum ersten japanischen Kapitän der Bundesligageschichte gemacht hat. Bis zu zehn japanische Reporter besuchen in der Regel die HSV-Spiele und tummeln sich anschließend um den Hamburger Spielführer. „Das Interesse ist immer sehr groß“, sagt Sakai.

Nun will auch der HSV von dieser Verbindung nach Japan stärker profitieren und die Vermarktungsmöglichkeiten in Ostasien erweitern. Dafür hat der Club am Dienstagnachmittag als fünfter Bundesligist einen eigenen Twitter-Kanal in japanischer Sprache auf den Markt gebracht. Damit will der HSV die Aufmerksamkeit in Japan weiter steigern. „Seit Go unser Kapitän ist, hat der HSV in Japan einen noch größeren Stellenwert bekommen“, sagt Anne Graber, Social-Media-Verantwortliche des HSV.

Vor vier Wochen hatte der Club zu Sakais 26. Geburtstag erstmals auf Japanisch getwittert. Es war einer der meistgeteilten Einträge des HSV überhaupt. „Die Resonanz auf unsere Testläufe war riesig“, sagt Graber. Erst vor einer Woche hatte der HSV als drittletzter Bundesligist einen Twitter-Kanal auf Englisch gestartet. Bis dahin gab es kein Budget für das Projekt. Nun hat der HSV dafür die Münchner Agentur MMC Sport beauftragt. Auch der FC Bayern, Schalke 04 und Borussia Mönchengladbach arbeiten mit der Agentur zusammen. „Wir wollen mit den neuen Kanälen eine Nähe zu unseren Fans schaffen, die eine andere Sprache sprechen. Wir stellen immer wieder fest, dass der HSV weltweit eine große Reichweite hat“, sagt Graber, die sich um die deutschsprachigen Inhalte kümmert.

Insbesondere auf dem japanischen Markt will sich der HSV mit der neuen Strategie positionieren. Ein Vorstoß, der von der Deutschen Fußball Liga mit Freude zur Kenntnis genommen wurde. „Japan ist für die Bundesliga ein wichtiger Markt. Der Fußball ist dort eine der Kernsportarten und die Bundesliga sehr populär“, sagte Jörg Daubitzer, Geschäftsführer der DFL Sports Enterprises, dem Abendblatt. Die DFL-Tochter ist für die Auslandsvermarktung der Bundesliga verantwortlich.

An Japan schätzt die DFL vor allem die mediale Reichweite. Tageszeitungen wie „Yomiuri Shimbun“ oder „Asahi Shimbun“ verkaufen täglich rund zehn Millionen Exemplare. „Japan hat einen ausgereiften Medienmarkt mit einer großen Wirtschaftskraft, der sich insbesondere durch Innovationskraft und Digitalisierung auszeichnet“, sagt Daubitzer. Diese Kraft will der HSV nutzen.

Borussia Dortmund ist seit dem Transfer von Shinji Kagawa im Jahr 2012 auf dem japanischen Markt die Nummer eins. Doch auch der HSV hat gute Chancen, sich zu profilieren. „Der BVB ist Marktführer unter den Bundesligaclubs, aber der Markt bietet genug Platz für weitere Clubs“, sagt DFL-Enterprises-Chef Daubitzer. „Vor diesem Hintergrund ist der Vorstoß des HSV sehr gut und hilft der Bundesliga insgesamt. Der HSV zählt nicht nur in Japan, sondern weltweit zu den Bundesligisten mit der größten Markenbekanntheit.“

Die Hamburger erweitern mit der neuen Social-Media-Strategie ihre guten Verbindungen nach Japan. Im Juli 2015 ging der HSV eine Kooperation ein mit dem ehemaligen japanischen Meister Kashiwa Reysol. Im Zuge des Transfers von U-21-Stürmer Tatsuya Ito (19) zum HSV vereinbarte der Bundesligist mit dem japanischen Erstligisten eine Zusammenarbeit. So können die Japaner jederzeit in Hamburg vom Know-how des HSV im Rahmen von Seminaren oder Vorträgen profitieren.

Auch HSV-Sportchef Jens Todt pflegt nach Japan gute Verbindungen. Vor einigen Jahren flog er für mehrere Wochen zu seinen ehemaligen Trainern Volker Finke und Karsten Neitzel, die bei den Urawa Red Diamonds arbeiteten. Seitdem reist Todt fast jährlich nach Japan und pflegt sein Netzwerk. Zum VfL Bochum holte er einst Takashi Inui, beim Karlsruher SC war Hiroki Yamada einer seiner besten Transfers. „Japaner haben eine gute fußballerische Ausbildung und eine gute Mentalität. Sie sind lernbereit und passen sich schnell an“, sagt Todt, der den Markt von Vertrauenspersonen beobachten lässt.

Es wäre keine Überraschung, wenn neben Gotoku Sakai künftig noch weitere Japaner den Weg nach Hamburg finden. Die Vermarktung in seiner Heimat hat der HSV-Kapitän am Dienstag in jedem Fall höchstpersönlich vorangetrieben. „Erhaltet alle Informationen zum HSV auf Japanisch“, sagte Sakai in einer Videobotschaft auf dem neuen Twitterkanal und demonstriert, dass er auch ein guter PR-Manager hätte werden können.