Hamburg. Seit fünf Jahren betreut der Eimsbütteler Turnverband Kinder an Hamburger Ganztagsschulen. Das Projekt KiJu ist ein Erfolgsmodell

Der Aufsteller in der altehrwürdigen Eingangshalle des Turnhallengebäudes an der Bundesstraße steht immer noch dort, wo er vor vier Jahren schon stand. „Stellenausschreibung“ – gesucht werden in Teilzeit „Sozialpädagogen/-Innen, Sonderpädagogen/-Innen, Erzieher/-Iinnen“ und „Sportpädagogen/-Innen“. „Tatsächlich suchen wir eigentlich immer“, sagt Beate Ulisch, „der Personalbedarf ist groß.“

Die Sportpädagogin arbeitet gemeinsam mit ihrer Kollegin Stefanie Liebe als Geschäftsführerin der KiJu, der ETV Kinder- und Jugendförderung. Das ist eine gemeinnützige GmbH und hundertprozentige Tochtergesellschaft des Eimsbütteler TV, die am 6. April ihr fünfjähriges Bestehen feiert. Eine Erfolgsgeschichte, die aus der Notwendigkeit von Ganztagsbetreuung Hamburger Grundschulkinder entstand, die 2011 eingeführt wurde. „Wenn die Kinder nicht mehr zu uns kommen können, dann kommen wir zu den Kindern“, sagt der ETV-Vorsitzende Frank Fechner. Das ist ein klassisches Zitat inzwischen, aber es ist immer noch aktuell. Schließlich hat sich durch die Ganztagsschule der Tagesablauf der Kinder radikal verändert. Freizeitaktivitäten am früheren Nachmittag ist nicht mehr.

Das gilt für Sport ebenso wie für Ballettstunden, Musikunterricht, Pfadfinder oder Häkeln. Also müssen diese Aktivitäten an die Schulen verlegt werden, wo die Kinder zwischen 13 und 16 Uhr nach dem Unterricht von Jugendhilfeträgern wie der ETV KiJu betreut werden. Das fängt beim Mittagessen an, geht über die Schularbeitenbetreuung bis hin zu diversen Kursangeboten, die bei Weitem nicht nur Sport sind, aber eben auch. „Am Anfang haben wir die Kinder teilweise überfordert“, räumt Ulisch ein, „manche haben uns dann gesagt: ,Wir wollen einfach nur chillen.‘ Also wird auch gechillt.

An sechs Grundschulen sowie über Kooperationen und Ferienangebote erreicht der ETV inzwischen etwa 2500 Kinder, die von über 200 Vollzeit- und Honorarkräften angeleitet werden. 2015 hat die KiJu knapp 540.000 Euro erwirtschaftet, von denen etwa 230.000 Euro dem Mutterverein zuflossen.

Aber das, sagt Fechner, ist nur ein positiver Nebeneffekt. „Die Kinder werden emotional gebunden. Niemand vergisst, welchen Sport er erstmals in welchem Verein gelernt hat“, sagt der ETV-Chef, der aus eigener Erfahrung spricht: „Für meinen Sohn gibt es nichts anderes als Judo im ETV.“ Nach fünf Jahren ist Fechners Prägungsthese statistisch zu belegen. „Der Anteil der Sieben- bis 14-Jährigen in der Mitgliedschaft steigt kontinuierlich.“ Es ist auch eine Chance, Kinder an weniger populäre Sport­arten heranzuführen – so ist vom neuen Schuljahr an Faustball im Angebot.

Der ETV ist natürlich nicht der einzige Hamburger Sportverein, der an Ganztagsschulen aktiv ist. Von Bergedorf über die Vier- und Marschlande, Este oder Hausbruch bewegen Hamburgs Clubs die Schüler. Vorreiter war der TV Eidelstedt, dessen Geschäftsführer Martin Hildebrandt schon 2010/11 die Chancen für die Vereine erkannt und Werbung für das Konzept gemacht hat. Es braucht allerdings die Möglichkeiten eines Großvereins, um solche Angebote auf die Beine zu stellen. Der ETV bindet jedoch auch kleinere Vereine und Anbieter aus seiner Nachbarschaft mit ein. „Wir wollen hier keine Konkurrenz und Neid schaffen“, sagt Ulisch. Der Bedarf nach Betreuung wird eher weiter steigen – und der Aufsteller mit den Stellenangeboten in der Bundesstraße noch lange stehen.