Hamburg. Kuriose Stimmungslage vor dem Nordderby am Millerntor. Lienen: „Deren Probleme hätte ich gern“

Wenn eine abstiegsgefährdete Mannschaft gegen einen Aufstiegsanwärter antritt, sind die Gefühlslagen normalerweise eindeutig verteilt. Hier Angst und Krisenstimmung, dort Euphorie und jede Menge Selbstvertrauen. Vor dem Zweitliga-Nordderby zwischen dem FC St. Pauli und Hannover 96 an diesem Sonnabend (13 Uhr) im Millerntor-Stadion ist die Atmosphäre innerhalb der beiden Clubs allerdings gänzlich anders. So herrscht beim Hamburger Kiezclub trotz Tabellenplatz 15 und der jüngsten 1:2-Niederlage gegen Union Berlin eine bemerkenswerte Ruhe und Unaufgeregtheit. Bei den Hannoveranern dagegen überwiegt trotz des jüngsten 1:0-Sieges gegen 1860 München Unzufriedenheit mit dem dritten Rang.

Diese kuriose Stimmungs-Konstellation hat ihre Ursache in den gänzlich unterschiedlichen Erwartungshaltungen. Beim FC St. Pauli herrscht nach Überwindung der katastrophalen ersten 14 Saisonspiele mit nur sechs Punkten jetzt die Zuversicht vor, den Ende November noch utopisch erscheinenden Klassenverbleib aus eigener Kraft schaffen zu können. Bei Hannover dagegen ist die Furcht angesichts zuletzt mäßiger spielerischer Auftritte groß, den eingeplanten, direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga zu verpassen.

Daher steht 96-Trainer Daniel Stendel seit geraumer Zeit schwer in der Kritik. Sollte dem früheren St.-Pauli-Profi am Sonnabend mit seinem Team kein Sieg am Millerntor gelingen, dürfte dies seine Beurlaubung nach sich ziehen. „Ich habe ja auch schon mal da gearbeitet“, sagte Lienen am Donnerstag vielsagend, als er auf die aktuelle Atmosphäre in Hannover angesprochen wurde. „Deren Probleme, die sie jetzt dort haben, hätte ich gern“, sagte St. Paulis Trainer weiter.

Zur Situation seines Kollegen Stendel wollte sich Lienen zwar nicht konkret äußern, sagte aber: „Als Trainer weiß man, dass der Job immer in Gefahr sein und man sich nie zurücklehnen kann. Es gibt aber auch die Möglichkeit, mit einem Trainer zu kooperieren und Krisen gemeinsam zu überwinden, wenn man denn überhaupt eine Krise hat.“ Er spielte damit auch darauf an, dass St. Paulis Clubführung in dieser Saison an ihm festgehalten hatte, als die sportliche Lage im Spätherbst dramatisch war.

Der 25. Zweitliga-Spieltag:Fr. 18.30 Uhr: Braunschweig – Heidenheim, Bielefeld – Kaiserslautern, 1860 München – Würzburg; Sa., 13 Uhr: FC St. Pauli – Hannover 96, Fürth – Stuttgart; So., 13.30 Uhr: Bochum – Aue, Karlsruhe – Düsseldorf, Dresden – Sandhausen; Mo., 20.15 Uhr: Union Berlin – Nürnberg.