Hamburg. Wood und Kostic führen den HSV zum 2:1-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach. Abstiegskampf ist so spannend wie lange nicht

Auf dem Weg in die Kabine lieferte Bobby Wood noch eine weitere Demonstration seiner Stärke. Oberkörperfrei marschierte der HSV-Stürmer vorbei an den zahlreichen Kamerateams im Bauch des Volksparkstadions. Und die konnten sich ein eindrucksvolles Bild machen von Woods muskelbepacktem Körper. Jener Körper war es, der den HSV nur wenige Minuten zuvor zum 2:1 (1:1)-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach geführt hatte.

Ein kräftezehrendes Spiel vor 52.501 Zuschauern, in dem der HSV an und über die Grenze gehen musste. Doch während einige Hamburger Spieler mit Krämpfen geplagt vom Spielfeld humpelten, wirkte Wood so, als ob er noch Lust auf eine dritte Halbzeit hätte. „Er hat sich vor seinem Tor ja auch ausgeruht“, scherzte Torhüter René Adler.

Tatsächlich lag Wood vor seinem Siegtreffer in der 80. Minute einige Se-kunden auf dem Boden. Nach einer Flanke von Kapitän Gotoku Sakai war der US-Amerikaner zunächst von Tony Jantschke elfmeterreif gefoult worden. Doch Schiedsrichter Deniz Aytekin ließ die Szene weiterlaufen. Als Wood merkte, dass der Ball noch einmal gefährlich werden könnte, stand er wieder auf, legte sich die Hereingabe von Filip Kostic in Ruhe zurecht, verlud dabei noch Jannik Vestergaard und jagte den Ball mit aller Kraft in die Maschen.

„Das war Instinkt“, sagte der Matchwinner, der von seinen Kollegen mit Superlativen überhäuft wurde. Die Palette reichte von „granatenhaft“ (Dennis Diekmeier), „krass“ (Sakai) bis „brutal“ (Lewis Holtby). Letzgenannter malte schließlich noch das kreativste Bild: „Mit seiner Power und seiner Qualität hat er die Kirsche auf die Sahne getan“, so Holtby.

Woods Tor war eine Szene, die symbolisch stand für den HSV in dieser Saison. Immer wenn der Club mal wieder am Boden liegt, steht er wieder auf. In den vergangenen sechs Spielen haben die Hamburger nun mehr Siege geholt (vier) als in den ersten 18 Partien der Saison (drei). Mit 17 Punkten aus den jüngsten sieben Heimspielen ist der HSV im Volkspark zudem so erfolgreich wie zuletzt vor acht Jahren. „Wir werden getragen von unseren Zuschauern“, sagte Trainer Markus Gisdol, der seinem Team die „beste Pressing-Leistung“ seiner bisherigen Amtszeit bescheinigte. Sein Kollege Dieter Hecking sprach von einem „verdienten“ Sieg. „Der HSV hat es in der zweiten Halbzeit immer wieder geschafft, uns hinten reinzudrücken“, sagte der Gladbacher Coach.

Auch der Spielverlauf war eine De-monstration der Hamburger Steh-Auf-Männchen. Nach dem Rückstand durch das Kopfballtor von Andreas Christensen (22.) war es zunächst Torhüter Adler, der den HSV mit zwei Paraden der Kategorie „Weltklasse“ gegen Josip Drmic und Patrick Herrmann im Spiel hielt. Anschließend ließ sich der HSV auch nicht von zwei nichtgegebenen Ausgleichstreffern aus der Bahn werfen. Erst hatte Wood getroffen (28.), dann Holtby (35.). Beide Male entschied Aytekin, der unter der Woche noch das epische 6:1 des FC Barcelona gegen Paris St. Germain gepfiffen hatte, auf Abseits. Als Kostic dann nur eine Minute später eine Diekmeier-Flanke aus neun Metern über die Linie köpfte, waren sich die Zuschauer im Stadion nicht sicher, ob der Treffer wohl diesmal zählen würde. „Ich musste auch erst einmal zum Linienrichter gucken“, sagte Sportchef Jens Todt. Doch Aytekin machte – im Gegensatz zum Spiel im Camp Nou – an diesem Abend alles richtig. „Aytekin hat einen sehr guten Job gemacht. Ich hatte meinen Spaß mit ihm“, sagte Holtby.

Die HSV-Fans wiederum hatten richtig Spaß an Holtby und ihrem HSV. Vor allem aber an Bobby Wood, der seine bestechenden Leistungen der vergangenen Wochen noch einmal toppen konnte und sich immer wertvoller macht. „Wir haben die Tribüne voll mit Scouts“, sagte Todt, als er auf mögliche Interessenten an dem 24-Jährigen angesprochen wurde. Doch über die Zukunft des Stürmers wollte sich der HSV an diesem Abend keine Gedanken machen.

Vielmehr haben die Hamburger durch den zweiten Sonntagssieg in Folge die Wahrscheinlichkeit erhöht, auch in der kommenden Saison in der Bundesliga zu spielen. Der Abstand auf den FC Ingolstadt auf Platz 17 beträgt nun schon sieben Punkte. Der HSV liegt mit 26 Punkten zwar immer noch auf Relegationsrang 16, hat nun aber sogar den FSV Mainz (29 Punkte) mit den Abstiegskampf gezogen. In der Rückrundentabelle ist der HSV jetzt sogar Vierter. Nur eine schlechte Nachricht gab es dann doch: Deutscher Meister kann der HSV nach dem Sieg der Bayern rein rechnerisch in dieser Saison nicht mehr werden.