Dortmund. Beim 0:3 in Dortmund verliert der HSV mit Ekdal den vierten Innenverteidiger. Auch Adler verletzt sich. Djourou-Ausfall wirft Fragen auf

Die Schultern hingen tief, als HSV-Trainer Markus Gisdol am Dienstagabend in den Innenraum des Dortmunder Stadions schlich. Mit 0:3 (0:1) hatte seine Mannschaft soeben bei Borussia Dortmund verloren. Eine erwartbare Niederlage, schließlich waren die Hamburger mit nur einem gelernten Innenverteidiger in den Westen gereist. Und doch war es eine vermeidbare Niederlage, denn der HSV hatte Chancen. Viele Chancen. 16 Torschüsse standen am Ende auf dem Statistikbogen. „Wir waren kurz davor, hier einen Punkt mitzunehmen“, sagte Gisdol.

Dass der HSV-Trainer so niedergeschlagen wirkte, lag vor allem daran, dass sich kurz vor Schluss zwei seiner Spieler verletzten. Zunächst war es Albin Ekdal, der sich vor dem 0:2 durch Shinji Kagawa (81.) eine Muskelverletzug im Oberschenkel zuzog. Beim 0:3 durch Pierre-Emerick Aubameyang (90.+2) verletzte sich zudem noch Torhüter René Adler, vermutlich an der Rippe. „Beide Szenen sahen nicht gut aus. Ich bin sehr besorgt“, sagte Gisdol.

Für den HSV-Trainer war es das Ende eines gebrauchten Tages, der bereits ziemlich unschön begann. Als der Fußballlehrer seine Mannschaft vor dem Abflug um Punkt 9 Uhr morgens zum Frühstück in den heimischen Volkspark bat, hatte er den Doppelschock der Abwehrausfälle von Kyriakos Papadopoulos und Gideon Jung zwar verdaut. Am späten Vorabend hatte Gisdol von der medizinischen Abteilung nach einem zusätzlichen Ultraschall die unverhoffte Gewissheit bekommen.

Was der Schwabe da allerdings noch nicht wusste: Nach dem gemeinsamen Frühstück meldete sich mit Johan Djourou auch noch Innenverteidiger Nummer drei ab. Die Leiste würde zwicken, so der Schweizer. Eine Abmeldung, die beim HSV hinterfragt wurde. Zum dritten Mal hatte Djourou in diesem Jahr kurzfristig einen Einsatz abgesagt. Erst kürzlich hatte der gefrustete Verteidiger seinen Trainer Gisdol in einem Interview öffentlich kritisiert, weil dieser ihn im November als Kapitän abgesetzt hatte. Will Djourou nicht mehr für den HSV spielen? „Er hat gesagt, er habe Schmerzen, er könne nicht spielen. Mehr kann ich dazu nicht sagen“, ließ Gisdol wissen und öffnete damit Raum für Spekulationen.

Im Signal-Iduna-Park musste der Trainer somit den gelernten Mittelfeldmann Ekdal an der Seite von Mergim Mavraj auflaufen lassen. Einen ersten Vorgeschmack auf den Verlauf des Abends erhielt die Hamburger Not-Abwehr bereits nach genau vier Minuten, als BVB-Stürmer Aubameyang plötzlich völlig frei vor dem HSV-Tor aufkreuzte. „Wer hat Angst vorm Maskenmann?“, hatte das Abendblatt vor der Partie gefragt. Die vorläufige Antwort („Niemand!) gab Torhüter René Adler, der sich dem extravaganten Angreifer erfolgreich in den Weg stellte.

Doch auch ohne Aubameyangs viel diskutierte Jubel-Maske bot das Spiel einen gesteigerten Unterhaltungswert. Die 81.360 Zuschauer sahen eine extrem abwechslungsreiche Begegnung. So dauerte es nicht lange, ehe auch Hamburgs Aubameyang Bobby Wood seine Riesenchance bekam, diese aber genauso wenig nutzen konnte wie das Dortmunder Original (10.). Beinahe im Fünfminutentakt spielten sich die beiden Teams hochkarätige Chancen heraus – und vergaben sie. So war es wenig überraschend, dass ausgerechnet eine Standardsituation für den ersten Treffer sorgen musste: Papadopoulos-Vertreter Ekdal hatte Shinji Kagawa kurz vor dem Strafraum zu Fall gebracht, den fälligen Freistoß zirkelte Gonzalo Castro zum 1:0 rechts neben den Pfosten (13.).

Wer nun aber dachte, dass der Treffer den ersatzgeschwächten Hamburgern den Rest geben würde, der wurde schnell eines Besseren belehrt. Während sich auf der einen Seite immer wieder Wood in Szene brachte (25./38.), setzte auf der anderen Seite Aubameyang sein Privatduell mit Adler fort (27./43.). Ohne den pfeilschnellen Nicolai Müller (Innenbandriss), aber mit ungebremsten Hochgeschwindigkeitsfußball ging es auch in der zweiten Halbzeit weiter. Die Gastherren eilten von Chance zu Chance (Guerreiro/50., Kagawa/56., Dembélé/58., Mor/60.), doch der HSV fand erneut zurück in die Spur.

Wood (63.), nochmal Wood (64.) und Kostic (65.) spielten sich einen echten Chancen-Hattrick heraus. Längst hatten die 22 Gladiatoren in der Arena entschieden, auf unnötiges Mittelfeldgeplänkel zu verzichten. „Bis zur 80. Minute haben wir ein richtig gutes Auswärtsspiel gemacht“, sagte Gisdol.

Doch ein Fußallspiel dauert eben 90 Minuten – und an diesem Abend 93. Die späten Tore durch Kagawa und Aubameyang machten für den HSV aus einem „guten Spiel“ ein schmerzhaftes.