Hamburg. Marvin Willoughby, Sportchef des Basketball-Zweitligaclubs, ist nur mit dem Verpassen der Play-offs unzufrieden

Nach dem Erreichen des „un-dunk-baren“ neunten Platzes in der Zweiten Basketballbundesliga ProA will Marvin Willoughby am Donnerstag erst einmal eine Woche nach Dallas fliegen. „Ich habe da ja einen Kumpel, der auch die Play-offs verpasst hat. Aber zwei Saisonspiele kann ich mir noch angucken“, sagte der Towers-Sportchef. Die Rede war von NBA-Star Dirk Nowitzki (38) von den Dallas Mavericks. Willoughby (39) wohnt diesmal nicht in dessen Anwesen. „Ich gehe lieber ins Hotel. Dirk hat ja jetzt drei Kinder, und ich will mal richtig auspennen“, sagte Willoughby und machte mit Armen und Beinen vor, wie er sich in seinem Hotelbett ausstrecken wird.

Diese dritte Spielzeit der Hamburg Towers hat alle Beteiligten viel Kraft gekostet. Auf dem Papier war es die bisher schlechteste: 2014/15 wurden die Elbkorbjäger Achter (15 Siege/15 Niederlagen), 2015/16 Fünfter (18/12), ehe sie jeweils in der ersten Play-off-Runde ausschieden. Und nun Neunter (14/16). Das 88:78 (47:40) gegen Ehingen und die sieben Dreier des 21-jährigen Lars Kamp (bei zehn Versuchen) halfen im Fernduell um Platz acht nichts. Zwar verloren Hanau und Paderborn, aber Köln gewann wie erwartet in Nürnberg. „Als Nürnberg zwei Minuten vor Schluss plötzlich dran war, dachte ich: „Boah ey, und mir wurde mulmig“, erzählte Willoughby, der auf den Liveticker eines Zuschauers geschielt hatte.

Towers haben den besten Zuschauerschnitt der Liga

Coach Hamed Attarbashi wollte im Spiel nichts von den anderen Ergebnissen wissen. „Hamed hat uns in der Woche verboten, die Wörter Köln, Hanau und Paderborn in den Mund zu nehmen“, berichtete Anthony Canty. Der Saison-Topscorer (15,3 Punkte im Schnitt) und seine Mitspieler bedankten sich mit einem Gruppen-Selfie im Fanblock E und einer Autogrammstunde bei ihren Anhängern in der wieder ausverkauften Halle. „Es ist unglaublich, dass wir so einen Zuschauerschnitt haben, obwohl wir ergebnistechnisch die schlechteste Saison gespielt haben. Daran sieht man, dass wir das Produkt Towers nach vorne gebracht haben“, sagte Attarbashi. Mit einem Schnitt von 3047 waren sie erstmals Erster der Pro-A-Zuschauertabelle, gefolgt von den Gotha Rockets (2242) und toppten die eigenen Zahlen von 2014/15 (2841) und 2015/16 (2865).

DJ Direction, von Beginn an der Hip­-Hop-lastige Hallen-DJ, erzählte: „Anfangs waren die Fans im ersten und zweiten Viertel noch recht zurück­haltend. Das hat sich komplett geändert. Spätestens wenn das Team zum Intro-Song einläuft, ist die Halle am Toben. Und das Ansehen des Vereins in Hamburg und darüber hinaus ist einfach super.“ Das Publikum verabschiedete mit minutenlangem Standing Ovations Ehingens Rekordbundesligaspieler Radivoj Tomasevic (38), der noch mit Nowitzki und Willoughby im Jugendnationalteam spielte und nach 22 Jahren in der 1. und 2. Bundesliga abtrat. „Radi hat geweint und sich bei mir bedankt“, sagte Willoughby.

Beim Formulieren der Saisonbilanz war der Sportchef später hin- und hergerissen: „Das Fazit ist negativ, weil wir das Ziel Play-offs verfehlt haben. Die Spieler sind unzufrieden und wissen, dass wir damit unzufrieden sind, aber wenn ich nicht schon verliebt wäre in dieses Projekt, hätte ich es in dieser Saison getan.“ Attarbashi führte einmal mehr den Verletzungsfluch an: „Andere Teams wären abgestiegen.“

Sogar Hallensprecher Andreas Lindemeier (Knie-OP) arbeitete auf Gehhilfen. Willoughby haderte mit dem fast kompletten Saisonausfall von Cornelius Adler (Achillessehnen-OP): „Corni ist meiner Meinung nach der beste Spieler im Team.“ Das „größte Problem“ sei aber gewesen, „dass wir zehn Neue hatten und es zu lange gedauert hat, bis sich die Rollen fanden. Das ist aber auch meine Schuld.“

Diesmal will man unbedingt ein Kern von etwa sechs Profis halten. „Bei uns wird auch kommendes Jahr nicht Dagobert Duck vorbeilaufen, aber wir können etwas mehr investieren als vorher“, sagte Attarbashi. „Nach drei Lehrjahren wollen wir den nächsten Step“, sagte Willoughby und deutete erneut an, dass man in den kommenden zwei Jahren aufsteigen wolle. Den Kader für 2017/18 möchte der Sportchef in sechs bis acht Wochen zu 80 Prozent zusammenhaben. Priorität haben Deutsche. Und höchste Priorität Canty, um den das Team gebaut werden soll. „Es spielt definitiv eine Rolle, was die Towers künftig vorhaben, aber in den vergangenen zwei Jahren ist mir der Club ans Herz gewachsen“, sagte der 26-Jährige, der nach Erstligajahren mit vielen Verletzungen, „um mich wieder aufzubauen“, nach Hamburg gekommen war. Der Berliner sieht sich weiter als Erstligaspieler. Aber die Towers sehen sich auch als baldigen Erstligisten. Und formulieren das endlich.