Hamburg. Der Defensivspezialist ist beim HSV nicht mehr aus der Mannschaft wegzudenken

Es ist gerade einmal ein paar Wochen her, da durfte sich Gideon Jung über eine höchst offizielle Auszeichnung freuen: bester Spieler im Pokalspiel gegen den 1. FC Köln. Verliehen mit Brief und Siegel vom Deutschen Fußballbund. Weil in der Bundesliga die Deutsche Fußballliga auf derartige Honorationen verzichtet, musste sich der 22-Jährige am Sonntagabend mit einer inoffiziellen Auszeichnung des besten Spielers begnügen. Ermittelt durch Abwehrkollege Kyriakos Papadopoulos, der seinem Partner die Trophäe in Form eines liebevollen Kusses auf die Stirn direkt nach dem Schlusspfiff überbrachte.

„Es ist immer verdammt schwer, wenn man auf Gegenspieler wie Jung oder Papadopoulos trifft“, antwortete wenig später Gästetrainer Dieter Hecking auf die Frage eines Gladbacher Journalisten, warum sich Stürmer Josip Drmic an diesem Nachmittag so schwer an alter Wirkungsstätte getan hätte.

Und es dauerte nur wenige Sekunden, ehe Markus Gisdol seinem Trainerkollegen eilig beipflichtete: „Gideon braucht fast nie ein Foul, ist ein extrem guter Zweikampfspieler“, lobte der HSV-Coach. „Für uns ist Gideon ein ganz verlässlicher Spieler – auf der Sechs und in der Innenverteidigung. Das ist schon sehr bemerkenswert in seinen jungen Jahren.“

Dieser junge Jung also. Junge, Junge. Und so weiter. Jungs Nachnahme ist einfach prädestiniert für Wortspiele. Die einen witzig, die anderen weniger. „Er ist ein Vorbild für andere, obwohl er selbst noch so jung ist“, sagte etwa Torwart René Adler. Auch Lewis Holtby verteilte Komplimente: „Ein großes Lob an diesen Jungen.“ Und auch Sportchef Jens Todt freute sich: „Er ist ja noch so jung.“

Die allgemeine Jung-Lobhudelei überraschte auch deswegen, weil vor dem Spiel kaum einer damit gerechnet hatte, dass der 22 Jahre alte Youngster tatsächlich an der Seite von Papadop-oulos in der Innenverteidigung spielen würde. Im Training hatte Gisdol zuletzt noch auf Ex-Kapitän Johan Djourou gesetzt, Jung dafür im defensiven Mittelfeld eingesetzt. Doch es kam alles anders. Und nur einmal hatte Jung das Nachsehen, als er vor Andreas Christensens 0:1 das Kopfballduell verlor.

„Er ist eine richtige Allzweckwaffe“, erkannte Torhüter Adler nach dem Spiel trotzdem an – und konnte das sogar mit harten Zahlen und Fakten belegen. So habe außer Nicolai Müller, Gotoku Sakai und Filip Kostic kein Hamburger mehr Minuten in dieser Saison gespielt als der polyvalente Defensivallrounder.

Und während nach dem Schlusspfiff fleißig gelobt wurde, blieb nur ein einziger HSV-Profi stumm: Gideon Jung. Ein verhuschtes Lächeln, ein kurzes Kopfschütteln, dann verschwand er in der Kabine. Junge, Junge…