Hamburg. Am Sonnbend verteidigt der derzeit beste deutsche Boxer seinen WM-Titel gegen den US-Amerikaner Demetrius Andrade.

Wer auch immer ihn mit dieser Gelassenheit gesegnet hat, Jack Culcay sollte dankbar dafür sein. Denn während um ihn herum ein Feuerwerk der Superlative abgebrannt wird, hat sich der Superweltergewichtsprofi aus dem Hamburger Sauerland-Boxteam seine eigene Sicht auf das bewahrt, was an diesem Sonnabend (22.15 Uhr) in der Friedrich-Ebert-Halle in Ludwigshafen auf ihn wartet.

„Auch wenn alle sagen, dass es der bedeutendste Kampf meiner Karriere ist: Für mich ist jeder Kampf wichtig“, sagt der WBA-Weltmeister vor dem Showdown mit dem US-Amerikaner Demetrius Andrade.

Nie einen Gegner unterschätzt

Was klingt wie eine Floskel, darf man Culcay tatsächlich glauben. Der gebürtige Ecuadorianer hat in seinen bislang 23 Profikämpfen nie einen Gegner unterschätzt, er ist stets bestens vorbereitet, weil er weiß, „dass im Profiboxen jede Niederlage ein schlimmer Rückschlag ist“. Dennoch ist natürlich auch ihm nicht entgangen, dass er mit einem Sieg über den in 23 Kämpfen unbesiegten ehemaligen WBO-Weltmeister endlich den Schritt schaffen kann, von dem er seit Jahren träumt. „Wenn ich gewinne, steht mir der Weg in die USA offen, und mein Ziel ist, dort gegen die Besten der Welt anzutreten“, sagt er.

Ob der 31-Jährige sich selber zu jener Elite zählen kann, darüber soll das Duell mit dem schlagstarken Rechtsausleger Aufschluss geben. Technisch ist Culcay der wohl beste derzeit aktive deutsche Boxer. Sein offener Stil hat jedoch schon mehrfach dazu geführt, dass er sich schwere Treffer einfing, die gegen einen Mann von Andrades Klasse schnell das Aus bedeuten könnten.

Stabilisierung der Defensive

Deshalb hat Culcay mit seinem Trainer Ulli Wegner auch vorrangig an der Stabilisierung der Defensive gearbeitet, ohne dabei seine Stärken zu vernachlässigen. „Herr Wegner will mich nicht verändern, er will mich verbessern. Und ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind“, sagt er.

Dass Andrade bei vielen Experten als Favorit gilt, weiß Culcay, und er kann das sogar verstehen. Immerhin war er dem 29-Jährigen aus Providence (Rhode Island) bei der WM 2007, als Andrade in Chicago den Titel holte, im Achtelfinale deutlich nach Punkten (9:30) unterlegen. „Damals hatte ich allerdings wenig trainiert, weil ich erst kurzfristig nominiert worden war. Ich denke, dass ich mich enorm weiterentwickelt habe“, sagt der Darmstädter, der zwei Jahre später in Mailand Amateurweltmeister wurde und Unterstützung von seinem Manager erhält.

Erst ein Bruchteil seines Könnens abgerufen

„Jack hat bislang erst ein Bruchteil seines Könnens abgerufen. Mit einem Sieg gegen Andrade kann er über Nacht zum Topstar werden“, sagt Moritz Klatten. Und auch Trainingskollege Arthur Abraham ist überzeugt davon, „dass Jack die Boxwelt erobern kann“. Der Gegner vom Sonnabend hat naturgemäß eine andere Einschätzung. „Jack den Gürtel abzunehmen ist in etwa so schwierig, wie einem kleinen Jungen den Lutscher zu klauen. Die Welt hat es schon einmal gesehen, dass ich deutlich besser bin, und ich werde es erneut beweisen“, sagt Demetrius Andrade.

Dass die Beweisführung nicht bei Sauerlands Exklusivpartner Sat.1 verfolgt werden kann, sondern auf dem Nischensender ProSieben Maxx gezeigt wird? Auch das lässt Culcay erstaunlich kalt. Trainer Wegner habe sich zunächst auch darüber aufgeregt und befürchtet, dass niemand den Sender finden würde. „Aber mittlerweile hat er ihn auch bei sich zu Hause eingestellt, jetzt ist er beruhigt. Und für mich ist es völlig egal, wer den Kampf überträgt. ProSieben Maxx soll als Boxsender groß gemacht werden, da kommt ein solch großer Kampf zum Start doch genau recht. Wichtig ist nur, dass ich kämpfen kann und gewinne“, sagt er. Und Trainer Wegner hat am Ring sowieso den besten Platz.