Hamburg. Die Hamburger schaffen gegen zehn Sandhausener nur ein 0:0 und erspielen sich dabei kaum Torchancen

Keine Pfiffe am Millerntor – natürlich nicht. Stattdessen eine Art Schockstarre auf den Rängen bei den Fans, aber auch bei den Spielern des FC St. Pauli, die insgesamt 94 Minuten lang bis zur Erschöpfung das gegnerische Tor berannten. Erfolglos. Es war ein Unentschieden, das für die Kiezkicker enttäuschender ist als manche Niederlage. Nach dem 0:0 gegen den SV Sandhausen, der mehr als 80 Minuten lang in Unterzahl spielen musste, schwebt das Team weiter in höchster Abstiegsgefahr.

Mehr noch: Der positive Trend nach dem 14. Spieltag scheint gestoppt, seit 276 Minuten hat St. Pauli den Ball nicht mehr ins gegnerische Tor geschossen. Und an diesem Mittwoch kann das Team vom Millerntor wieder auf Platz 17 zurückfallen, wenn Aue bei Union Berlin punktet. „So kurz nach dem Spiel fühlt es sich an, als wenn wir verloren hätten“, sagte St. Paulis Innenverteidiger Lasse Sobiech.

Trainer Ewald Lienen konnte im Vergleich zum 0:1 in Aue wieder auf Stürmer Aziz Bouhaddouz, Mittelfeldspieler Bernd Nehrig und auch Offensivakteur Cenk Sahin setzen. Allerdings fiel Mats Möller Daehli krank aus. Für den Norweger rückte Kyoung-Rok Choi in St. Paulis Startelf.

Damit fehlte den Hamburgern ein Kreativspieler, der angesichts der frühen Überzahl dringend nötig gewesen wäre. Bereits in der elften Minute sah Sandhausens linker Außenverteidiger Damian Roßbach wegen einer Notbremse die Rote Karte, nachdem er den auf das Tor zustrebenden Waldemar Sobota unfair zu Boden gebracht hatte – eine wohl vertretbare Entscheidung.

Doch die St. Paulianer zeigten sich danach kaum in der Lage, diese Konstellation für sich zu nutzen. Dabei spielten die Sandhausener nicht einmal so defensiv, wie man dies von einer dezimierten Mannschaft erwarten musste. Doch selbst wenn sich einmal Räume für sie ergaben, blieben die Kiez­kicker ungefährlich. Lediglich ein 20-Meter-Schuss Sobotas brachte Torwart Marco Knaller in der ersten Halbzeit in Schwierigkeiten. Für eine Mannschaft, die mit aller Macht punkten muss, war dies eine magere Ausbeute. „Mir wäre es in der Situation lieber gewesen, Sobota wäre nicht gefoult worden und hätte allein auf das Tor laufen können“, sagte Lienen nach dem Spiel, angesichts der Probleme seines Teams, ein Tor zu erzielen. Zudem gelang es St. Pauli kaum, mit leidenschaftlichen Aktionen Stimmung im Stadion zu entfachen. Zwischenzeitlich hatten Spiel und Atmosphäre den Charakter eines Freundschaftsspiels.

Lienen reagierte bereits zur Halbzeit, schickte Lennart Thy als zusätz­lichen Stürmer für Choi aufs Feld. Außerdem agierte Christopher Buchtmann nun offensiver und hatte unmittelbar nach Wiederbeginn gleich zwei Torchancen. Bei der zweiten zwang er Knaller zu einer Glanzparade. Die größte Gelegenheit für St. Pauli aber vereitelte Sandhausens Verteidiger Daniel Gordon, als er einen Flachschuss Nehrigs auf der Torlinie klärte (69.). In der hektischen Schlussphase köpften Sobiech und Thy den Ball aus günstigen Positionen noch über das Tor.

„Der Ball wollte einfach nicht rein“, sagte Thy. Kapitän Sobiech stellte jedoch treffend fest: „Es war ja nicht so, dass der Torwart mehrfach sensationell gehalten hätte. Es war von uns letztlich ein Tick zu wenig, um das Spiel zu entscheiden.“

St. Paulis Torflaute hält nun bereits drei Spiele in Folge an. Das 5:0 Ende Februar gegen Karlsruhe scheint heute wie ein Ergebnis aus einer anderen Welt. Schon damals ahnte Trainer Lienen, dass dies eine seltene Sternstunde war. „Mir wäre lieber, die Mannschaft hätte sich ein paar Tore für andere Spiele aufbewahrt“, sagte er damals. Was wie ein Scherz klang, ist heute bittere Wahrheit.

Am Ende bemühte Nehrig das Prinzip Hoffnung. „Vielleicht wird am Saisonende dieser eine Punkt Gold wert gewesen sein.“ Derzeit ist aber die Gefahr größer, dass am Ende zwei ganz wichtige Punkte fehlen werden.

Auf dem Dach des Millerntor-Stadions wehte eine Flagge mit einem Bild von Ex-St.-Pauli-Profi Deniz Naki, der am Donnerstag in der Türkei erneut vor Gericht steht wegen an­geblicher Unterstützung der verbotenen Partei PKK. In erster Instanz war der 27-Jährige freigesprochen worden, die Staatsanwaltschaft hatte Revision eingelegt. Die Flagge war ein Zeichen der Solidarität des FC St. Pauli mit dem früheren Publikumsliebling.