Hamburg. Gegen das spielerisch bessere Team des 1. FC Union Berlin verlor der FC St. Pauli sein Freitagspiel in der Zweiten Bundesliga mit 1:2

Bundesliga-Niveau am Millerntor, anders kann man es nicht sagen. Was Union Berlin beim 2:1-Auswärtssieg gegen den FC St. Pauli in einem temporeichen, packenden und emotionalen Spiel zeigte, beim ersten Erfolg der „Eisernen“ in Hamburg überhaupt, war eine klare Bewerbung für den direkten Aufstieg in die höchste deutsche Fußballklasse. Für die Kiezkicker war das Ende ihrer zwischenzeitlichen Erfolgsserie von fünf Begegnungen ohne Niederlage zwar ärgerlich, aber Trainer Ewald Lienen und die 29.546 Fans ordneten die Partie schon richtig ein: vom Ergebnis her ein Rückschlag, von der Leistung her ein weiterer ermutigender Auftritt. Die St.-Pauli-Anhänger feierten dann ihr Team auch minutenlang mit Sprechchören, und Lienen meinte hinterher: „Wenn wir so auftreten wie in den letzten 60 Spielminuten, haben wir hervorragende Chancen, den Klassenerhalt zu schaffen.“

St. Pauli hielt über weite Strecken gegen den in dieser Saison stärksten Gegner gut mit. Die Punkte sind weg, aber diese formidable Vorstellung lässt weiter berechtigten Optimismus im Klassenkampf zu. „Wenn wir mit dieser Leidenschaft und Aggressivität auch die nächsten Spiele bestreiten, mache ich mir keine Sorgen“, sagte auch St. Paulis Torschütze Aziz Bouhaddouz, der seinem zehnten Saisontreffer erzielte.

Der Mond schien hell über dem Stadion, aber es war nur fast ein Vollmond. Und so reichte es für die engagierten Kiezkicker gegen die spielerisch besseren Berliner auch nur fast zu einem Teilerfolg. Sebastian Polter (17.) und Damir Kreilach (47.) trafen für Union, das bis auf zwei Punkte zu Tabellenführer VfB Stuttgart aufgeschlossen hat. Bouhaddouz’ Anschlusstreffer per Kopf (83.) kam zu spät. „Es war nur ein Rückschlag vom Resultat, aber nicht von der Leistung, wir machen genauso weiter“, sagte Lasse Sobiech. Allerdings im nächsten Heimspiel am kommenden Sonnabend gegen Hannover 96 ohne ihn. Der zweikampf- und kopfballstarke Innenverteidiger ist nach der fünften Gelben Karte gesperrt.

Hockeystar Moritz Fürste, direkt aus Indien zurückgekehrt und entsprechend noch viel zu luftig gekleidet, hatte seinen Platz noch nicht gefunden, als es unten auf dem Platz bereits heiß herging. Beide Teams suchten voller Selbstvertrauen den Weg nach vorn. Trainer Lienen schickte dieselbe Elf auf den Platz, die am vergangenen Sonnabend 2:1 bei 1860 München gewonnen hatte. Union aber gehörte die erste halbe Stunde. „Uns hat da etwas der letzte Wille gefehlt, dass kann man sich gegen so eine starke Mannschaft nicht erlauben“, klagte Lienen.

Etwa von der 15. Minute an übernahmen die spielstarken Berliner deutlich das Kommando. Die Fans auf der Gegengerade reagierten mit feinem Gespür für die Situation mit eindringlichen Anfeuerungsrufen. In der 17. Minute gab es einen ersten Warnschuss von Felix Kroos (25), dem zwei Jahre jüngeren Bruder des Weltmeisters Toni Kroos, zwei Minuten später aber konnten die etwa 3000 lautstarken Union-Anhänger über die etwas glückliche Führung jubeln. Kroos hatte eine lange Flanke von halblinks in den Strafraum geschlagen, Polter und Daniel Buballa kämpften um den Ball, beide wirkten dabei desorientiert, aber irgendwie fand die Kugel von Polters Schenkel den Weg ins Tor. „Solche Tore schießt du nur als Aufsteiger“, sagte Torwart Philipp Heerwagen, der machtlos war.

St. Pauli konnte sich jedoch bei ihm bedanken, dass es bis zur Pause bei dem einen Gegentreffer blieb. Der Keeper klärte in der 30. Minute in einer Eins- gegen-eins-Situation gegen Simon Hedlund und rettete bei einem weitere Berliner Konter erneut gegen Hedlund (45.). Allerdings hatten auch die Hausherren in der intensiven Partie vor der Pause Gelegenheiten zum Ausgleich. Emanuel Pogatetz klärte im letzten Moment vor Bouhaddouz (39.), und bei einer guten Kopfballchance traf der Marokkaner den Ball nicht richtig (43.).

Direkt nach Wiederbeginn hatte Dudziak die Ausgleichschance, scheiterte aber an Torwart Daniel Mesenhöler. Und wie es dann oft so ist: Die vergebene Möglichkeit rächte sich. Praktisch im Gegenzug traf Union erneut. Heerwagen verschätzte sich bei einer Flanke, Kreilach brauchte nur noch zum 0:2 einzuköpfen. Es war in seinem zehnten Spiel das erste Mal, dass St. Pauli mehr als einen Gegentreffer kassierte.

Lienens Team ließ aber selbst nach diesem Rückschlag keinesfalls die Köpfe hängen, sondern versuchte jetzt unermüdlich, den Anschlusstreffer zu erzielen. Die Belohnung für den Einsatz folgte in der 83. Minute, als Bouhaddouz eine Flanke Waldemar Sobotas einköpfte. In der Nachspielzeit hatte Lennart Thy sogar den 2:2-Ausgleich auf dem Fuß, doch er vergab kläglich.

Am Ende feierten die Berliner die Einstellung ihres Vereinsrekordes von fünf Siegen in Folge – zuvor 2001/02 mit Trainer Georgi Wassilew – und den ersten Sieg am Millerntor im zehnten Versuch. Die Hamburger ärgerten sich nicht nur über die Niederlage, sondern auch über das Pyrofeuerwerk in der Südkurve beim Einlaufen, das den Verein wieder ein Strafgeld kosten wird.