Dortmund. Profiboxer muss nach WM-Pleite gegen Letten Briedis Karriere neu überdenken

Für einen, der keine Götter neben sich duldet, war Marco Huck erstaunlich kleinlaut am frühen Sonntagmorgen in der Dortmunder Westfalenhalle. „Das war so ein Tag, an dem nichts klappt. Ich konnte nicht das umsetzen, was wir geplant hatten“, sagte der Cruisergewichts-Boxprofi (bis 90,72 Kilo), nachdem sein Versuch. den Weltmeistertitel des renommierten World Boxing Councils (WBC) zu gewinnen, nach zwölf Runden an der Kampfkunst des Letten Mairis Briedis gescheitert war. Die deutliche Unterlegenheit des in Serbien geborenen Bielefelders war an den Wertungen der drei Punktrichter abzulesen: 116:111, 117:110 und 118:109 wertete das Trio.

Auch wenn Huck nur zwei Monate älter ist als sein 32 Jahre alter Herausforderer im Duell um den vom Briten Tony Bellew niedergelegten WBC-Gürtel; an diesem Abend wirkte Briedis zehn Jahre jünger. Er war stets einen Schlag voraus, war der technisch Bessere, sammelte Pluspunkte in Dynamik und Athletik – und war kurioserweise auch der etwas mutigere von zwei Kriegern, die für Unterhaltung auf hohem Niveau sorgten. Dass aus Hucks Ecke, wo der vor dem Kampf neu verpflichtete Cheftrainer Oktay Urkal, Athletikcoach Varol Vekiloglu und Bruder Kenan auf den von Runde zu Runde hilfloser wirkenden Ex-Weltmeister einbrüllten, mehrfach die Forderung nach mehr Zutrauen in die eigenen Stärken laut wurde, hat es auch noch nicht oft gegeben.

Erklärungen dafür, dass sein Boxer kein einziges Mal eine seiner gefürchteten Schlagserien hatte anbringen können, konnte Urkal keine liefern. „Ich habe auch nicht verstanden, warum er nicht mehr geschlagen hat. Wir wussten, was auf uns zukommt, und waren bestens vorbereitet, aber es hat nichts funktioniert“, sagte der ehemalige Halbwelter- und Weltergewichts-Europameister aus Berlin, dessen Zukunft im Team nun ebenso ungewiss ist wie die des Boxers selbst. Huck hat mit der vierten Niederlage im 45. Profikampf nicht nur seinen WM-Titel des unbedeutenden Weltverbands IBO verloren. Ebenfalls passé ist die Chance, sich 20 Monate nach dem Verlust des WBO-Titels an den Polen Krzysztof Glowacki wieder in der Weltspitze anzumelden. Auch die Verlängerung der mit dem Briedis-Kampf ausgelaufenen Kooperation mit dem TV-Sender RTL, die bei einem Sieg Formsache gewesen wäre, steht auf der Kippe. Huck: „Wir werden uns in Ruhe über die Zukunft unterhalten. Klar ist, dass ich jung genug bin, um noch mal anzugreifen. Und das werde ich tun.“

Fragt sich nur, welche Optionen ihm noch bleiben. Briedis, der wegen einer in der letzten Runde ausgerenkten Rippe ins Krankenhaus musste, ist zwar ein würdiger Champion. Gegen die drei anderen Titelträger Denis Lebedev (WBA), Murat Gassiev (IBF/beide Russland) und Oleksandr Usyk (WBO/Ukraine) würde er wohl verlieren. Denkbar also, dass Hucks Weg im Herbst seiner Karriere ins Schwergewicht führen wird. „Dort wäre es sicherlich leichter“, sagte er. Andererseits wäre er nicht der Krieger, der er sein möchte, würde er den leichten Weg nehmen.