München. Nach der Rückkehr von Jerome Boateng können die Münchner die nächsten Triple-Schritte angehen

Carlo Ancelotti hält für gewöhnlich, was er verspricht. Zumindest, wenn es in seinen Händen liegt, können sich die Spieler des FC Bayern auf ihren Trainer verlassen. Am Sonnabend war deshalb nur noch die Frage, wann es gegen Eintracht Frankfurt zum angekündigten Comeback von Jerome Boateng kommen wird. Das Vorhersehbare war für den Innenverteidiger trotzdem etwas Besonderes, immerhin hatte er 108 Tage wegen einer Schulterverletzung gefehlt. Er sprach nach dem 3:0-Sieg der Münchner von einem „unglaublichen Gefühl, für das ich hart gearbeitet habe“.

Dass er nach seiner Einwechslung in der 65. Minute nur noch gelegentlich als kompromissloser Abwehrmann eingreifen musste, weil die Münchner das Spiel bereits entschieden hatten, war nach den Leistungen der vergangenen Wochen keine Überraschung. Schon eher der Auftritt der Eintracht in der ersten Hälfte, in der sie sich als die bessere Mannschaft mit den besseren Chancen präsentiert hatten, ehe die Münchner durch die beiden Tore von Robert Lewandowski und Douglas Costas die Hessen doch noch abgefertigt haben.

Er müsse nun noch den Rhythmus finden, stellte Boateng nach seinem 25-minütigen Einsatz fest. Allerdings muss er damit rechnen, nicht auf Anhieb und erst recht nicht dauerhaft seine Stammposition einnehmen zu können. Ancelotti steht nun der gesamte Kader zur Verfügung, deshalb muss der Bayern-Trainer mehr als je zuvor als Moderator überzeugen. Er habe jetzt mit Mats Hummels, Javi Martinez und neben Boatang „drei fantastische Innenverteidiger“, sagte der Italiener, der betonte, dass es für ihn keine Nummer eins, zwei oder drei gebe und nur ankündigte: „Zwei werden spielen, einer kann pausieren. Das ist der beste Weg, um sie alle fit zu halten.“

So ähnlich verfährt er bereits mit seinem Personal fürs Mittelfeld. Gegen Frankfurt verfolgten Juan Bernat „wegen kleiner muskulärer Probleme“, wie Ancelotti sagte, und Xabi Alonso das Spiel auf der Tribüne. Joshua Kimmich saß zwar immerhin auf der Bank, aber dort blieb er auch bis zum Schlusspfiff.

Der Senkrechtstarter der vergangenen Rückrunde erlebt gerade den ersten kleinen Karriereknick. „Es war mir schon klar, dass es nicht immer bergauf gehen kann“, sagte der 22-Jährige. Aber nicht, dass es gefühlt wieder eher steil nach unten geht. Während Kimmich in der Vorrunde noch häufiger zum Einsatz gekommen ist, mit ein paar wichtigen Toren sein ohnehin breites Portfolio noch erweitert hat, zieht Ancelotti sogar bei Einwechslungen nun oft Renato Sanches im Mittelfeld oder Rafinha als Ersatz von Philipp Lahm auf der rechten Abwehrseite vor, jener Position, die Kimmich nach dem Karriereende des Kapitäns eigentlich übernommen soll, wie es aus Vereinskreisen hieß. Der Trainer scheint aber anders zu planen, sonst hätte er wohl den Nationalspieler statt Rafinha im Champions-League-Spiel beim FC Arsenal unter der Woche für den gesperrten Lahm gebracht.

Der Fall Kimmich zeigt, dass Ancelotti angesichts des breiten Kaders an seine Grenzen stoßen könnte. Grenzen, die sein Vorgänger Pep Guardiola nie kennengelernt hat beim FC Bayern, da in der entscheidenden Phase der Saison in den vergangenen drei Jahren stets eine Reihe wichtiger Spieler ausgefallen sind und sich die Mannschaft deshalb oft von selbst aufgestellt hat.

Unter Pep Guardiola fehlten am Ende wichtige Spieler

In der Theorie zumindest freuen sich alle über die Komplettierung des Kaders. „Man wird sehen, dass uns das weiterhilft“, sagte Thomas Müller. Und Kapitän Lahm ist sicher, dass die Personalentscheidungen des Trainers ohne Murren akzeptiert werden. „Jeder kennt seine Position innerhalb der Mannschaft, jeder ordnet sich der Mannschaft unter.“

Es ist sicher auch Ancelottis Verdienst, dass es um diese Jahreszeit keine schwerwiegenden Verletzungen gibt. Sein Training war lange als zu lasch kritisiert worden von Experten, aber genau diese Dosierung ist „unsere Philosophie“, sagte er neulich. Man wolle die Spieler „nicht killen. Wir arbeiten nicht für die Quantität des Trainings, sondern für die Qualität.“

Für die auf dem Platz, wenn es darauf ankommt im Schlussspurt dieser Saison, in der weiter das natürlich angestrebte Triple (Deutsche Meisterschaft, DFB-Pokal, Champions-
League-Gewinn) möglich ist. Denn dass die 26. Deutsche Meisterschaft nach den Ausrutschern von Leipzig (0:1 in Wolfsburg) und Dortmund (1:2 in Berlin) bei zehn beziehungsweise 16 Punkten Vorsprung auf Platz zwei und drei so gut wie gelaufen ist, kommunizierten sogar die Bayern selbst offen.

„Das ist ein großes Polster, das sollten wir nicht verspielen“, unterstrich der Kapitän, der aber auch von einer grenzwertigen ersten Hälfte gegen Frankfurt sprach und vor allzu viel Euphorie warnte: „Wir haben noch schwere Spiele.“ Auch Ancelotti forderte, „dass wir fokussiert bleiben müssen. Die entscheidenden Momente kommen noch.“