Fußballprofis geben in sozialen Medien immer mehr Einblicke in ihr Leben. Der HSV plant nun klare Regeln

Lewis Holtby ist bekannt als Kabinen-DJ des HSV. Der Mittelfeldmann sorgt für die Stimmung in der Mannschaft. Dass Holtby nicht singen kann, war bislang allerdings nicht bekannt. Bislang. Am Wochenende hat Holtby „Hello again“ von Howard Carpendale gesungen. Zumindest hat er es versucht. Der 26-Jährige steht in Sonnenbrille an der Seite von Nicolai Müller. Ein Ausflug am freien Wochenende. Die beiden lachen. Und 16.200 Abonnenten von Holtbys Instagram-Account lachen mit. „Spaß muss sein“, schrieb Holtby zu seinem Beitrag.

Holtby und Müller gehören zu den aktivsten Nutzern der sozialen Medien unter den HSV-Profis. Insbesondere, seit sich die beiden im Trainingslager von Dubai vor drei Monaten bei Instagram angemeldet haben. Bis auf Torhüter René Adler, der seine Beiträge noch „altmodisch“ bei Facebook teilt, nutzen alle HSV-Spieler die Instagram-App. Müller war der letzte Social-Media-Muffel, der sich von der Anwendung überzeugen ließ. „Ich habe in Dubai viel Zeit mit Johan Djourou verbracht. Der hat mir das gezeigt und da habe ich mich einfach mal angemeldet“, verriet Müller kürzlich in einem clubeigenen Interview. „Mir macht das bislang viel Spaß.“

Der HSV beobachtet die Aktivitäten der Spieler im Netz

Doch wie viel Spaß ist eigentlich erlaubt? Die Spieler geben mit ihren Postings nicht nur völlig neue Einblicke in ihr Privatleben, sondern auch hinter die Kulissen des Clubs. Die Smartphone-Aufnahmen sind zum ständigen Begleiter der Fußballprofis geworden. Und nicht alle Bilder sind für die Öffentlichkeit gedacht. „Wir beobachten die Aktivitäten unserer Spieler in den sozialen Netzwerken“, sagte HSV-Sportchef Jens Todt am Dienstag dem Abendblatt.

Aktiv werden die Spieler vor allem nach gewonnenen Spielen. Dann ist es meist nur eine Frage von wenigen Minuten, bis die ersten Sieger-Selfies aus der Kabine erscheinen. Man kennt diese Bilder spätestens seit der WM 2014 in Brasilien, als Lukas Podolski und die späteren Weltmeister sich halbnackt mit Kanzlerin Angela Merkel fotografierten und die Fotos ins Netz schickten. Beim FC Bayern München waren diese Kabinenbilder lange Zeit verboten. Doch mit dem Champions-League-Triumph 2013 brachen die Selfie-Dämme und das Verbot hatte sich von selbst aufgelöst.

Auch beim HSV sieht man die Aufnahmen aus der Kabine nicht gerne. Klar definierte Regeln gibt es bislang allerdings nicht. Das soll sich künftig ändern. Der Club plant in Kürze innerhalb der Mannschaft Leitlinien zu definieren über den Umgang mit internen Fotos. „Wir wollen die Mannschaft dabei einbinden, die Regeln aufzustellen“, sagt Todt. Sind Bilder aus dem Mannschaftsbus etwa ein Tabu oder nicht? Welche Fotos sind aus der Kabine erlaubt und welche nicht? Diese Fragen sollen in einem ruhigen Moment geklärt werden.

Aufnahmen aus dem Privatleben der Spieler wird der HSV aber nicht verhindern können. Die Spieler mögen es, sich in allen Lebenslagen zu präsentieren. Man sieht Holtby mit seinem Hund, Matthias Ostrzolek beim Kochen, Dennis Diekmeier beim Spielen mit seinen Kindern, Albin Ekdal beim Frühstück, Walace im Schlafzimmer, Kyriakos Papadopoulos beim Fernsehen oder Pierre-Michel Lasogga beim Grillen.

„Die Grenzen zwischen dem öffentlichen und dem Privatleben verschwimmen immer mehr. Diese Entwicklung ist deutlich zu beobachten“, sagt der Social-Media-Experte Stefan Mellin. Mit seiner Hamburger Agentur kaliber5 berät und betreut Mellin Fußballprofis bei der Vermarktung im Internet. Jahrelang pflegte er die Homepage der Sportler, unter anderen von Weltmeister Toni Kroos oder BVB-Star Marco Reus. Doch der Trend geht schon seit einiger Zeit weg von der gesteuerten Homepage hin zur Selbstdarstellung über Social Media. „Die sozialen Medien können profilstärkend wirken, weil sie die Sportler authentisch machen. Für die Fans ist das eine gute Sache“, sagt Mellin, der aber vor möglichen Folgen warnt. „Das ist ein Prozess, der von Fachleuten begleitet werden sollte. Es besteht das Risiko der Imageschädigung, wenn sich Sportler über die Botschaft und die Wirkung ihrer Postings nicht bewusst sind.“

Weltmeister Mario Götze musste diese Erfahrung machen. Der Dortmunder, der derzeit wegen einer Stoffwechselstörung pausiert, nutzt die sozialen Medien gegenwärtig nicht. Über Jahre war Götze einer der aktivsten Fußballer im Netz. Sein schwieriges Image konnte er mit seinen Beiträgen aber nicht aufbessern. Im Gegenteil. Ein Werbebeitrag für Samsung brachte ihm vor einem Jahr einen Shitstorm ein. Vielen Fußballern ist Ähnliches passiert. „Die Agenturen und die Clubs haben den Lehrauftrag, die Spieler auf mögliche Folgen vorzubereiten“, sagt Mellin.

Beim HSV bekommen die Talente im Internat bereits Schulungen zur Nutzung der neuen Medien. Verbieten will man den Spielern die sozialen Kanäle nicht. Nur die Sinne für die Gefahren müsse man eben schärfen. „Wir versperren uns nicht vor den Entwicklungen“, sagt Sportchef Jens Todt. „Wir wollen ein moderner Club sein.“