Shanghai. Vor dem Formel-1-Rennen in Shanghai rechnet der deutsche Ferrari-Pilot nach starkem Saisonstart mit einer Mercedes-Reaktion

So ist das jetzt also in dieser neuen Formel 1: Es gibt eine neue Rivalität nach dem Auftaktsieg von Ferrari über Mercedes, aber keiner will Favorit sein. Lewis Hamilton, in Melbourne geschlagen, lebt lieber die Verfolgerrolle. Sebastian Vettel, der Ferrari von einem anderthalb Jahre andauernden Fluch erlöst hatte, schiebt für den Großen Preis von China am Sonntag (8 Uhr MESZ) aber die Silberpfeile in die verbale Pole-Position: „Mein Sieg hat nicht viel zu bedeuten. Es gibt keine Garantie, dass es so weitergeht. Mercedes muss immer noch der Favorit sein.“

Das zweite Saisonrennen steht jedoch unter keinem guten Stern. Dichter Nebel und Smog über Shanghai hatten am Freitag zur Absage des zweiten Trainings geführt. Zwischenzeitlich wurde eine Rennverlegung auf Sonnabend diskutiert, weil der Rettungshubschrauber bei stark eingeschränkter Sicht im Notfall nicht beim nahe gelegenen Krankenhaus hätte landen können. Dies ist aber eine Voraussetzung, damit die Autos den Kurs befahren dürfen. Am Rennsonntag, an dem dann festgehalten wurde, soll das Wetter ein wenig besser sein, da Wind erwartet wird.

Der Shanghai International Circuit hat eine andere Charakteristik als der Albert Park in Melbourne, deshalb wird es zu einer ersten tragfähigen Antwort kommen, ob die Formel 1 aufgrund des neuen Reglements eine Wachablösung erlebt. Die mit 1,3 Kilometern längste Gerade der Welt wird auch zeigen, ob das Sechszylinder-Aggregat aus Maranello mit dem Mercedes-Antriebsstrang gleichgezogen hat. Zumindest hat Ferrari nach der Öffnung der eingefrorenen Entwicklungsrichtlinien den größten Sprung der Rivalen gemacht. Renault kommt etwas langsamer in die Gänge, Honda bisher gar nicht. Die letzten drei Rennen in China gingen an Mercedes.

„Wir haben ein starkes Paket, aber wir wissen auch, dass es viel zu tun gibt, um mit ihnen mitzuhalten“, sagt Vettel. Immerhin kommt der ausgeprägte Heppenheimer Ehrgeiz durch: „Wir müssen bestätigen, wie gut das Auto ist. Aber den Trend wollen wir schon aufrechterhalten.“ Er selbst feierte 2009 in Shanghai seinen ersten Sieg für Red Bull, Hamilton verpatzte im McLaren seine erste Titelchance im Kies der Boxen­einfahrt. Der dreifache Weltmeister frohlockt über das Kräftemessen mit seinem deutschen Widersacher: „Wir sind endlich an einem Punkt angelangt, an dem wir einen echten Wettkampf haben können. Es wird eine sehr, sehr harte Schinderei in dieser Saison.“

Die Richtung bei Ferrari scheint für Vettel zu stimmen: „Das Team hat sich entwickelt. Wir haben mehr Selbstvertrauen in unsere Arbeit und die einzelnen Prozesse.“ Das habe sich bei seiner Simulatorarbeit vor dem Rennen bestätigt, ergänzte er: „Ich habe in Maranello in viele glückliche Gesichter geschaut. Die Jungs sind noch motivierter und engagierter. Genau das brauchen wir.“

In der Teamleistung sieht auch Mercedes-Sportchef Christian „Toto“ Wolff die Chance, die momentan verlorene Dominanz der vergangenen drei Jahre zurückzugewinnen. Seine Einschätzung ist eine Warnung: „Es gibt viele Bereiche, in denen wir uns steigern müssen.“ Das Auto soll etwas zu schwer sein, das könnte die jüngsten Reifenprobleme mit verursacht haben.