Hamburg. In 13 von 27 Spielen blieben die Kiezkicker ohne eigenen Treffer. Lienen: „Es fehlen zehn bis 15 Prozent“

Mit großer Freude zählten die Anhänger des FC St. Pauli in der vergangenen Zweitligasaison die Spiele, in denen am Ende die Null stand. Am Ende der Spielzeit kamen sie auf die stolze Zahl von 16. So oft blieb das Team ohne Gegentreffer, Keeper Robin Himmelmann gewann damit die ligaweite Wertung „weiße Weste“. Auch in dieser Saison erreicht die Zahl der Spiele, bei denen im Endergebnis eine Null steht, einen sehr hohen Wert – allerdings auf der falschen Seite.

Das 0:0 der St. Paulianer am Dienstagabend gegen den SV Sandhausen war insgesamt bereits das 13. Match, in dem das Team von Trainer Ewald Lienen ohne eigenen Torerfolg blieb. Zuletzt waren es sogar schon wieder drei Partien in Folge. Gegen Sandhausen kam noch hinzu, dass der Gegner von der elften Minute an in Unterzahl spielen musste. Doch auch dies konnten die Braun-Weißen nicht zu einem Treffer nutzen und blieben damit zwangsläufig im vierten Spiel in Folge sieglos. „Es hat beim Torabschluss immer ein kleines bisschen gefehlt, gestern waren es in manchen Situationen zehn bis 15 Prozent“, sagte Lienen mit einem knappen Tag Abstand. Eine bittere Erkenntnis, gerade wenn man bedenkt, um wie viel es für St. Pauli, das seit Mittwoch wieder Tabellen-17. ist, gerade geht.

„Wir haben einfach den Ball nicht mit der letzten Konsequenz auf das Tor bekommen. Das war ein Tick zu wenig, um das Spiel entscheiden zu können“, beschrieb Innenverteidiger Lasse Sobiech das Geschehen. „Meinen Kopfball kurz vor Schluss hätte ich auch besser platzieren müssen.

Die Torarmut, die mangelnde Gefährlichkeit vor dem gegnerischen Tor, zieht sich – unterbrochen durch wenige Ausnahmen – durch die gesamte aktuelle Saison und ist der entscheidende Grund für die akute Abstiegsgefahr, in der das Team noch immer und nun sogar wieder stärker als vor vier Spiel­tagen steckt. Nach 27 Spieltagen hat St. Pauli erst 24 Treffer erzielt, das ist der drittschlechteste Wert der Liga und entspricht einer Quote von 0,89 Toren pro Spiel. Zieht man das sagenhafte 5:0 gegen den Karlsruher SC Ende Februar ab, bleiben 19 Tore in 26 Spielen, also höchstmagere 0,73 Treffer pro Partie.

Die Zeit ist knapp, um für die verbleibenden sieben Spiele sowie die beiden möglichen Abstiegs-Relegationspartien eine entscheidende Steigerung herbeizuführen. „Es ist nicht in zwei, drei Sätzen zu erklären, welche Hebel bewegt werden müssen“, sagte Lienen am Freitag dazu. „Wir müssen mit letzter Entschlossenheit auf das Tor ausgehen. Wir hatten gegen Sandhausen Phasen, in denen wir mehr hätten machen können.“. Dazu habe es an der Qualität der Flanken gemangelt. Viel zu häufig waren die Bälle aus dem Halbfeld nur in den Strafraum gechippt worden und somit eine leichte Beute für die großen Innenverteidiger und den Torwart.

„Wir müssen den Finger in die Wunde legen, aber dies gezielt. Es ist ja nicht alles schlecht, was wir gemacht haben, deshalb dürfen wir uns nicht in die Steinzeit reden“, sagte Lienen am Mittwoch. Aus diesen Worten ist sein Dilemma zu erkennen. Lienen und sein Team haben die schwierige Aufgabe, einerseits die Schwächen der eigenen Mannschaft insbesondere im Torabschluss anzusprechen und zu minimieren, andererseits aber den Spielern das ebenso wichtige Selbstvertrauen zurückzugeben.

Bei Bernd Nehrig, der gegen Sandhausen bester St. Paulianer war und bei seinem auf der Torlinie abgewehrten Schuss Pech hatte, ist offenbar noch einiges an Entschlossenheit vorhanden. „Die Saison wird nicht heute entschieden und auch nicht am Freitag in Nürnberg, sondern erst am 34. Spieltag. Man kann jedenfalls absolut gegen jeden Gegner punkten“, sagte er.

Am Mittwoch nahmen die zuletzt ausgefallenen Johannes Flum und Mats Möller Daehli am Spielersatztraining teil. Ob sie eine Option für das Spiel am Freitagabend in Nürnberg sind, stand noch nicht fest.